Gerhard
Dirmoser – Linz 12.2004 gerhard.dirmoser@energieag.at
Dank an: Josef Nemeth (+), Boris Nieslony, Astrit
Schmidt-Burkhardt, Kristóf Nyíri, Bruno Latour,
Peter Weibel, TransPublic, Walter Pamminger, Sabine
Zimmermann, Tim Otto Roth,
Walter Ebenhofer, Franz Reitinger, Steffen Bogen,
Mathias Vogel, Alois Pichler,
Lydia Haustein, Josef Lehner,
Bernhard Cella
Im Beitrag „Sternstunde der Zeichentheorie“ hat Steffen Bogen einige Interpretationsansätze formuliert, die ich hier aufgreifen will. (siehe Sammelband: Vom Realismus der Bilder)
Im ersten Bildbeispiel sieht man die tödlichen
Konsequenzen eines Pfeilschusses. Rechts der gespannte Bogen und links der
todbringende Treffer. Rechts eine zeigende/ansagende Gestalt
und links das Opfer.
Die
Flugbahn ist als Achse des Todes als direkte (unsichtbare)
Verbindungslinie evident.
Befehl/Ansage und Ausführung, Täter/Jäger und Opfer bilden ein „kausales“ Dreieck.
Bogen spricht in diesem Zusammenhang von einem Schema konvergierender
Achsen.
Im zweiten Beispiel (Es geht dabei u.a. um das Bildwerk
„Traum der hl. drei Könige“) vermittelt der Engel zeigend die Bedeutung des
Traumes. Eine Hand zeigt auf den Stern (das göttliche Zeichen (den Leitstern))
und die andere Hand zeigt auf den äußersten der drei Könige. Die zentralen
Elemente bilden ein Dreieck.
S. Bogen: „In der Geste des Engels und in der Augenlinie
der Könige verbindet sich eine Achse des Auftrags mit einer Achse der
Ausführung.“
Anmerkung: Wie bei Theo van Leeuwen beschrieben (in der „europäischen“ Denkrichtung) findet man links: der Auftrag und rechts: die Ausführung.
An einer weiteren Stelle schreibt S. Bogen: „Das
Verhältnis der Motive zueinander, ihr Bezug auf implizite Kompositionsachsen
und ihr Verhältnis zu topologisch relevanten Grenzlinien werden aussagekräftig.
Die ausgewählten Textstellen beziehen sich alle auf
Achsen-Konstellationen.
Den Begriff Achse finde ich in mehrfacher Hinsicht
beachtenswert:
(I)
im Rahmen der relationalen Begrifflichkeit wird einerseits
der Sprung von einer semantischen Elementarrelation zu einer
übergreifend bedeutsamen Relation vollzogen
(II)
zweitens werden rhetorische Grundprinzipien visuell repräsentiert
(III)
weiters werden zeitliche und kausale Ordnungen
thematisiert.
Achsen können verbinden und trennen, Achsen sind Ausdruck
übergeordneter Strukturen.
Achsen sind die Grundlage aller Projektionen (drawing
systems).
Achsen sind Angelpunkte bzw. Drehpunkte
So gesehen müßte also die Achsen-Begrifflichkeit für die
11 Schemagrundtypen relevant sein:
Achse des
Auftrages, Achse der Ausführung, Kompositionsachse
Achse des
Todes, Faltungsachse, Kippachse
Kausale
Achse, Wirkachse
Zeitliche
Achsen
Achse der
Ausrichtung, Achsen als Bezugssystem
Ordnungsachse,
Referenzachse, Gliederungachse
Blickachse,
Optische Achse (Sehstrahl), Projektionsachse, Lichtachse, Zeigeachsen
Architektonische
Achsen
Körperachse,
Symmetrieachse, Erdachse
|
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01 |
02 |
03 |
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E1 |
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04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
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09 |
10 |
11 |
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E3 |
Relvanz der Achsen für die Schemagrundtypen: Ordnungsachsen, Referenzachsen
01 |
Projektionsachse / Achsen als Bezugssystem |
02 |
Verwandtschaftsachsen |
03 |
Körperachse / Symmetrieachse / Erdachse / Rotationsachse |
04 |
Achse der Ausrichtung |
05 |
Zeitachse |
06 |
Zeigeachsen |
07 |
Kausale Achse, Wirkachse / Achse des Auftrages / Achse der Ausführung / Zeitachse |
08 |
Rotationsachse / Symmetrieachse / Achse als Drehpunkt / Achse als Angelpunkt |
09 |
Faltungsachse / Kippachse |
10 |
Architektonische Achse / Achse der Ausrichtung / Symmetrieachse / Kegelachse |
11 |
Blickachse, Optische Achse (Sehstrahl), Projektionsachse
/ Achsen als Bezugssystem |
Nachtrag 01:
Im Text „Latenz und Bewegung im Feld der Kultur“ von Gertrud Koch findet sich folgendes Heidegger-Zitat:
„Die Technik ist also nicht bloß ein Mittel. Die Technik ist eine Weise des Entbergens. Achten wir darauf, dann öffnet sich uns ein ganz anderer Bereich für das Wesen der Technik. Es ist der Bereich der Entbergung, d.h. der Wahr-heit.“
In Abwandlung könnte man daher auch bei den Diagrammatik
von Entbergungstechniken sprechen: Diagrammatik als Entbergung
In diesem Sinne sind die hier besprochenen Achsen ein
wichtiger Ansatz im Rahmen einer geregelten Entbergung des Bildinhaltes.
Nachtrag 02:
Die Rolle des Engels als Kommunikator ist noch aus einer
ganz anderen Perspektive spannend. Wenn man sich für die Relationalität im
weitesten Sinne interessiert, dann stößt man im Laufe der Jahre auf folgende
kulturenübergreifende „Gleichung“:
Hermes =
Hl. Geist = ch´i = Engel = Feld = Lichtstrahl
Hermes als Gott der Informatiker liegt mir (mit M. Serres)
natürlich besonders am Herzen.
Und - wie könnte es auch anders sein: M. Serres hat neben der 5 Bände mit dem Titel Hermes I bis V auch ein Buch über Engel verfaßt.