otherwise - tractat - Vom Nutzen schematischer Zeichnungen – Teil XXXII

 

            Gerhard Dirmoser – Linz  12.2004  gerhard.dirmoser@energieag.at

 

Dank an: Josef Nemeth (+), Boris Nieslony, Astrit Schmidt-Burkhardt, Kristóf Nyíri, Bruno Latour,

Peter Weibel, TransPublic, Walter Pamminger, Sabine Zimmermann, Tim Otto Roth,

Walter Ebenhofer, Franz Reitinger, Steffen Bogen, Mathias Vogel, Alois Pichler,

Lydia Haustein, Josef Lehner, Bernhard Cella

 

Im Zuge dieser Fragestellungen des Haptischen, wurde mir im Rahmen des Medienschemas bewußt, das die Diagrammatik so zu sagen versucht, in andere „Methodenräume“ vorzudringen.

Als unmittelbares Gegenüber kann man sich die Linguistik vorstellen und zusätzlich werden bei diesem „Übergriff“ auch Fragen der Materialität, Performativität und Emotionalität mit thematisiert.

 

Über die Reichweite der Diagrammatik:

 

            Diagrammatik ist der technisch/naturwissenschaftliche Versuch jede Art von

            Form und Ordnung (und damit auch Bilder) beschreibbar zu machen.

 

            Oder mit Wittgenstein (Tractatus S.41): „Die Gesamtheit der wahren Sätze ist die

            gesamte Naturwissenschaft (oder die Gesamtheit der Naturwissenschaften)“

 

So gesehen hätte die Kunsthistorik recht, wenn sie sich von Seiten anderer Forschungszweige angegriffen fühlt.

 

            Das Medienschema könnte man mit B. Latour also auch als naturwissenschaftlichen

            Übergriff (der Diagrammatik) auf die geisteswissenschaftlichen Bereiche (der mimetischen

            Bildlesarten) sehen.

 


 

Wittgenstein

 

„Das Denken ist ganz dem Zeichnen von Bildern zu vergleichen“

 

In einem Plakat mit Wittgenstein-Zitaten habe ich versucht einen Zusammenhang zur Diagrammatik herzustellen. Dabei war mir noch nicht bewußt, daß auch die Tractatus-Schrift

wichtige Fragen der Diagrammatik anspricht und wichtige Repräsentationsfragen auch klar beantwortet. (Anmerkung:  Die Seitenangaben beziehen sich auf die SV-Ausgabe 1963)

Die letzte Lesung lag ca. 15 Jahre zurück – also eine spannende Wiederentdeckung.

 

Konstellation von Dingen:

(11) Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen (Sachen, Dingen).

(11) Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.

 

Nutzungskontext und Wahrnehmungsbedingungen:

(12) Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muß dies schon in ihnen liegen. ... Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht außerhalb des Raumes, zeitliche nicht außerhalb der Zeit denken können, so können wir uns keinen Gegenstand außerhalb der Möglichkeiten seiner Verbindung mit anderen denken.

Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhaltes denken kann, so kann ich ihn nicht außerhalb der Möglichkeit  dieses Verbandes denken.

Das Ding ist selbständig, insofern es in allen möglichen Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der

Unselbständigkeit.

(13) Die Gegenstände enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.

 

Ein riesiges virtuelles Sachverhaltsnetzwerk:

(13) Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle möglichen Sachverhalte gegeben.

(13) Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.

 

Aspekte und Argumentstellen (im Bildraum):

(13) Der räumliche Gegenstand muß im unendlichen Raum liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)

Der Fleck im Gesichtsfeld muß zwar nicht rot, sein, aber eine Farbe muß er haben: er hat sozusagen den Farbraum um sich.

 

Aufbau komplexer Strukturen:

(13) Jeder Gegenstand ist einfach.

Jede Aussage über Komplexe läßt sich in eine Aussage über deren Bestandteile und in diejenigen Sätze zerlegen, welche die Komplexe vollständig beschreiben.

 

Diskrete Einheiten im Bild/Diagramm (Analyseeinheiten):

(14) Die Gegenstände bilden die Substanz der Welt. Darum können sie nicht zusammengesetzt werden.

 

(15) Raum, Zeit und Farbe (Färbigkeit) sind Formen der Gegenstände.

 

Diagrammatische Konfigurationen – semantische Konfiguration

(15) Der Gegenstand ist das Feste, Bestehende; die Konfiguration ist das Wechselnde, Unbeständige.

(15) Die Konfiguration der Gegenstände bildet den Sachverhalt.

