Erhoffte Fundamente - Vom Nutzen schematischer Zeichnungen – Teil V

 

            Gerhard Dirmoser – Linz  12.2004  gerhard.dirmoser@energieag.at

 

Dank an:

Josef Nemeth (+), Boris Nieslony, Astrit Schmidt-Burkhardt, Kristóf Nyíri, Bruno Latour,

Peter Weibel, TransPublic, Walter Pamminger, Sabine Zimmermann, Tim Otto Roth,

Walter Ebenhofer, Franz Reitinger, Steffen Bogen, Mathias Vogel, Alois Pichler,

Lydia Haustein, Josef Lehner, Bernhard Cella

 

In den vorangegangenen Betrachtungen wurden einige strukturelle Hauptansatzpunkte diskutiert, die u.a. von Evelyn Dölling den syntaktischen Regeln zugeordnet wurden.

 

Evelyn Dölling (Beitrag in: Bildgrammatik): „Die syntaktischen Regeln der visuellen Sprache werden durch die Menge von Operationen und Funktionen konstituiert, durch die perzeptuelle Mechanismen Wechselbeziehungen zwischen den Grundelementen, den Koloremen also, in verschiedenen visuellen Feldern etablieren. Ihre Anwendung besteht in der Konstruktion spezifischer räumlicher Gesamtheiten. Die Koloreme sind durch drei Gruppen syntaktischer Regeln miteinander verbunden:“

 

(1) topologische Regeln

(2) Gestaltrelationen

(3) Gesetze der Interaktion von Farben

 

Mit der Bezugnahme auf die „perzeptuellen Mechanismen“ wird die Wahrnehmungsnähe der diagrammtischen Ordnungsmuster angesprochen.

 

Das führt mich nun zur Fragestellung, wie man unter diesen Voraussetzungen eine Brücke zum Syntax- und Grammatik-Begriff der Verbalsprachlichkeit schlagen kann.

Im selben Ausmaß wie zahlreiche Bildtheoretiker und Bildpraktiker skeptisch reagieren, wenn die Semiotik mit ihrem zeichenorientierten Zugang alles zudeckt, könnte Widerstand gegen einen voreiligen Syntax-Begriff angebracht sein.

 

Die Sachlage bzgl. Syntax und Grammatik ist in keiner Weise klar geregelt und leider konnte kein Beitrag im Sammelband „Bildgrammatik“ (Hg. Sachs-Hombach & Rehkämper) wirklich eine Klärung herbeiführen – die Bemühungen stehen also erst am Anfang.

 

In einem ersten Schritt möchte ich mit Hilfe der Atmosphäriker, also leiborientierter Ansätze jenen Bereich konkreter abgrenzen, zu dem die Syntaktik wenig beizutragen hat.

 

Anhand von Beispielen aus dem GIS-Bereich und speziellen Fachdiagrammen möchte ich klären, wo der Syntax-Begriff sinnvoll einsetzen könnte und ob im Bereich der Bilder/Diagramme es nicht zielführender wäre, je Anwendungsfeld von einer eigenen/speziellen Syntax zu sprechen, was natürlich eine einheitliche/übergreifende Syntax ausschließen würde.

 

Hat der (aus der Sprachwissenschaft übernommene) Anspruch einer einheitlichen/übergreifenden Syntax oder gar einer generativen Grammatik eventuell gar dazu geführt, daß man sich mit aller Kraft an jene Bereiche der Wahrnehmung festkrallen will, die mit mehr oder minder harten Fakten belegbar sind?

 

Warum versucht man satzartige Gebilde in Bildern wieder zu finden?

 

Reicht es jene Bereiche mit dem Begriff der Syntax zu besetzen, der in hohem Grad semantikfrei

gedacht werden kann?

 


 

Begriffliche Klärung mit John Lyons (Semantik und Grammatik I)

 

Lyons: „Unter der Voraussetzung, daß Kategorien wie Substantiv, Verb, Adjektiv usw. in der Analyse einzelner Sprachen syntaktisch zu rechtfertigende Kategorien darstellen, können wir sagen, daß die syntaktischen Regeln in jedem Modell eines Sprachsystems die Funktion haben, für wohlgeformte Kombinationen von Substantiven, Verben, Adjektiven usw. zu sorgen und darüberhinaus für jedes Lexem, das in diesen wohlgeformten Kombinationen erscheint, die morphosyntaktischen Eigenschaften anzugeben.

Daß in einer bestimmten Position ein bestimmtes Lexem und nicht ein anderes selegiert werden muß, um einen akzeptablen Satz zu produzieren, fällt nicht mehr in den Bereich der Syntax.

Zur Syntax gehört aber, daß die Lexeme einer bestimmten Wortart angehören.“

 

Beispiel: Der Satz „Milch wird faul“ ist eine wohlgeformte Kombination von Kategorien !

 

Lyons – Definition: „Unter Syntax einer Sprache  soll eine Menge von Regeln verstanden werden, die die Distribution von Wortformen in den Sätzen der Sprache in Form erlaubter Kombinationen von Wortformklassen angeben.“

 

Verschiedenste Fachsprachen

Im Rahmen der Verbalsprachlichkeit, kann jeder Fachbereich, jede Wissenschaft, jeder Alltagsbereich mit diesem Regelwerk (der Syntax) leben. Die fachliche Differenzierung erfolgt auf der Ebene der Fachsemantik.

