Gerhard
Dirmoser – Linz 12.2004 gerhard.dirmoser@energieag.at
Dank an: Josef Nemeth (+), Boris Nieslony, Astrit
Schmidt-Burkhardt, Kristóf Nyíri, Bruno Latour,
Peter Weibel, TransPublic, Walter Pamminger, Sabine
Zimmermann, Tim Otto Roth,
Walter Ebenhofer, Franz Reitinger, Steffen Bogen,
Mathias Vogel, Alois Pichler,
Lydia Haustein, Josef Lehner,
Bernhard Cella
Mit Hilfe der Studien von Gunther Kress & Theo van
Leeuwen (Reading Images – The Grammar of Visual Design) schafft man den
Übergang vom framing zu rhythm, also von der rahmenden Abgrenzung
und dem Zwischenraum zum Rhythmus.
The third key element in composition is framing. In
temporally integrated texts framing
is, again, effected by rhythm. From time to time the
ongoing equal-timed cycles of
rhythm are momentarily interrupted by a
pause, a rallentando, a change of gait (Haltung,
Gangart), and these junctures (Verbindungspunkte,
Berührungsstellen) mark off distinct units, disconnect stretches
of speech or music or movement from each other to a greater or lesser degree.
Where such junctures are absent, the elements are connected in a continuous
flow (*1).
Anmerkung 1: Vergleiche die Studie “Die Welt der
Atmosphären”
Als weiterer Bezugspunkt wäre das Buch >rhythm science<
von paul d miller (DJ Spooky) zu nennen.
Rhythm science uses an endless recontextualizing as a
core compositional strategy ...
Aesthetics begins
as “pattern recognition” ...
That´s what I ask: Break the loops ...
In einigen Abschnitten der Studie sind wir den Fragen der
Rhythmik bereits in Ansätzen begegnet:
Siehe Teil II: Die Diagrammatik richtet ihren Blick auf
das Dazwischen
Siehe
Teil III: Diagramme als Zwischenschreibung – Zwischenschreibung als Pause
Anmerkung: Die Sicht des
InBetween gilt es als eigenen Schwerpunkt noch weiter zu verfolgen.
Siehe Teil II: Techniken der Ordnung bieten Separationsmöglichkeiten
bzw. Möglichkeiten
der Auseinanderhaltung
Siehe Teil II: Diagrammatik als Kunst des Schneidens
Filmische Sequenzen werden im
Rahmen von Schneidevorgängen in inhaltlich relevante Ordnungen gebracht. Diese
Übergänge (Schnitte) realisieren einen Grundrhythmus, der durch die Bilder
selbst (Kamerafahrten, Zooming, Lichtverhältnisse, ...) verstärkt und feiner
ausgestaltet werden kann.
Siehe Teil IV: Linearität und zeitliche Abfolge
Siehe Teil IV: Nachbarschaft, Stetigkeit und Grenze sind
Mutterstrukturen toplogischer Natur
Rhythmen
können also topologisch gelesen werden.
Siehe Teil IV: Bewegungsanmutungen (atmosphärische
Sicht)
...
die ekstatische Wirkung ... wird direkt dadurch erfahren, wie man Linienführung
spürt.
Dafür
haben wir bereits einen Begriff eingeführt, nämlich den der Bewegungsanmutung.
...
Ihr
Schwingen, ihr Aufstreben, ihr Geknicktsein werden dynamisch erfahren im
virtuellen Mitvollzug.“
Siehe Teil IX: Muster und Serialität
Vergleiche
auch: how patterns appear (Spooky)
In einem Text von Ingo Zechner findet man eine sehr schöne Textstelle, die ausgehend von Raumbegriffen auch auf die Diagrammatik zu sprechen kommt.
http://members.chello.at/ingo.zechner/Zechner_Vortrag_Raum_2001-06-09.pdf
(IZ) Für
Bacon und für Deleuze ist das Diagramm für sich selbst aber noch kein
pikturales
Faktum, es ist eher ein Keim: „ Das Diagramm ist zwar ein Chaos, aber auch der
Keim von Ordnung und Rhythmus“. Ein
Keim für ein ebenso anorganisches wie organisches Leben, das in ihm noch nicht
präformiert ist.