(15) Im Sachverhalt hängen die Gegenstände ineinander, wie die Glieder einer Kette.

(15) Im Sachverhalt verhalten sich die Gegenstände in bestimmter Art und Weise zueinander.

 

Diagrammatische Grundstruktur:

(15) Die Art und Weise, wie die Gegenstände im Sachverhalt zusammenhängen, ist die Struktur des Sachverhaltes.


 

Bildform / Formen im Bild:

(15) Die Form ist die Möglichkeit der Struktur.

 

Komplexe von Sachverhalten:

(15) Die Struktur der Tatsache besteht aus den Strukturen der Sachverhalte.

(16) Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte ist die Welt.

(49) Auch wenn die Welt unendlich komplex ist, so daß jede Tatsache aus unendlich vielen Sachverhalten besteht und jeder Sachverhalt aus unendlichen vielen Gegenständen zusammengesetzt ist, auch dann müßte es Gegenstände und Sachverhalte geben.

 

Bildelemente (Diskrete Einheiten):

(16) Wir machen uns Bilder der Tatsachen.

(16) Das Bild ist ein Modell der Wirklichkeit.   (Das Diagramm als Modell der Wirklichkeit)

(16) Den Gegenständen entsprechen im Bilde die Elemente des Bildes.

(16) Die Elemente des Bildes vertreten im Bild die Gegenstände.

 

Was ist ein Bild/Diagramm? Form der Abbildung:

(16) Das Bild besteht darin, daß sich seine Elemente in bestimmter Art und Weise zu einander verhalten.

(16) Das Bild ist eine Tatsache.

(16) Daß sich die Elemente des Bildes in bestimmter Weise zueinander verhalten, stellt vor, daß sich die Sachen so zu einander verhalten.

Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heißt seine Struktur und ihre Möglichkeit seine

Form der Abbildung.

 

Form der Abbildung:

(17) Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, daß sich die Dinge so zu einander verhalten, wie die Elemente des Bildes.

(17) Was das Bild mit der Wirklichkeit gemein haben muß, um sich auf seine Art und Weise – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist seine Form der Abbildung.

 

Realweltbezug der Bilder/Diagramme:

(17) Das Bild ist so mit der Wirklichkeit verknüpft; es reicht bis zu ihr.

(17) Es ist wie ein Maßstab an die Wirklichkeit angelegt.    

(Das Diagramm ist wie ein Maßstab an die Wirklichkeit angelegt).

 

Referenzlinien der abbildenden Beziehung: (mimetische Bilder) / Drawing Systems

(17) Nur die äußersten Punkte der Teilstriche berühren den zu messenden Gegenstand.

(Eine kryptische Formulierung, die nur im Wahrnehmungsschema visualisiert werden kann)

(17) Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.

(17) Die abbildende Beziehung besteht aus den Zuordnungen der Elemente des Bildes und der Sachen.

(17) Diese Zuordnungen sind gleichsam die Fühler der Bildelemente, mit denen das Bild die

Wirklichkeit berührt.

 

Repräsentationsmöglichkeit im Bild:

(18) Das Bild kann jede Wirklichkeit abbilden, deren Form es hat. Das räumliche Bild alles Räumliche, das farbige alles Farbige, etc.

 

Diagramm eines Bildes?

(18) Seine Form der Abbildung aber kann das Bild nicht abbilden; es weist sie auf.

(18) Das Bild kann sich nicht außerhalb seiner Form der Darstellung stellen.

 

Bildlogik als Diagramm:

(18) Was jedes Bild, welcher Form immer, mit der Wirklichkeit gemein haben muß, um sie überhaupt – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist die logische Form, das ist, die

Form der Wirklichkeit.


 

Diagramm als logisches Bild: (Vergleiche dazu logisches Bild bei Sachs-Hombach u.a.)

(18) Ist die Form der Abbildung die logische Form, so heißt das Bild das logische Bild.

(18) Jedes Bild ist auch ein logisches. (Dagegen ist z.B. nicht jedes Bild ein räumliches.)

Anmerkung: Diese Formulierung zeigt, daß Wittgenstein auf jeden Fall auch bestimmte diagrammatische Bilder mit einbedenkt.

(18) Das logische Bild kann die Welt abbilden.

(18) Das Bild hat mit dem Abgebildeten die logische Form der Abbildung gemein.

(18) Das Bild stellt eine mögliche Sachlage im logischen Raum dar.

 

Details zum logischen Raum: Diagrammatik und Satzgebilde

(31) Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum.