 

Im Bereich der visuellen Repräsentation stellt sich die Sachlage aber ganz anders dar.

Verschiedenste Gestaltungs- und Wissenschaftsbereiche haben für ihre graphischen Darstellungen eigene Konventionen erarbeitet. Jede graphische Repräsentationstechnik ist eigens zu lernen.

 

Syntaktische Regeln die für einen Projektplan oder einen Prozeßgraphen gelten, sind für technische Zeichnungen, Kartenwerke oder Geschäftsdiagramme wenig relevant.

Das heißt: Graphische Fachmethoden zeichnen sich durch eine je spezifische Syntax aus !

 

Auch wenn Netzstrukturen sehr allgemein einsetzbar sind, werden mit der Festlegung des Knoten/Kanten-Modells andere Repräsentationstechniken (wie die techn. Zeichnung) ausgeschlossen. Syntax_1 schließt also Syntax_2 in der Regel aus.

 

Man könnte das Zitat von Lyons nun modifizieren, um zu studieren, was das für die Komponenten eines Netzgraphen heißen könnte.

 

DG: „Unter der Voraussetzung, daß Kategorien wie Knoten, Kanten, ... usw. in der Analyse einzelner (Fach)Sprachen syntaktisch zu rechtfertigende Kategorien darstellen, können wir sagen, daß die syntaktischen Regeln in jedem Modell eines Sprachsystems die Funktion haben, für wohlgeformte Kombinationen von Knoten, Kanten, .... usw. zu sorgen und darüberhinaus für jedes Lexem, das in diesen wohlgeformten Kombinationen erscheint, die morphosyntaktischen Eigenschaften anzugeben.

Daß in einer bestimmten Position ein bestimmtes Lexem und nicht ein anderes selegiert werden muß, um ein akzeptables Netz zu produzieren, fällt nicht mehr in den Bereich der Syntax.

Zur Syntax gehört aber, daß die Lexeme einer bestimmten Elementart angehören.“

 

Die Repräsentationsform „Netz“ wurde also noch in keiner Weise fachlich/semantisch belegt. In der Position der Knoten und Kanten kann man sich die unterschiedlichsten Elemente (diskrete Einheiten) eingesetzt vorstellen.

Die Repräsentationsform kann natürlich weiter ausgestaltet werden, indem Knotentypen und Kantentypen vereinbart werden, Kanten eine Richtungsinformation bekommen etc.

 

Ähnliches könnte man zB. für Datenbanktabellen durchspielen also für Spalten/Attribute Zeilen/Relationen, Wertelisten, .... ohne auf  konkrete Inhalte zusprechen zu kommen.


 

Was heißt es nun diese noch sehr allgemeine Repräsentationsform „Netz“ fachlich auszuprägen?

In dem die Knoten(symbole) als Teilaufgaben und Meilensteine typisiert werden, die Kanten als Abhängigkeit gedacht werden und eine zeitliche Richtung vereinbart wird, spezialisiert man das Netz als graphische Methode der Netzplantechnik.

Das abstrakte (nahezu) ungestaltete Knotenelement wird in 2 graphisch unterschiedliche Knotengestalten differenziert. Das (nahezu) ungestaltete Kantenelement, wird graphisch pfeilartig ausgeprägt und darf nur noch in einer definierten Richtung angewendet werden.

 

Aus einer noch sehr allgemeinen Netz-Syntax_N wurde eine speziellere Netzplan-Syntax_N.1.

Die wohlgeformte Kombination von Kategorien ist also bei diesen zwei „Stadien“ in unterschiedlicher Qualität geregelt.

 

Genau an der Schwelle von N zu N.1 kam methodische Fachsemantik ins Spiel.

 

Nun ist der potentielle Graph methodisch definiert.

 

Im nächsten Schritt könnte ein Informatik-Fachberater einen Musterablauf spezifizieren, der als Vorlage für konkrete Projektarbeit herangezogen würde. Für den Projekttyp „Software-Entwicklung“ würde ein Set von Teilaufgaben und Meilensteinen beschrieben, die auf jeden Fall zu durchlaufen wären.

Dieses Referenzprojekt (die Referenzsemantik) wäre der Rahmen für die Festlegung des Ablaufes

für ein konkret anstehendes Buchhaltungsprojekt .... etc.

 

Aufbauend auf der Netzplan-Syntax_N.1 wäre also ein Projektrahmen entstanden, der

aus der Sicht einer fachlich wohlgeformten Form als Referenznetz (als differenzierte Methode) bezeichnet werden könnte. Ob es hier Sinn macht von einer Netzplan-Syntax_N.1.1 zu sprechen oder von einer projekttypen-spezifischen Fachsemantik soll noch geklärt werden.

 

Wenn man von den graphischen Elementen ausgeht, könnte man sagen, daß die Diagramm-Syntax dort endet, wo die graphische Differenzierung endet.

