Radio FRO: »Genau das ist Radio.«

Ottensheim on air! Seit September ist Oberösterreich um ein freies Radiostudio reicher. Radio FROheim heißt das neue Radioprojekt, das bei Radio FRO 105.0 angedockt ist. Im neu eingerichteten Studio am Marktplatz in Ottensheim macht ein achtköpfiges Team jeden Samstag zwei Stunden Radioprogramm, das auf 105.0 gesendet wird.

Radio FROheim ist einer von fünf Nodes des OTELO Ottensheim (Offenes Technologielabor) im Alten Amtshaus am Marktplatz. Weitere Knotenpunkte bzw. Kleinlabore sind der Kost-Nix-Laden, das Radamt, der 3D-Drucker-Node sowie die Gruppe NANK – Neue Arbeit, Neue Kultur. Überhaupt fing mit NANK Ende 2009 alles an. Eine Gruppe von Menschen aus Ottensheim und Umgebung ließ sich von Frithjof Bergmann und seinem Modell der »Neuen Arbeit« inspirieren, Neues zu tun. Der mutige Gedanke: sich von der klassischen Lohnarbeit mehr und mehr zu verabschieden und eine veränderte Wirtschaftsform zu schaffen, die menschliche Bedürfnisse stärker berücksichtigt und auf das Gemeinwohl besser Acht gibt. Zunächst war es nötig, Räume für kreative Aktivitäten zu schaffen. OTELO bot das passende Konzept, das Alte Amtshaus die passenden Räumlichkeiten. Hier ist auch Radio FROheim gerade dabei, sein Radionest einzurichten.

Veronika Moser hat mit Sigrid Ecker über die Gründung von Radio FROheim, Neue Arbeit, ehrenamtliches Radiomachen und die Herausforderungen gesprochen. Sigrid Ecker ist die »Ideenzündung« von Radio FROheim und vieles mehr.

Wie ist die Idee entstanden, ein Radio in Ottensheim zu machen?

Die Idee entstand bei einem Ausflug der Gruppe »Neue Arbeit« nach Vöcklabruck ins OTELO. Dort gibt es ja auch ein Radionest als ein Node: das Radionest Vöcklabruck, das im Freien Radio Salzkammergut sendet. Das hat mich total begeistert! Ich dachte: Ja, das ist es! Das braucht es bei uns auch, und es gibt sicher genügend Leute, die das auch interessiert. Mit dieser Idee bin ich nach Hause gefahren. Einige Zeit ist vergangen. Wir haben mit der Gruppe der »Neuen Arbeit« das OTELO gegründet und einen Teil des Alten Amtshauses zur Verfügung gestellt bekommen. Dann habe ich mich auf die Socken gemacht und Leute gesucht, die mit mir gemeinsam Radio machen. Es war nicht allzu schwierig, eine Hand voll Leute zu finden.

Welche »Hand voll Leute« steht hinter Radio FROheim?

Unser Team besteht aus acht Leuten: Victoria Schuster, Ulrike Gruber, Shukuro Kweka, Petra Hehenberger, Daniel »Dan« Schleimer, Arturo Henriques Blauth, Adi Pernkopf und mir.

Welche Inhalte und Themen bringt ihr auf Sendung?

Unser Programm ist thematisch sehr breit gefächert. Wir sind eine bunte Truppe! Ich decke eher die politische Ecke ab. Vicy, die auch im Kulturverein KomA aktiv ist, berichtet öfter von Veranstaltungen und schneidet Konzerte mit. Shukuro wiederum möchte Paare porträtieren, in denen eine Person aus einem anderen Land kommt, und nachfragen, wie es ihnen damit geht. Als Multikulti-Experte sozusagen ;) Dan ist leidenschaftlicher DJ und möchte reine Musiksendungen machen.

Radio FROheim versteht sich als Plattform und ist offen für engagierte Menschen und Organisationen. Wie bindet ihr andere Initiativen ein?

Im 1. Stock des Alten Amtshauses befindet sich die »Werkstatt Altes Amtshaus«, wo Frauen Puppentheater machen und verschiedene andere handwerkliche Dinge – Nähen oder Arbeiten mit Papier. Petra hat neulich in einer Sendung das Figurentheater Ottensheim porträtiert. Ulli wiederum hat eine Sendung mit den Pfadfindern gemacht, die auch hier im Haus sind. Ich habe letztens eine Sendung mit drei Jugendlichen zum Thema Neue Mittelschule gemacht. Wir möchten auch ein Schülerradio oder so etwas in die Richtung auf die Beine stellen. Außerdem wäre es schön, wenn PensionistInnen auf uns zukämen.