Das
Diagramm entwirft ungeahnte Möglichkeiten – nicht beliebige hypothetische
Möglichkeiten,
sondern faktische Möglichkeiten.
Wenn man bestimmte Aspekte der Diagrammatik fern jeder
Funktion und Semantik diskutiert, dann fällt auf, daß man zu Fragegestellungen
kommt, die auch für Ornamente wichtig sind.
Bei komplexen Strukturen irisch/keltischer Buchmalerei, hat man den Eindruck mit Übungsfeldern komplexer diagrammatischer Fragestellungen konfrontiert zu sein. Jenseits der Dekoration findet man für jede diagrammatische Grundordnung wunderbare Beispiele. Der Sprung zur inhaltlichen Nutzung ist in der Regel schon mit angelegt.
Bei Gombrich findet man u.a. das Ordnungsschema von
Charles Blanc (1877):
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ORDER
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REPETITION |
ALTERNATION |
SYMMETRIE |
PROGRESSION |
CONFUSION |
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CONSONANCE |
CONTRAST |
RADIATION |
GRADATION |
COMPLICATION |
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|
ORDER
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Das Schema ist für Diagrammgestaltungen von Interesse
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Ordnung |
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Wiederholung |
Wechselfolge |
Symmetrie |
Entwicklung Fortgang Verdichtung |
Konfusion |
Einklang Wohlklang Übereinstimmung Akkord |
Kontrast Gegensatz Gegenüberstellung |
strahlenförmige Anordnung |
Abstufung Übergang Schattierung Tönung,
Rang |
Komplizierung |
|
|
Ordnung |
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Einige der Aspekte lassen sich 1 :1 auf
Rhythmusfragestellungen übersetzen :
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Rhythmus
als Ordnung |
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|
Rhythmus
als Wiederholung |
Rhythmus
als Wechselfolge |
Rhythmus
als Symmetrie |
Rhythmus
als Entwicklung Rhythmus
als Fortgang Rhythmus
als Verdichtung |
Aufgelöster
Rhythmus (als Konfusion) |
Rhythmus
in der Akkord-Anwendung |
Rhythmus
als Kontrast, Gegensatz oder Gegenüberstellung |
Rhythmus
in strahlenförmigen Anordnungen |
Rhythmus
als Abstufung, als Schattierung, als Übergang, als Tönung |
Rhythmus
als Komplizierung |
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|
Rhythmus
als Ordnung |
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Folgender Satz von Gombrich sollte dabei zu denken geben:
„Klassifizieren ist immer die Tat eines ordnenden Verstandes und die Suche nach
einem logischen System, in dem jedem beliebigen ornamentalen Motiv ein
bestimmter Platz angewiesen werden kann, ist zum Scheitern verurteilt.“
Den Vorschlag von Charles Blanc kritisiert Gombrich mit
folgenden Worten: „Blancs System hat viel reizvolles ....“ aber ... „In seinen
Kategorien fehlt die grundlegende Charakteristik von Ordnungen, der Begriff von
Rangstufen, hierarchischen Anordnungen. Jede von Blancs Kategorie mag auf eine
bestimmte Stufe der Vorlage passen, ...“
In Bezug auf Rhythmus-Fragen hat dieses einfach Schema
aber trotzdem einiges zu bieten.
Im Buch von Gombrich sind u.a. noch folgende
Formulierungen zu finden:
„geschlossene Ordnungen“, „Ordnungen in Reihen und
Serien“, „Streckachse“, „Unterbrechung als Akzente“, ...