Da bei N.1. graphisch unterschiedene Knoten definiert werden und bei N.1.1 keine graphischen Unterscheidungen vorgenommen werden, ist die Reichweite der Bild-Syntax an der Grenze zwischen N.1 und N1.1 anzusetzen.

 

Ist damit auch formuliert, daß die gesamte grafische Differenzierung der Diagramm-Syntax zugeordnet wird?

Formulieren wir also testweise folgende methodisch sinnvolle Zusatzregeln:

R1: ein Meilenstein, darf nur über Teilaufgaben mit einem anderen Meilenstein vernetzt sein

R2: Aufgaben müssen immer in zumindest 2 Kanten eingebunden sein

R3: Netze dürfen nur mit Meilensteinen beginnen und Enden

 


 

Das hier formulierte (syntaktische) Regelwerk drückt Kombinations- bzw. Formationsregeln aus, die sich auf die definierten Knotentypen beziehen. Damit können wir mit Hilfe der Definition von Lyons feststellen, daß wir uns noch immer im Rahmen der Syntax-Definition bewegen.

 

DG: „Unter der Voraussetzung, daß Kategorien wie Knotentypen, Kantentypen, ... usw. in der Analyse einzelner (Fach)Sprachen syntaktisch zu rechtfertigende Kategorien darstellen, können wir sagen, daß die syntaktischen Regeln in jedem Modell eines Sprachsystems die Funktion haben, für wohlgeformte Kombinationen von Knotentypen, Kantentypen, .... usw. zu sorgen und darüberhinaus für jedes Lexem, das in diesen wohlgeformten Kombinationen erscheint, die morphosyntaktischen Eigenschaften anzugeben.

Daß in einer bestimmten Position ein bestimmtes Lexem und nicht ein anderes selegiert werden muß, um ein akzeptables Netz zu produzieren, fällt nicht mehr in den Bereich der Syntax.

Zur Syntax gehört aber, daß die Lexeme einer bestimmten Elementart angehören.“

 

Die Knotensymbole sind nun semantisch als Aufgaben/Meilensteine definiert. Das drückt sich in einerseits in der graphischen Gestaltung aus und außerdem hat man so eindeutig den „Einsetzpunkt“ der Semantik aufgezeigt.

 

Neben der symbolisch ausgestalteten Semantik hat man zusätzlich eine „Lagesematik“ mit eingeführt. Durch den Verlauf bzw. durch die Ausrichtung der Kanten/Pfeile ist die zeitliche Grundorientierung in einer räumlichen Lage repräsentiert.

 


 

Atmosphärischer Einschub

Da sich einige Theoretiker für die Bildsyntax auf Wahrnehmunsqualitäten stützen, soll zur weiteren Schärfung der Formulierungen die Atmosphärik kurz zu Wort kommen.

 

Gernot Böhme beschreibt im Kapitel „Eigenschaften als Ekstasen“ seiner „Aisthetik“ die Art und Weise wie Dinge aus sich heraustreten als Ekstasen.

 

E1) Farben sind prototypisch für Ekstasen. Physikalisches Wissen spielt in der Farbwahrnehmung keine Rolle. ... „Vielmehr scheinen die Dinge in bestimmten Farben, sie sprechen uns mittels ihrer Farben an, kommen gewissermaßen farbig auf uns zu.“

 

E2) „Geruch und Stimme sind also charakteristische Weisen, in denen die Dinge ihre Anwesenheit markieren, und zwar als sie selbst bis zur schlechthinnigen Singularität. Sie sind deshalb unstrittig Beispiele für Ekstasen.“

 

E3) „Schwere als Ekstase verstanden artikuliert sich über Weisen des Aufruhens, auch der Volumengestalt, der Linienführung,  entsprechend natürlich auch von Leichtigkeit.“

 

E4) Ekstase der Mächtigkeit bzw. Voluminösität

„Voluminösität und Mächtigkeit wird in besonderem Maße leiblich gespürt. Was da gespürt wird, ist nicht eigentlich der Raum, den das Ding real einnimmt – sondern gewissermaßen der Raum, den es beansprucht“.

 

E5) „Schließlich ... die Gestalten. Dabei ist sowohl an Raumgestalten als auch an Linienführungen in der Ebene zu denken. Hier sind wir die Herrschaft der Geometrie gewohnt, sie als objektive Eigenschaften anzusehen. Ästhetisch gesehen geht es aber darum, wie sie wirken, d.h. was eine Linienführung ausstrahlt, wie sie einen Raum zur spürbaren Anwesenheit von etwas macht. ...

Die ekstatische Wirkung ... wird direkt dadurch erfahren, wie man Linienführung spürt. Dafür haben wir bereits einen Begriff eingeführt, nämlich den der Bewegungsanmutung. ....

Ihr Schwingen, ihr Aufstreben, ihr Geknicktsein werden dynamisch erfahren im virtuellen Mitvollzug.“ ... „Auch Gesten erzeugen natürlich Bewegungsanmutungen“

 

Im Sinne der Kompaktheit darf ich auf ausführlichere Zitate verzichten. Mir geht es hier an dieser Stelle darum, an die leibliche Bestimmtheit, an die räumliche Ergossenheit, .... und ähnliche Fragestellungen und vor allem an die vorsemiotischen Phasen der Wahrnehmung zu erinnern !