(31) Der geometrische und der logische Ort stimmen darin überein, daß beide die Möglichkeit

einer Existenz sind.

(31) Obwohl der Satz nur einen Ort des logischen Raumes bestimmen darf, so muß doch durch ihn schon der ganze logische Raum gegeben sein. ... (Das logische Gerüst um das Bild herum bestimmt den logischen Raum. Der Satz durchgreift den ganzen logischen Raum.)

 

Wahrheitsbegriff:

(19) Das Bild stellt dar, was es darstellt, unabhängig von seiner Wahr- oder Falschheit, durch die Form der Abbildung.

(19) Aus dem Bild allein ist nicht zu erkennen, ob es war oder falsch ist.

Anmerkung: Vergleiche dazu die Überlegungen zur Grammatik von Diagrammen (der Netzplantechnik)

(19) Ein a priori wahres Bild gibt es nicht.

(38) Nur dadurch kann der Satz wahr oder falsch sein, indem er ein Bild der Wirklichkeit ist.

 

Bildsinn:

(19) Was das Bild darstellt, ist sein Sinn.

(19) In der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung seines Sinnes mit der Wirklichkeit besteht seine Wahrheit oder Falschheit.

Anmerkung: so gesehen kann man auch sagen –

Was die Realität/Realweltsituation darstellt, ist ihr Sinn.

Was komplexe Sachverhalte darstellen, ist ihr Sinn.

Vergleiche (21): Im Satz ist die Form seines Sinnes enthalten, aber nicht dessen Inhalt.

In den verbalsprachlichen Sätzen wird die Inhaltsform vom Sinn getrennt aufgefaßt.

 

Gedankenbilder – diagrammatische Lesung des Bildes:

Denken in „logischen“ Bildern:

(19) Das logische Bild der Tatsachen ist der Gedanke.

(19) Ein „Sachverhalt ist denkbar“ heißt: Wir können uns ein Bild von ihm machen.

(19) Die Gesamtheit der wahren Gedanken sind ein Bild der Welt.

 

Gott als Diagrammatiker:

(19) Wir können nichts Unlogisches denken, weil wir sonst unlogisch denken müßten.

(19) Man sagte einmal, daß Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre.

 

Klassenfehler – Geometrie und Topologie:

(20) Wohl können wir einen Sachverhalt räumlich darstellen, welcher den Gesetzen der Physik, aber keinen, der den Gesetzen der Geometrie zuwiderliefe.

 

Räumliche Lage – Topologie als Sinn:

(21) Sehr klar ist das Wesen des Satzzeichens, wenn wir es uns, statt aus Schriftzeichen, aus räumlichen Gegenständen (etwa Tischen, Stühlen, Büchern) zusammengesetzt denken.

Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.

 

Vom Nutzen der Verben / Von der Konstruktion gerichteter semantischer Netze!

(22) Sachlagen kann man beschreiben, nicht benennen.

(Namen gleichen Punkten, Sätze Pfeilen, sie haben Sinn.)


 

Sinntragende Konfigurationen:

(22) Der Konfiguration der einfachen Zeichen im Satzzeichen entspricht die Konfiguration der Gegenstände in der Sachlage. Der Name vertritt im Satz den Gegenstand.

(24) Nur der Satz hat Sinn; nur im Zusammenhang des Satzes hat ein Name Bedeutung.

(32) Der Mensch besitzt die Fähigkeit Sprachen zu bauen, womit sich jeder Sinn ausdrücken läßt, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeutet.

(49) Der Sinn des Satzes ist seine Übereinstimmung, und Nichtübereinstimmung mit den

Möglichkeiten des Bestehens und Nichtbestehens der Sachverhalte.

 

Elementarsätze:

(49) Der einfachste Satz, der Elementarsatz, behauptet das Bestehen eines Sachverhaltes.

(49) Ein Zeichen des Elementarsatzes ist es, daß kein Elementarsatz mit ihm in Widerspruch stehen kann.

(49) Der Elementarsatz besteht aus Namen. Er ist ein Zusammenhang, eine Verkettung,

von Namen.

(62) Aus einem Elementarsatz läßt sich kein anderer Folgern.

(62) Auf kein Weise kann aus dem Bestehen irgendeiner Sachlage auf das bestehen einer von ihr

gänzlich verschiedenen Sachlage geschlossen werde.

 

Einfluß der Logik auf das Konzept der Elementarsätze:

(89) Die Anwendung der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt.

Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht vorausnehmen.

Das ist klar: Die Logik darf mit der Anwendung nicht kollidieren.