Gibt es schon Interesse seitens der OttensheimerInnen und auch der SeniorInnen?

Ich möchte noch vor Weihnachten eine Sendung mit einer Frau machen – sie ist Mundartdichterin und ein »Urgestein« aus Ottensheim. Mal schauen, ob sich da was auftut. Das große Problem bei uns ist, dass wir Radio FRO in Ottensheim nicht empfangen können. Nur am Dürnberg oben, aber unten im Ort geht’s so gut wie gar nicht. Dan wohnt unten bei der Fähre und er meint, es gibt ein Platzl am Fensterbrett, wo‘s geht, wenn er einen alten Weltempfänger hinstellt. Aber eigentlich geht’s nicht. Das ist ein riesengroßes Handicap. Denn ich denke, dass das Radio bei uns schnell angenommen würde.

Radio FRO hat einen Frequenzplaner beauftragt, eine technische Lösung zur Versorgung von Ottensheim zu erstellen. Derweil liegt Ottensheim aber noch im Sendeschatten von Radio FRO 105.0...

Ja, und das hat mich sehr gefrustet, als das Ganze angelaufen ist. Denn auch, wenn man uns über Internet und Liwest-Kabel hören kann, minimiert das die Zuhörerschaft gewaltig. Ich merke, dass das ein Riesen-Handicap ist. Ich seh das Ganze jetzt eher als ein Kunstprojekt, das mit Radiohören in Ottensheim nichts zu tun hat. Es ist eher wie Hörspielhören: Du setzt dich an den Computer, nimmst eine Strickerei mit und hörst dir auf dem CBA (Cultural Broadcasting Archive) Sendungen an, die dich interessieren, oder wenn du‘s schaffst live per Live-Stream. Nun ja, Richtung Rohrbach gibt es ja noch kein freies Radio, vielleicht können wir eine größere Geschichte aufstellen. Und wir arbeiten gemeinsam mit Radio FRO daran. Aber das ist eher Zukunftsmusik.

Wie finanziert sich Radio FROheim?

Nun, zunächst bezahlen wir keine Raummiete. OTELO ist ein Konzept für offenen Raum. Wir bekommen von der Gemeinde leeren Raum zur Verfügung gestellt und dieser wird an Kleingruppen weitergegeben, die sich bewerben und sagen: Wir haben diese oder jene Idee und brauchen den Raum. Voraussetzung, um bei OTELO einen Raum zu bekommen, ist, in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft etwas zu machen, nicht-kommerziell und open source.
Ansonsten... der Computer im Studio ist eine Leihgabe von Adi aus dem Team. Radio FRO sponsert uns das Mischpult, vom OTELO Vöcklabruck haben wir ein Aufnahmegerät und die zwei Studiomikrofone finanzieren wir aus einer 1000 Euro Kulturför-derung vom Land OÖ. Uns fehlt noch ein Aufnahmemikrofon und wir warten auf das Mischpult, um endlich Live-Sendungen machen zu können.

Das Projekt »Neue Arbeit, Neue Kultur«, aus dem das OTELO Ottensheim entstanden ist, lehnt sich an das Konzept der New Work von Frithjof Bergmann an. Die »Neue Arbeit« besteht demnach aus drei Teilen: 1/3 Erwerbsarbeit, 1/3 Selbstversorgung und smart consumption, und 1/3 Arbeit, die man wirklich, wirklich will. In eurem Fall deckt die Radioarbeit wohl den dritten Bereich ab – zu tun, was man wirklich will. Doch wie kriegt ihr das im Alltag alles unter einen Hut? Wie findest du persönlich Zeit fürs Radiomachen und für die politische Arbeit?