Auch gilt es zu wiederholen, daß gerade für diese Bereiche der Wahrnehmung die Verbalsprachlichkeit sehr wenig zu bieten hat.

 

Warum nun die Bezugnahme auf die Atmosphärik? Vor allem geht es mir darum, mit Topologie, Geometrie, Mathematik, Syntax und Logik nicht völlig im kristallinen Eck der Repräsentation kleben zu bleiben.

Gleichzeitig soll gezeigt werden, daß jene Bereiche, die für die Bild-Syntax reklamiert wurden,

ebenso gut der leiblichen Wahrnehmung zugeordnet werden könnten. Zur Erinnerung:

 

Evelyn Dölling (Beitrag in: Bildgrammatik): „Die Koloreme sind durch drei Gruppen syntaktischer Regeln miteinander verbunden:“

 

(1) topologische Regeln

(2) Gestaltrelationen

(3) Gesetze der Interaktion von Farben

 

Die Kräfte der Farben, Gestaltbildung und Gestaltrelationen und der topologische Lageverhältnisse können ohne weiteres auch „atmosphärisch“ formuliert werden. Der Unterschied besteht aber darin, daß in der Atmosphärik nicht der Versuch unternommen wird, auf dieser Basis eine Grammatik oder Syntax zu formulieren.

 

In diesem Sinne finde ich es daher sinnvoller von Wahrnehmungsgrundlagen zu sprechen und von dort ausgehend über kulturelle Wahrnehmungskonventionen nach und nach auch syntaktische Konstellationen anzusprechen.

 


 

Schematischer Versuch einer Abgrenzung

Da man in Beiträgen zur Bildgrammatik immer wieder auf „Klassiker“ wie den goldenen Schnitt zurück kommt, möchte ich eine grobe Gegenüberstellung bzw. Abgrenzung versuchen.

 

Evelyn Dölling : ... die visuelle Grammatik hat ihre Grundlagen in der Spezifik visueller Wahrnehmung.  D.h. ... die Wahrnehmungsgesetze sind integraler Bestandteil der syntaktischen Strukturen, weil sie allein zu wirklichen oder möglichen Arten der Beziehungen zwischen den Elementen in einem Bereich beitragen.

 

Evelyn Dölling sieht die Wahrnehmungsgesetze als integralen Bestandteil der syntaktischen Struktur. Mit gleichem Recht kann man formulieren, daß alle wahrnehmbaren Erscheinungen, also die Strukturen der Realweltobjekte integraler Bestandteil der syntaktischen Struktur sind (denn immerhin hat sich unsere Wahrnehmung in diesem Kontext entwickelt).

Nur bringt uns das wirklich weiter? Im Grund wird ja nur die Relevanz der visuelle Wahrnehmung thematisiert.

 

Steffen Bogen: Der Begriff „signifikante Einheit“ soll die Grundüberzeugung zum Ausdruck bringen, daß die primären Einheiten der Bildbetrachtung keine „sensorischen Daten“ sind, die sekundär „weiterverarbeitet“ werden.

 

organisch implementierte

Wahrnehmungsmechanismen /

leiblich verankerte Wahrnehmung

kulturelle Konventionen

Syntax je Schematyp

Blickrichtungen in der Natur

 

Projektionen je Schematyp

Ordnungsmuster aus der Natur

 

Grundgestalt je Schematyp

Schwerkrafterfahrung

 

 

Horizontwahrnehmung

(oben/unten Orientierung)

Leserichtung:

links/rechts (Europa)

oben/unten (Asien) etc.

mit und gegen den Uhrzeigersinn  (jüdisch)

Achsenkonstruktionen in diversen Diagrammen

 

Zeitliche Abfolge in Leserichtung

Repräsentation von Zeitlichkeit in diversen Diagrammen

Topologie

 

Achsenkonstruktionen und Referenzsysteme in diversen Diagrammen

Gestaltgesetze

Figur/Grund-Beziehung

Kontrast

Zentralität

Goldener Schnitt (als Ideal)

Zentralität als Hierarchie

Elementetypen und Anordnungsprinzipien je Schematyp

Ontologie und Ästhetik der Dinghaftigkeit – Das Ding und seine Ekstasen

Thematisierung des Zwischen

MA

 

Farbwahrnehmung entspr. der Farbspektren der Natur

kulturell bevorzugte Ausschnitte der Farbspektren

Farbcode je Schematyp

 

Meine zentrale Frage bleibt also nach wie vor: Macht es wirklich Sinn, alle hier angeführten Aspekte einer Bildsyntax zuzuordnen ?

 

Oder anders formuliert: Warum haben alle Beiträge im Sammelband „Bildgrammatik“ und das Kapitel „Bildsyntax“ (Sachs-Hombach / Das Bild als kommunikatives Medium) praktisch kaum etwas für die verschiedensten Schematypen der Diagrammatik zu bieten?

Wurde genau jene Bildart (die „Strukturbilder“) aus der Analyse ausgeklammert, die auch den Schlüssel zur Syntax bieten könnte?

