Freitag 10.01.2014
19:00 Uhr Autonomes Zentrum
Freistädterstraße 3
In ihrem neu erschienenen Buch rekonstruiert die Soziologin Carina Klammer Mechanismen der antimuslimischen Fremdbildproduktion und analysiert deren Stellenwert für Entwicklungen inner- sowie außerhalb der extremen Rechten.
Im Rahmen der jüngsten Aufregung rund um die Facebook Gruppe “Wir stehen zur FPÖ!” landete die FPÖ erneut in den Schlagzeilen, da am virtuellen Stammtisch u.a. antimuslimische Anfeindungen betrieben und damit einhergehend Morddrohungen ausgesprochen wurden. Insofern büßt die Publikation, die sich antimuslimischen Fremdbilder in der FPÖ seit der Parteispaltung im Jahr 2005 und Heinz-Christian Straches Antritt als Parteiobmann widmet, nicht an Aktualität ein. Anhand von Untergangsimaginationen und dem Appell zur “Abendlandrettung”, so die Conclusio, sollen vornehmlich der altbekannte Rassismus, sowie mehr oder weniger unter der Hand Antisemitismus und Weiblichkeitsabwehr auf die Höhe der Zeit gebracht und salonfähig werden.
Im Rahmen der Analyse werden darüber hinaus Islambilder und antimuslimische Bündnispolitiken innerhalb der extremen Rechten näher beleuchtet, (historische) Referenzen des rechten Abendland-Diskurses aufgezeigt sowie Verflechtungen mit öffentlichen Diskursen und staatlichen Migrations- und Integrationspolitiken betrachtet.
Auch versucht die Autorin den Blick dafür zu stärken, dass innerhalb der Rechtsextremismusforschung Geschlechterverhältnisse als grundlegende Analysekategorie in den meisten Fällen unterbelichtet bleiben. So wird nicht nur ein Blick auf die Instrumentalisierung von Frauenrechten angesichts rassifizierender Politiken geworfen, sondern auch die geschlechterspezfische Struktur von antimuslimischen Ressentiments näher erörtert und mit dem konstitutiven Antifeminismus der FPÖ in Verbindung gebracht.
Ein wesentlicher Teil des Buches widmet sich darüber hinaus der kritischen Auseinandersetzung mit gängigen wissenschaftlichen Begrifflichkeiten und Erklärungsmustern, wobei auch auf Opferkonkurrenz-Debatten Bezug genommen wird, die für die weitere wissenschaftliche Arbeit zum Thema prägend blieben. Dementsprechend wird auch die Frage aufgeworfen, wie unterschiedliche Feindbilder (Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Antifeminismus, Homophobie, etc.) verstärkt in ihrem Zusammenhang gedacht werden können, ohne dass ihre jeweiligen Spezifika und Unterschiede nivilliert werden.
“Es erschien mir – unter anderem angesichts der bestehenden Kontroversen – weder möglich noch erstrebenswert ein Buch über antimuslimische Fremdbilder zu schreiben, welches sich primär an der FPÖ abarbeitet”. Vielmehr sollen Kontextualisierungen und Zusammenhänge herausgearbeitet werden, “die mehr oder weniger weit über die FPÖ hinausreichen, jedoch für ein umfassenderes Verständnis der Thematik bzw. gegenwärtiger antimuslimischer Ressentiments und Rassismen hilfreich bis unabdingbar sind “(S.9).
Über die Autorin:
Carina Klammer ist Soziologin, im Rahmen von FIPU tätig und schreibt ihre Dissertation zum Thema des ideologischen Verhältnisses von “Körper” und “Geist” innerhalb der extremen Rechten im Postnazismus. Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in Wien im WS 2013/14: “Geschlecht gegen den (Schluss-)Strich denken – Vergeschlechtlichte Körper-Bilder im Postnazismus”.
Weitere Informationen zum Buch:
Imaginationen des Untergangs.
Zur Konstruktion antimuslimischer Fremdbilder im Rahmen der Identitätspolitik der FPÖ
Carina Klammer
Erschienen im LIT-Verlag
Reihe: Soziologie, Band 81, 2013, broschiert, 128 Seiten
ISBN: 978-3-643-50520-0