Unser Text zur Demonstration gegen den Burschenbundball 2014 in Linz, erschienen in der Malmö
AM SAMSTAG, DEN 08.02.2014, FAND IN LINZ EINE antifaschistische Demonstration gegen den Burschenbundball im Palais Kaufmännischer Verein statt. Dieser Ball ist nach dem WKR-Ball einer der größten seiner Art. Er dient einerseits als Vernetzungstreffen der rechtsextremen Burschenschaften, zeigt aber andererseits auch, wie akzeptiert deren Gedankengut im post-nationalsozialistischen Österreich ist.
Vor drei Jahren begannen autonome Gruppen auf diese Veranstaltung hinzuweisen und sie öffentlich zu problematisieren. In diesem Jahr erkannten endlich auch sozialdemokratische, gewerkschaftliche und zivilgesellschaftliche Organisationen die Notwendigkeit, gegen den Burschenbundball Stellung zu beziehen. Daraus formierte sich das Bündnis “Linz gegen Rechts”. Dieses machte bereits im Herbst klar, dass autonome Gruppen unerwünscht sind. Diese Haltung zeigte sich schlussendlich besonders deutlich am Tag der Demo, als der antinationale Block am Losgehen gehindert wurde. Vorsorglich drängte eine Kette von Demo-Ordner*innen den antinationalen Block ans Ende des Demozugs und lies diesen nur im Abstand von 20 Meter mitlaufen.
In Folge dieser Vorgehensweise war der antinationale Block nicht nur von der restlichen Demo isoliert, sondern musste es auch hinnehmen, dass die Teilnehmer*innen von dutzenden Zivilpolizist*innen ungestört fotografiert und abgefilmt werden konnten. In einem aktuellen Artikel des Augustin erklärt ein Vertreter von “Linz gegen Rechts”, dass “diese deutliche Grenzziehung ausdrücklich von der Polizei gefordert [wurde]“. Zudem macht das Bündnis erneut klar, dass die Grenzen ihrer Bündnispolitik genau hier liegen. “Da es zudem bereits im Vorfeld Diskussionen über den Charakter der Demonstration gegeben habe, sei es notwendig gewesen, ein Zeichen zu setzen, wo das Bündnis endet [...]“, sagen Vertreter*innen des Bündnis im Augustin. (1)
DEN TONANGEBENDEN AKTEUR*INNEN VON “LINZ GEGEN RECHTS” war es offenbar nicht nur wichtig, der Polizei die Arbeit abzunehmen. Ihre Primärmotivation für die Durchführung der Veranstaltung schien es gewesen zu sein, ein möglichst positives Medienecho einzuheimsen. Diesem wurde dann wohl auch die Zusammenarbeit mit anderen antifaschistischen Kräften geopfert. Das Hauptziel antifaschistischer Politik kann aber nicht eine wohlwollende mediale Berichterstattung sein, sondern muss vielmehr eine fundierte Gesellschaftkritik umfassen, die nicht bei “Nazis Raus” Parolen endet.
Denn was bleibt von solch einer Demonstration, außer ein paar Zeitungsartikel und Medienberichten? Es bleibt das Gefühl, etwas getan zu haben. Es hat zwar nichts bewirkt: Die Gesellschaft hat sich nicht verändert, die Burschis feiern und vernetzen sich weiter ungestört, Landespolitiker*innen und Unirektoren nehmen weiter am Ball teil und tragen damit zu dessen Legitimation bei, und die Polizei hat mit einem Minimum an Aufwand den Protest in geregelte Bahnen gelenkt. Doch was bleibt ist das Gefühl von 2-3 Tausend Menschen, etwas Gutes getan zu haben. Der bürgerlichen Pflicht, ein Zeichen gegen Rechts gesetzt zu haben, nachgekommen zu sein.
Was das Bündnis “Linz gegen Rechts? hier betreibt ist ein reiner Wohlfühl-Antifaschismus. Hier geht es weniger darum, sich den Nazis in den Weg zu stellen und sie tatsächlich in ihren Handlungsräumen einzuschränken, als nach dem langen Demotag mit dem ruhigen Gewissen nachhause zu gehen und Teil des friedlichen Zeichens gegen Rechts gewesen zu sein. Wenn es das ist, was ihr wollt, dann organisiert doch gleich eine Lichterkette.
WIR ABER WOLLEN ANTIFASCHISMUS ANDERS BETREIBEN UND eine Kritik formulieren, die die gesellschaftlichen Verhältnisse selbst in den Blick nimmt und erkennt, dass die Nazis nicht einfach vom Himmel fallen. Vielmehr werden Nazis oder Burschis von einer Gesellschaft, die geprägt ist von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Transphobie und anderen Unterdrückungsverhältnissen, hervorgebracht. Genau auf diesen gesellschaftlich vorhandenen Ausgrenzungsmechanismen baut die Agitation von Nazis auf und sucht hier nur eine Zuspitzung. Dann wird aus nationaler Abschottungspolitik und der Einstufung alles “Fremden” als bedrohlich schnell nationalsozialistischer Rassenwahn. Genau deshalb gilt es für uns als autonome Antifaschist*innen, den Nazis nicht nur entschieden entgegenzutreten, sondern auch die grundlegendenen Kategorien bürgerlicher Gesellschaft zu erkennen und anzugreifen.
Eben diese Kategorien manifestieren sich auch im medialen Diskurs. Dessen Wirkmächtigkeit zeigt sich auch in der Berichterstattung rund um den WKR-Ball. Einige Tage vor dem Burschenbundball entflammte die Pseudo-Gewaltdebatte neu. Frei nach FPÖ-Diktion wurden gebrochene Schaufensterscheiben – also Sachbeschädigung – in den Mittelpunkt der medialen Betrichterstattung gerückt und die enorme Polizeigewalt – wohlgemerkt körperliche Gewalt gegen Menschen – bei den Protesten gegen den “Akademikerball” außen vor gelassen. Nur durch die Mitwirkung mutmaßlich antifaschistischer Gruppen und Parteien, allen voran den Grünen, gelang es Anti-Antifaschist*innen, über diesen Mechanismus von außen einen Keil auf antifaschistische Bündnispolitik anzusetzen.
Weiter getrieben hat diesen Keil nun das Linzer Bündnis gegen Rechts. In Sorge um schlechte Presse bemühten sie sich bereits im Vorfeld der Demo, öffentlichkeitswirksam zu betonen, wie “friedlich” sie sich die Demo wünschen, und sprangen bereits zu diesem Zeitpunkt auf den Zug von Gewaltdebatte und -distanzierungen auf. Dadurch, dass sich das Bündnis auf dieses reichlich plumpe Ablenkungsmanöver einließ, wurde außerdem die Berichterstattung über den Burschenbundball als Vernetzungstreffen der extremen Rechten medial überlagert, was eben jenen Kräften in die Hände spielte, die zu bekämpfen man sich auf die Fahnen geschrieben hatte.
ANMERKUNG
(1) http://www.augustin.or.at/article2459.htm