 

In den diversen Beiträgen wird praktisch jeder (hier in der Tabelle) angeführte Aspekt dem Bereich der Bild-Syntax zugeordnet, was ich in der derzeit formulierten Form nicht als wirklich nützlich erachte.

 


 

Diverse Zitate zur Bildsyntax und Bildgrammatik

Bevor ich mit Hilfe der Texte von John Willats einen ganz anderen Versuch unternehmen werden, sollen einige Zitate aus den eben genannten Büchern kurz angesprochen werden.

 

Sachs-Hombach: Eine Bildsyntax gibt es nur im formalen und im morphologischen Sinne.

 

morphologisch = die äußere Gestalt betreffen; der Form nach

 

Sachs-Hombach: Eine Bildsyntax im formalen Sinne untersucht die für Bildsysteme notwendigen Eigenschaften, die Bilder unabhängig von ihrer Bedeutung und Verwendung haben.

 

Für das oben angeführte Netz-Beispiel wäre das die Netz-Syntax_N. Jeder weitere Schritt bezieht sich ja bereits auf eine konkrete fachliche Verwendung. Das bedeutet aber, daß mit dieser Definition der Syntax nahezu das gesamte Betätigungsfeld entzogen wird. Gleich anschließend formuliert Sachs-Hombach eine zweite Definition:

 

Sachs-Hombach: Eine Bildsyntax im kombinatorischen Sinn untersucht das Regelsystem (bzw. die

Grammatik), nach dem elementare Einheiten eines Bildalphabets zu komplexen Bildern kombiniert werden können.

 

Variante (DG): „Eine Diagrammsyntax im kombinatorischen Sinn untersucht das Regelsystem (bzw. die

Grammatik), nach dem elementare Einheiten zu komplexen Diagrammen kombiniert werden können.“ -

Beim oben angeführten Beispiel unterscheidet sich die Phase N.1 von N.1.1 genau in diesem Sinne. Es wurden Zusatzregeln formuliert, um die Kombinierbarkeit zu regeln. Im Sinne von Sachs-Hombach hätte man also eine Grammatik definiert.

Für praktisch alle Schematypen wäre also die „Bildsyntax im kombinatorischen Sinn“ von Bedeutung.

 

Sachs-Hombach: Üblicherweise unterscheiden wir gar nicht zwischen grammatisch korrekten und grammatisch unkorrekten Bildern.

 

Auch wenn der Sprung von der Syntax zur Grammatik ein großer ist, könnte mit Lyons gezeigt werden, daß es auch grammatisch unkorrekte Bilder gibt. Auch die Definition von Sachs-Hombach spricht ja ein Regelsystem als Grammatik an.

Und gegen diese Regeln kann man verstoßen, was zu grammatisch unkorrekten Bildern führt.

So wie am Beispiel der Netzplantechnik klar gezeigt werden kann, daß es syntaktisch unkorrekte Bilder gibt. Einzige Voraussetzung: Man muß diese Schematypen als Bildtypen akzeptieren und in die Analyse einbeziehen.

 

Sachs-Hombach: Die Kunstgeschichte kennt bereits vielfältige Unterscheidungen zwischen Linienqualitäten. In der formalen Ästhetik hat Riegl die Qualitäten des Malerischen und des Haptischen unterschieden, die Wölfflin zu einem umfangreichen Kategoriensystem formaler Eigenschaften pikturaler Relationen erweitert hat.

 

Die Beiträge der meisten Kunsthistoriker (auf den Bildtagungen) waren in Bezug auf die hier angesprochenen Linienqualitäten primär auf Ausdruckswerte (den Duktus) und Fragen der Kontur und Spur bezogen. Nur bei der Diskussion der Maschinenzeichnungen (u.a. durch Steffen Bogen) kamen auch Qualitäten zur Sprache, die für jede schematische Zeichnung von Bedeutung sind.

 

Sachs-Hombach: Nach Schlier gibt es keine Bildgrammatik, das System bildhafter Zeichen zeichnet sich aber wie dasjenige sprachlicher Zeichen durch Kompositionalität aus. ... Der Unterschied zu sprachlichen Zeichen besteht dann vor allem in der besonderen Art der Kompositionalität.

 

Es ist nicht uninteressant, daß am Ende des Syntax-Kapitels die Bildgrammatik in Frage gestellt wird und als Ersatz der Begriff der Kompositionalität ins Spiel kommt. Die Formulierung wäre noch in der Hinsicht auszubauen, daß verschiedenste Repräsentationstechniken (der Diagrammatik, aber auch der mimetischen Bilder) sehr unterschiedliche Kompositionalitäten zu bieten haben. Siehe im Detail: John Willats

 

Martina Plümacher: Syntaxforschung besteht allgemein besehen in der Erforschung struktureller Elemente und ihrer Kombinationsmöglichkeiten im Rahmen eines bestimmten Zeichensystems. Ihr Ziel ist es, die Prinzipien und Regeln der Kombination aufzuweisen, die im Gebrauch dieses Systems zum Tragen kommen ...

Um möglichst allgemeine Regeln der formalen Struktur herauszukristallisieren, bietet es sich an, zunächst von allen Bedeutungsaspekten der Strukturierung zu abstrahieren.

