Säuberungsaktion für die Kulturhauptstadt?

Kulturvereinigung Kapu, Kulturvereinigung Stadtwerkstatt, Oberösterreichische Kulturplatform (KUPF), servus.at, Radio FRO, Theater Phönix Offener Brief An das Bezirksverwaltungsamt Linz Hauptstraße 1 - 5 4041 Linz

In Linz kommt das Betteleiverbot durch die Hintertüre. Im April 2009 tauchten Strafverfügungen gegen einige Mitglieder einer Roma-Gruppe auf, in denen das Magistrat der Stadt Linz die betreffenden Personen aufforderte, je Vorfall 50,- Euro Strafe zu zahlen, denn diese hätten »... in der Öffentlichkeit zur Hingabe von Geld zwischen Personen aufgefordert, ohne dafür eine Gegenleistung anzubieten« und »... ohne eine Genehmigung für die Durchführung einer solchen Sammlung zu besitzen ...« Es wird also »Betteln« oder »Schnorren« als »Durchführung einer Sammlung« ausgelegt und der §6 Abs. 1 Z1 in Verbindung mit §1 und §2 des OÖ. Sammlungsgesetzes von 1996 zu Anwendung gebracht.

Dieses Vorgehen der Stadtverwaltung stellt eine Neuerung dar und ist nichts anderes als der Versuch, das Betteln in Linz zu bestrafen und de facto zu unterbinden.

Aus unserer Sicht ist ein solcher Angriff auf Menschen, die ohnedies mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben, völlig unnötig, inhuman und durch nichts gerechtfertigt.

Es gibt überhaupt keinen Anlass oder sonstigen Handlungsbedarf, plötzlich zu verfügen, dass nicht mehr gebettelt werden darf. Die nun geänderte Anwendung der Verwaltungsgesetzgebung tritt zu einem Zeitpunkt zu Tage, der nahelegt, dass es sich um eine »Säuberungsaktion« für die Kulturhauptstadt 09 handelt. Ein solches Ansinnen ist auf das Schärfste zu verurteilen und darf durch die kulturschaffenden Linzerinnen und Linzer nicht hingenommen werden.
Die Armut zu verstecken und arme Menschen zu vertreiben, zeugt nicht nur von inferiorer Problemlösungskompetenz, sondern ist auch ein Affront gegen die guten Sitten. Das kann mit Kulturhauptstadt nicht gemeint sein. Dieser Plan entspringt im Gegenteil einem kulturlosen Geist. Dem vorauseilenden Gehorsam und feigen Kniefall vor dem Diktat des Kommerzes, des Sauberkeits- und Sicherheitswahns.

Gerade die Solidarität mit Benachteiligten ist eine relevante kulturelle Errungenschaft. Wer Bettelei kriminalisieren will und die betroffenen Menschen behördlichen Schikanen aussetzt, führt mit einem Schlag die gesamte Idee einer europäischen Kulturhauptstadt ad absurdum.

Wir fordern die Stadt Linz auf, diese Praxis einzustellen und BettlerInnen in Ruhe zu lassen.

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