Die Relevanz der Rhythmussicht für 11 Schemagrundtypen, soll hier kurz überprüft werden:
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01 |
02 |
03 |
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E1 |
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04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
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09 |
10 |
11 |
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E3 |
Rhythmus als Ordnung:
01 |
Rhythmen verschliffener Faltungen / Rhythmen aus Schichtenlinien / Rhythmus als Schattierung / Rhythmus als Übergang / Rhythmus als Tönung |
02 |
Rhythmen durch Clusterung (Dichte und Zwischenraum) / Rhythmus als Kontrast, Gegensatz oder Gegenüberstellung |
03 |
Rhythmen durch Konturen (Hüllkurven) |
04 |
ganz ohne Rhythmus –
rhythmisches Chaos / Aufgelöster Rhythmus (als Konfusion) |
05 |
Die Sequenz als rhythmischer Grundpuls / Rhythmus als Wiederholung / Rhythmus als Wechselfolge / Rhythmus als Fortgang |
06 |
Netze als komplexe Notationen
rhytmischer Abhängigkeiten / Trigger-Netze Rhythmen der Linienführung / Rhythmus als Kontrast, Gegensatz oder Gegenüberstellung / Rhythmus als Übergang |
07 |
Systemisch definierte (ablauforientierte) komplexe Rhythmen / Rhythmus als Entwicklung / Rhythmus als Fortgang / Rhythmus als Übergang / Rhythmus als Komplizierung |
08 |
Zyklisch sich wiederholende Rhythmen / Rhythmus als Symmetrie / Rhythmus in strahlenförmigen Anordnungen |
09 |
Rhythmen (und Muster) durch Faltungsstrukturen / Fließende Übergänge / Rhythmus als Verdichtung / Rhythmus als Komplizierung |
10 |
Architektur als übergeordneter Rhythmus / Rhythmus als Symmetrie / Rhythmus als Abstufung |
11 |
Der konstruierte (Maschinen-)Rhythmus
ist nur in speziellen kinetischen Diagrammen sichtb. |
Partituren als Diagramm
Siehe im Detail: Guerino Mazzola / Geometrie der Töne
Ein lokales Metrum ist im Gegensatz zu einem Rhythmus
keine „lokale Komposition“, sondern ein mathematischer Raster im Raum der
musikalischen Zeit.
Der Nullpunkt des Metrums definiert zusammen mit der
Periode die Klasse der Startzeiten.
Je nach musikalischer Situation wird man über diesem
Metrum die verschiedenen Rhythmen konstruieren.
In aktuelle Tools spielt die (symbolisch codierte)
Klaviatur nur noch eine untergeordnete Rolle. In den Frames der Programme
findet man Trigger-Netze, Hüllkurven, Aspekt-Schemen, Feature-Listen,
Muster-Kollektionen, ... etc.
Diese Programme bieten also in umfassender Weise ein
diagrammatisches Interface.
Auch die von M. Serres beschriebene Parasiten-Struktur ist
geeignet um einen Rhythmus zu induzieren, oder auch Rhythmusstörungen in einer
funktionierenden Kommunikation zu bewirken.
M. Serres: Der Parasit ist ein Gleichrichter, er schafft
eine irreversible Zirkulation, er schafft eine Richtung, einen Sinn ... . Er
(der Parasit) ist deren Fluktuation, deren Erschütterung, Probe, Verschiebung.
... (Der Parasit) ist eben diese Erregung oder der, der sie zuwege bringt.
Im Breakdance gibt es den „bruchlosen“ oder „nahtlosen“
Übergang von einem in ein anderes extremes Bewegungsmuster. Genau genommen also
eine paradoxe Ausdrucksweise. Ein extremer
Bruch, die Übergangsstelle zweier sehr unterschiedlicher
Haltungen oder Gesten, wird sprachlich verschliffen; und auch den Augen bleibt
es ein Rätsel, wie so ein Übergang (auch physiklaisch) überhaupt gelingen kann.
Der Raster ist in Bezug auf den Rhythmus nur als Referenzsystem (als Grund oder Hintergrund) zu verstehen. Das Konzept eines Rasters macht für einige der Schemagrundtypen Sinn.
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01 |
02 |
03 |
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E1 |
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04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
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09 |
10 |
11 |
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E3 |
01 |
Mappenblattstruktur als Raster / Meridiane als Raster / Triangulierung als Raster |
02 |
Container-Zellen als Raster |
03 |
Komplexe Figuren/Körper als Raster |
04 |
Tabelle/Matrix als Raster |
05 |
Reihe als Raster / Frame-Teilung als Raster |
06 |
Kantengrundlänge als Raster |
07 |
Zeitachse als Raster |
08 |
Sektorierung (Winkelteilung) als Raster |
09 |
Faltenstruktur als Raster |
10 |
architektonische Stufung als Raster |
11 |
Achsenkreuz als Raster /
Maßeinheit als Raster / mm Papier als Raster |