Aber die Logik muß sich mit der Anwendung berühren. (Vergleiche Theo van Leeuwen)

Also dürfen die Logik und ihre Anwendung nicht übergreifen.

(99) Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder vielmehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, daß Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn

haben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. ....

Daß heißt, aber in der Logik drücken nicht wir mit Hilfe der Zeichen aus, was wir wollen, sondern

in der Logik sagt die Natur der naturnotwendigen Zeichen selbst aus: Wenn wir die logische

Syntax irgendeiner Zeichensprache kennen, dann sind bereits alle Sätze der Logik gegeben.

Anmerkung: Dieser Ansatz von logischer Syntax ist auch auf unterschiedliche Diagrammgrundtypen anwendbar.

 

Stellenwert der Logik & Mechanik ...

(101) Die Logik ist keine Lehre, sondern ein Spiegelbild der Welt.

Anmerkung: In diesem Sinne wäre die diagrammatische (repräsentierende) Logik nur für eine naturwissenschaftliche Sicht der Welt relevant?

(107) Die Mechanik ist der Versuch, alle wahren Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach einem Plane zu konstruieren.

(107) Durch den ganzen logischen Apparat hindurch sprechen die physikalischen Gesetze doch von den Gegenständen der Welt.

(107) Wir dürfen nicht vergessen, daß die Weltbeschreibung durch die Mechanik immer die ganz allgemeine ist. Es ist in ihr z.B. nie von bestimmten materiellen Punkten die Rede, sondern immer nur von irgendwelchen.

Anmerkung: Da spricht Wittgenstein als Techniker, Architekt und Philosoph – eigentlich ein ideales Berufsbild für einen Diagrammatiker :) Das gilt im Übrigen auch für M. Serres.

(108) In der Ausdrucksweise Hertz´s könnte man sagen: Nur gesetzmäßige Zusammenhänge sind denkbar.

 

Syntax von Diagrammen:

(28) In der logischen Syntax darf nie die Bedeutung eines Zeichens eine Rolle spielen; sie muß sich aufstellen lassen, ohne daß dabei von der Bedeutung eines Zeichens die Rede wäre, sie darf nur die Beschreibung der Ausdrücke voraussetzen.

 

Satz und Bild:

(33) Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit.

(33) Der Satz ist Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie und denken.

Variation: Das Diagramm ist Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie und denken.

(35) Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage,

wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne daß mir sein Sinn erklärt wurde.

(35) Der Satz zeigt seinen Sinn.


 

Sätze als Relationen – Rolle der Verben:

(33) Offenbar ist, daß wir einen Satz von der Form „aRb“ als Bild empfinden. Hier ist das Zeichen offenbar ein Gleichnis des Bezeichneten.

(37) Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind sie verbunden, so stellt das Ganze – wie ein lebendes Bild – den Sachverhalt vor.

(37) Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertretung von Gegenständen durch Zeichen.

 

Graphische Notationen als Diagramm:

(34) Die Grammophonplatte, der musikalische Gedanke, die Notenschrift, die Schallwellen, stehen alle in jener abbildenden internen Beziehung zueinander, die zwischen Sprache und Welt besteht.

Ihnen allen ist der logische Bau gemeinsam.

(34) Daß es eine allgemeine Regel gibt, durch die der Musiker aus der Partitur die Symphonie entnehmen kann, durch welche man aus der Linie auf der Grammophonplatte die Symphonie und nach der ersten Regel wieder die Partitur ableiten kann, darin besteht eben die innere Ähnlichkeit dieser scheinbar so ganz gegensätzlichen Gebilde.

Und jene Regel ist das Gesetz der Projektion, welches die Symphonie in die Notensprache projiziert. Sie ist die Regel der Übersetzung der Notensprache in die Sprache der Grammophonplatte.

(34) Die Möglichkeit aller Gleichnisse, der ganzen Bildhaftigkeit unserer Ausdrucksweise, ruht in der Logik der Abbildung.

 

Diagramm als logisches Bild:

(36) Es liegt im Wesen des Satzes, daß er uns einen neuen Sinn mitteilen kann.

(36) Ein Satz muß mit alten Ausdrücken einen neuen Sinn mitteilen.

Der Satz teilt uns eine Sachlage mit, also muß er wesentlich mit der Sachlage zusammenhängen.

Und der Zusammenhang ist eben, daß er ihr logisches Bild ist.

Der Satz sagt nur insoweit etwas aus, als er ein Bild ist.

(36) Im Satz wird gleichsam eine Sachlage probeweise zusammengestellt.