 

Bis auf die Einschränkung auf ein bestimmtes Zeichensystem ist diese Formulierung sehr allgemein verwendbar.

 


 

Evelyn Dölling: ... die Begriffe der logischen Syntax (zum Beispiel: Formationsregeln und Transformationsregeln, einfache Ausdrücke und Sätze, Folgebeziehungen, Wahrscheinlichkeitsbeziehungen, Beweis, Ableitung ...) ....

 

Mit Ch. S. Peirce, aber auch mit Wittgenstein kann für Fragestellungen der Mathematik, Logik, Informatik, Kognitionstheorie die Relevanz verschiedener logikorientierter Graphentypen gezeigt werden. Aber auch Architektur-Theoretiker wie Eisenman haben zum Thema Transformationsregeln einiges zu sagen. Eisenman gilt ja als der performative Diagrammtiker schlechthin.

 

Evelyn Dölling: Syntax visueller Zeichen nach Saint-Martin: ... nimmt ihre Anleihen in der Linguistik, hat aber ihre Grundlagen in der Topologie und Gestalttheorie. ...  die relevanten Grundelemente werden aber anders bestimmt, als in der verbalen Grammatik.

 

Der Ansatz von E. Dölling wurde bereits an zwei Stellen als Ausgangspunkt verwendet.

 

Evelyn Dölling : ... ein (nach Saint-Martin) fundamentaler Unterschied zwischen verbaler und

visueller Grammatik: ... hat den Ursprung in der Tatsache, daß die visuelle Sprache eine Sprache des Raumes ist, während die verbale Sprache durch Linearität gekennzeichnet ist,

was zur Folge hat, daß erstere durch die ... Gesetze der Topologie und Gestalttheorie geleitet ist.

 

Diese Formulierung scheint mir auf jeden Fall bedeutsam zu sein. Speziell über diagrammatische Ansätze aus dem Architekturbereich läßt sich zeigen, daß die Diagrammatik nicht nur auf die Fläche beschränkt ist.

Weiters möchte ich auf das Buch >Real Space< von David Summers hinweisen, der die verschiedenen Bildkulturen auf räumliche Aspekte zurückführt. Ähnliches gilt auch für die Analyse der „Drawing Systems“ bei John Willats.

 

Syntagma

Zusammengestelltes, Sammlung

zusammengehörende Wortgruppe, die nicht Satz ist

die Verbindung von sprachlichen Elementen in der linearen Redekette

 

Von Felix Thürlemann wird der Syntagma-Begriff mit ins Spiel gebracht. In den meisten Fällen sind die Versuche sprachwissenschaftliche Konzepte auf Bilder zu übertragen eher unglücklich verlaufen. In umgangsprachlicher Lesart kann man die hier formulierte Form der Zusammenstellung bzw. der Zusammengehörigkeit für einige der Schematypen akzeptieren.

 

syntagmatische Strukturen des Bildes

Barbara Mackert  (Ansatz von Thürlemann): ... Bei diesem Ansatz wird davon ausgegangen, daß bereits die syntagmatischen Strukturen des Bildes, als Verknüpfung relevanter Ausdruckskategorien – eidetische und chromatische – erfaßt und ohne Hilfe einer figurativen Lektüre inhaltlich gedeutet werden kann.

Syntagmatische Strukturen lassen sich als kompositionelle Schemata im bildlichen Bereich verstehen, welche wie Satzbaupläne im sprachlichen Bereich schon allein in ihrer jeweiligen Ausprägung bedeutungstragend sind.

 

Die Analysen von Felix Thürlemann und Steffen Bogen zeigen, daß der hier formulierte Anspruch auch umsetzbar ist.

An dieser Stelle kann aber nur auf die entsprechenden Beiträge der Autoren verwiesen werden.

Die Beiträge zeigen in welcher Form die Grundlagen für eine relevante inhaltliche Leseart gelegt werden.

 

Barbara Mackert: Im Bereich der bildenden Kunst ist der Ausdruck „syntagmatisch“ demnach bezogen auf die semiotische Sichtweise, ein Gemälde als Bildtext zu betrachten. Dabei geht es um die Relationen zwischen den einzelnen Bildzonen oder Bildkonfigurationen.

Hier kann es sich jeweils um kontrastive Verhältnisse oder um Zusammenhänge bzw. Verknüpfungen zwischen diesen Bildelementen handeln.

Kompositionelle Schemata im bildlichen Bereich sind nach dieser Auffassung immer bedeutungstragend und damit semantisch.

 

Auch ohne auf die Semiotik Bezug zu nehmen (in dem man von Bildzonen und diskreten Einheiten spricht), schmälert man den Ansatz zum kompositionalen Schema in keiner Weise.

 

Thomas Hölscher: (zum späten Wittgenstein) ... Wie aber versteht man Bilder (und Melodien und Gesten und Gedichte und schließlich auch Sätze), wenn man sie aus dem Klammergriff derPropositionalität“ (logisch-syntaktische Regeln, „logische Form“ und Isomorphie) hinausgwunden hat (bzw. es sich – jetzt – erweist, daß Sprachformen wie Gesten und Gedichten, aber im Grunde doch auch Bildern, immer nur schwierig ein solcher „propositionaler Gehalt“ zuzuweisen war) ?