Das ist immer eine Gratwanderung. Mitunter muss man aufpassen, dass man nicht zu viel arbeitet. Es gibt Leute, eher jüngere Menschen, die dieses Konzept zu einem gewissen Teil schon leben... die kreativere Berufe haben oder MusikerInnen sind und sowieso keinen 40h-Job machen. Die sind diesem Konzept eigentlich relativ nahe, sind kritisch und wollen nicht so viel konsumieren und sagen: Hey, lieber weniger arbeiten und besser leben, usw. Ich zähle mich selbst auch zu dieser Gruppe, d.h. ich versuche, die Erwerbstätigkeit so gering wie möglich zu halten und so viel wie möglich selber zu machen. Wobei Bergmann aber gar nicht so sehr meint, jeder solle seinen eigenen Gemüsegarten haben, sondern er spricht eher von so High-Tech-Geschichten in Gemeinschaften. Ich persönlich schaue schon, dass ich meinen Gemüsegarten habe und Sachen selber mache, aber: So billig wie du‘s kaufen kannst, kannst du‘s nicht produzieren. Aber du hast eine andere Qualität, kriegst was raus. Das macht mir Spaß und gibt mir was. Genauso ist es beim Radio. Aber man muss natürlich die Grenzen wahren bei der ehrenamtlichen Arbeit. Um nicht erst recht diesem Leistungswahnsinn zu verfallen. Es ist eine gute Schule für uns, die wir nie NEIN sagen können, zu sagen: Stopp! Das ist ehrenamtlich. Ich muss jetzt nicht zu 100% funktionieren. Aber man muss auch ganz klar sagen, dass es bis zu einem gewissen Grad auch ein Privileg ist, so zu arbeiten.

Was fasziniert dich besonders am Radiomachen?

Ich habe gemerkt, dass ich ein Stück weit Frieden gefunden habe in dieser Verbindung zu meinem altem Leben als Musikerin und dem Leben, das ich jetzt lebe. Es war mir schon immer wichtig, mich mitzuteilen, auch als Musikerin. Text ist etwas sehr Wichtiges für mich. Gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung heißt für mich Reflektieren, Mitteilen, Austauschen. Genau das ist Radio. Das macht man, um sich mitzuteilen. Man will gehört werden und will Menschen unterhalten, auf verschiedenste Art und Weise. Meine ist, dass ich Denkanstöße liefern will. Informationen zu Themen geben, die ich wichtig finde. Und dann merke ich, dass mir das Regionale wichtig ist. Es ist etwas anderes, regionales Radio zu hören, das macht einen Riesenunterschied! Ich merke das, seit ich selber Radio FRO höre. Und wenn du selber Radio produzierst, merkst du: Es passiert so viel hier! Es gibt hier so viel zu reflektieren! Immer wird so im Weit-Außen reflektiert und im Nahen kaum. Und hier ist es genau umgekehrt. Das finde ich persönlich recht spannend und recht wichtig.

Mit welchen Herausforderungen seid ihr als Radio FROheim konfrontiert?

Es ist nicht für alle gleich. Da sind wir wieder beim Thema »Neue Arbeit«. Für die, die wirklich einen 40h-Job haben, ist es hartes Brot, so viele Stunden zu investieren. Man merkt ganz klar in der Gruppe, dass die, die jobmäßig bedingt wenig Freizeit haben, viel länger brauchen und Schwierigkeiten haben, eine ganze Sendung zu machen. Die muss man dann bei der Stange halten und sagen: Komm, machen wir das gemeinsam. Wir haben ja einen Radioworkshop bei Radio FRO gemacht; aber wenn du nicht gleich weitermachst, vergisst du alles wieder. Ansonsten ist die größte technische Hürde der schlechte terrestrische Empfang. Und eben die Zeit. Wenn du zum ersten Mal eine Sendung machst, merkst du, wie viele Stunden du dabeisitzt. Gerade am Anfang. Aber es ist einfach auch Arbeit, die Spaß macht.

Radio FROheim ist jeden Samstag von 14-16 Uhr auf 105.0 und im Internet via Live-Stream zu hören. Unter cba.fro.at/series/1488 können die Sendungen nachgehört werden. Besuchen kann man Radio FROheim jeden Donnerstag von 18-20 Uhr im Alten Amtshaus Ottensheim am Marktplatz, 2. Stock.

Zur Person

Sigrid Ecker-Weibold ist Musikerin, chinesische Masseurin, Mutter, Gemüsegärtnerin, Radioarbeiterin und politische Aktivistin und lebt seit 11 Jahren in Ottensheim.

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