Man kann geradezu sagen: statt, dieser Satz hat diesen und diesen Sinn; dieser Satz stellt diese und diese Sachlage dar.

Vergleiche Überlegungen zur Probehandlung

 

Repräsentation der Logik:

(37) ... Mein Grundgedanke ist, daß die „logischen Konstanten“ nicht vertreten.

Daß sich die Logik der Tatsache nicht vertreten läßt.

Anmerkung: Die Logik der Tatsache in einem Diagramm „vertreten“

(43) Der Satz kann die logische Form nicht darstellen, sie spiegelt sich in ihm. ...

Der Satz zeigt die logische Form der Wirklichkeit.

(43) Was gezeigt werden kann, kann nicht gesagt werden.

(89) Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen.

 

Diagrammtische Auflösungstiefe – Detaillierung:

(37) Am Satz muß gerade soviel zu unterscheiden sein, als an der Sachlage die er darstellt.

Die beiden müssen die gleiche logische (mathematische) Mannigfaltigkeit besitzen.

(Vergleiche Hertz´s Mechanik, über Dynamische Modelle.)

(37) Diese mathematische Mannigfaltigkeit kann man natürlich nicht selbst wieder abbilden.

Aus ihr kann man beim Abbilden nicht heraus.

Anmerkung: Vergleich Topologie als Grundlage der Diagrammatik.


 

formale Relationen und Strukturen - Formreihen:

(43) Wir können in gewissem Sinne von formalen Eigenschaften der Gegenstände und Sachverhalte bzw. von Eigenschaften der Struktur der Tatsachen reden und in demselben Sinne von formalen Relationen und Relationen von Strukturen.

(Statt Eigenschaften der Struktur sage ich auch „interne Eigenschaft“; statt Relation der Strukturen

„interne Relation“. .... )

Das bestehen solcher internen Eigenschaften und Relationen kann aber nicht durch Sätze behauptet werden, sondern es zeigt sich in den Sätzen, welche jene Sachverhalte darstellen und von jenen Gegenständen handeln.

(44) Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, daß ihr Gegenstand sie nicht besitzt.

(Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist

undenkbar, daß diese beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden).

(45) Reihen, welche durch interne Relationen geordnet sind, nenne ich Formreihen.

Die Zahlenreihe ist nicht nach einer externen, sondern nach einer internen Relation geordnet.

Anmerkung: Zu Gruppen und Reihen siehe auch Bourbaki

 

Hilfsrelationen:

(50) Ausdrücke von der Form „a=b“ sind also nur Behelfe der Darstellung; sie sagen nichts über die Bedeutung der Zeichen „a“ und „b“ aus.

 

Physiognomische Fragen:

(44) Eine interne Eigenschaft einer Tatsache können wir auch einen Zug dieser Tatsache nennen. (In dem Sinn, wie wir etwa von Gesichtszügen sprechen.)

 

Wahrheitsbedingungen:

(56) Die Wahrheitsbedingungen bestimmen den Spielraum, der den Tatsachen durch den Satz gelassen wird. (Der Satz, das Bild, das Modell, sind im negativen Sinne wie ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt; im positiven Sinne, wie der von fester Substanz begrenzte Raum, worin ein Körper Platz hat.)

Die Tautologie läßt der Wirklichkeit den ganzen – unendlichen – logischen Raum; die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und läßt der Wirklichkeit keinen Punkt. Keine von beiden kann daher die Wirklichkeit irgendwie bestimmen.

 

Wahrnehmen:

(86) Einen Komplex wahrnehmen, heißt wahrnehmen, daß sich seine Bestandteile so  und so zu einander verhalten. Dies erklärt wohl auch, daß man die Figur auf zweierlei Art als Würfel sehen kann; und alle ähnlichen Erscheinungen. Denn wir sehen eben wirklich zwei verschiedene Tatsachen. (Anmerkung: Siehe Schaubild im Tractatus)

 

Hierarchie:

(88) Eine Hierarchie der Formen der Elementarsätze kann es nicht geben. Nur was wir selbst konstruieren, können wir voraussehen.

(88) Die empirische Realität ist begrenzt durch die Gesamtheit der Gegenstände. Die Grenze zeigt sich wieder in der Gesamtheit der Elementarsätze. ...

 

Die Ordnung der Ding:

(91) Das Gesichtsfeld hat nämlich nicht etwa eine solche Form: .... siehe Schema

(91) Das hängt damit zusammen, daß kein Teil unserer Erfahrung auch a priori ist.

Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein. Alles was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. Es gibt keine Ordnung der Dinge a priori.