 

Das ist eine sehr spannende Fragestellung, an der sich die gesamte KI-Forschung die Zähne ausgebissen hat. Auf diese Schlüsselfrage soll im Rahmen der semantischen Betrachtungen zurück gekommen werden.


 

Thomas Hölscher : ... verschiedene Betrachtungen (von Wittgenstein) verweisen auf die relative Irrelevanz von so etwas wie „interner Eigenstrukturfür die Bedeutungsmöglichkeiten eines Bildes. Daß nämlich Bilder (Wörter, Töne, Gesten) für Wittgenstein keine „Objekte“ sind, die mittels Internanalyse zureichend erfaßt werden könnten, sondern Bestandteile von Operationen, prozessierte Zeichen.

Hier kippt jede Idee von Bildgrammatik, soweit sie derart objektfixiert, ja geradezu objektfixierend vorgeht. Etwas anderes ist eine „Grammatik“ von Situationen, Lebensformen, Prozessen.

 

Das finde ich sehr spannend, denn es wäre damit die Möglichkeit offen, mit performativen Ansätzen auch der Grammatik näher zu kommen. Leider gilt auch hier wieder anzumerken, daß die Sammelbände zur Bildpragmatik nicht am letzten Stand der performativen forschungen sind und für den Bereich der Bildsyntax praktisch nichts zu bieten haben.

 

Thomas Hölscher : ... Eine „Grammatik“ von Situationen, Lebensformen und Prozessen ... gehört nach Wittgenstein keineswegs in den Bereich der „Pragmatik“, wie man annehmen könnte, da seine Vorstellung von Grammatik die semiotische Unterteilung von Syntax, Semantik, und Pragmatik unterläuft und unterminiert, da vor ihr ansetzend, mit dem Ziel eines gehaltvollen, d.h. nicht-formalen Konzepts vom „Operieren“ mit Zeichen: vom Zeichenprozessieren.

 

Thomas Hölscher findet bzgl. der Relevanz der Bildpragmatik spannende Worte. Auch ich hege die Hoffnung, daß Theoretiker die sich den Wittgenstein-Ansätzen verpflichtet fühlen auch im Feld der Bild/Diagramm-Forschung etwas zu bieten haben.

 

Andreas Schelske: ... es ist unmöglich, ein Lexikon der Bildbedeutungen zu erstellen, indessen ist ein Lexikon der syntaktischen Stile in der Bildnerei durchaus denkbar.

 

Vergleiche dazu die Analysen von John Willats.

 

Vor der semiotischen Unterteilung ansetzen / Semiotik-Kritik

Thomas Hölscher: In seinem Spätwerk hält Wittgenstein Ausschau nach einer Grammatik für Bilder (aber nicht nur diese allein) in Situationen, Prozessen, Kontexten, welche vor der semiotischen Unterteilung in Syntax, Semantik und Pragmatik ansetzt.

 

Situationen =>             Atmosphären, Lokationen

Prozessen =>               Sprachspiele, Performativität

Kontexten =>               Sprachspiele, Familienähnlichkeit, Lebensformen

 

Thomas Hölscher (zu Wittgenstein): Man könnte auch von einer „Modelltheorie der Sprache“ sprechen, oder von einer „Diagrammtheorie der Sprache“ (nach Dummett) oder sogar von einer „Maßstabstheorie der Sprache“ – die Verwendung von „Maßstab“ für „Bild“ spielt Wittgenstein selbst ... durch.

 

Nachdem (in den nächsten Jahren) im Bereich der Diagramm-Forschung relevante Fortschritte gemacht sind, könnte es sehr spannend sein, die Verbalsprachlichkeit diagrammatisch zu analysieren. Das kann vom gestischem Ursprung der Syntax bis zur räumlichen Codierung zB. der deutschen Sprache gehen.

 


 

Aspektsicht

Die Aspektsicht bietet eine weitere Möglichkeit Bildelemente bzw. bestimmte Eigenschaften wahrnehmungsnahe anzusprechen ohne sofort die Syntax und die Semantik ins Spiel zu bringen.

Für die Rezipienten könne bestimmte Aspekte gezeigter Bilder schon allein dadurch herausgestrichen werden, indem Bildsequenzen oder Bildcluster gestaltet werden, die den

jeweiligen Aspekt thematisieren.

 

Die Begrifflichkeit des „Aspekts“ scheint mir auch sehr gut geeignet zu sein um differenzierte Bildbetrachtungen zu formulieren, ohne gleich auf die Begriffe Zeichen und Bildelement zurückgreifen zu müssen. Der Aspektbegriff kann sich auf jede Eigenschaft aber auch auf Bildstellen beziehen.

 

Aspekte von Bildern (Verankerung in der Wahrnehmung)

Ulrike Ritter: Mit Wittgenstein lassen sich drei Formen von Aspekten unterscheiden:

(1) Strukturelle Aspekte von Bildern

(2) auf Eigenschaften bezogene Aspekte von Bildern

(3) und erfinderische und gestische Aspekte von Bildern.

Letztere stellen sich als kleinste grammatische Einheiten dar, von denen aus eine grammatische Struktur von Bildern konzipiert werden könnte.

 

Ulrike Ritter: Aspektsehen:

Aspekte werden nicht in Bilder hineingelesen, sondern direkt in den Bildern gesehen.

(Vergleiche dazu: Das Bild spricht uns an)

Ulrike Ritter: Ein wesentliches Merkmal von Aspekten ist, daß sie keine nachträgliche Interpretation eines Bildes darstellen, sondern eher die unumgängliche Begrifflichkeit der Wahrnehmung aufweisen.

 

Aspektsehen als Strukturverstehen

Ulrike Ritter: Da es um eine Gleichheit der Formen geht und um ein begrifflich bestimmtes Erkennen, läßt sich dieses Aspektsehen mit einem Strukturverstehen von Sätzen vergleichen.

Ulrike Ritter: Das Strukturverstehen von Sätzen ist dem Strukturverstehen von Bildern bzw. Aspektsehen von Bildern vergleichbar. In beiden Fällen wird ein Darstellungsgegenstand durch eine Übereinstimmung von Formen identifiziert.

Auch ist in beiden Fällen das Verfahren syntaktisch, da sowohl die formalen Begriffe als auch die „Objekte“, die ein aspektuelles Bild exemplifiziert, keine semantischen Denotate dieser Bilder sind.

(verglichen werden strukturelle Aspekte der Bilder: Vergleiche dazu Vorgangsweise bei der Diagrammatik-Studie und der PKW-Studie)

 

Aspekte und ihre Verwandtschaft mit grammatischen Merkmalen

Ulrike Ritter (01):

Daß Exemplifikation und Aspektualität überhaupt miteinander verglichen werden können, ist wichtig, weil Aspekte „syntaktischen“, d.h. genauer „grammatischen“ Merkmalen verwandt sind.

Die einzelnen Formen und Eigenschaften in Bildern, die exemplifiziert werden, strukturieren das Bild. Diese Struktur ist ebenso klar und nachvollziehbar, wie die grammatische Struktur  eines Satzes. (Vergl. Studie zur Diagrammatik)

 

Bedeutungswandel im Kontext / Strukturelle Ausgestaltung der Kontextualität

Ulrike Ritter (01):

Grammatische Strukturen und Anordnungen sind wichtig für den Begriff, den ein Wort im Satz konstituiert, nachvollziehbar an Worten wie „sondern“, das als „trennen von“, „abscheiden“, „unterscheiden“ oder als „nicht nur, sondern auch“, „aber“, „außerdem“ verstanden werden kann.

 

(Anmerkung: im Prinzip ist hier die Kontextualität angesprochen)

 

Ebenso wichtig sind die grammatischen Strukturen für den Begriff vom Bildinhalt, den man aufgrund einer aspektuellen Betrachtung bildet.

 

(Anmerkung: Jede Clusterung führt zu Bedeutungsübertragungen; Bilder können sich wechselseitig erklären; bestimmte Aspekte werden durch die Nebeneinanderstellung sichtbar, bzw. „springen heraus“) (Die Struktur bzw. die Anordnung ist natürlich nie wirklich (inhaltlich) neutral).


 

Aspektwahrnehmung und Warburg-Methode

Ulrike Ritter: Die einzelnen Aspekte lassen sich verdeutlichen, indem man das Bild durch analoge Bilder umgibt oder auch auf die realen Objekte verweist. D.h., einen Hasenaspekt veranschaulicht man, indem man das Bild umgeben von anderen Hasenbildern zeigt.

Nach Wittgenstein ist es die Strukturähnlichkeit, also die Anordnung einzelner Formen des Bildes im Bild, die den Hasenaspekt erkennbar und vom Entenaspekt unterscheidbar macht.

 

Ulrike Ritter: Welcher Aspekt im Bild gesehen wird, hängt hier jeweils davon ab, welche Eigenschaften als exemplifiziert aufgefaßt werden.

(Vergleiche div. Techniken um in der PKW-Studie bestimmte Eigenschaften/Aspekte hervorzuheben bzw. in den Blick zu bringen)

 

Ulrike Ritter: Eine Kopie hebt keine Eigenschaft eines Bildes besonders hervor.

Sie zeigt die Gleichheit (Gleichwertigkeit) aller Eigenschaften.

Ein anderes Gesicht zeigt gerade das Spezifische des Blicks nicht.

Es könnte aber hilfreich sein, das Bild in eine umfassendere Szenerie einzuweben, also z.B. zu erzählen, der Poträtierte sähe aus wie jemand, der orientierungslos durch die Stadt laufe, verträumt, jugendlich, selbstbewußt, ....

 

Bildkategorien nach Weidenmann

Martin Scholz: Informierende Bilder ... zeichnen sich dadurch aus, daß sie „funktionalisiert“ werden, um den Betrachtern eine Information möglichst effektiv zu vermitteln ( ... sie dienen dem Wissenserwerb). ... Sie lassen sich in drei Kategorien einteilen:

Abbilder, logische Bilder, schematische Bilder

 

 

Bild /vs/ Diagramm ?

Richard Schantz: Bilder unterscheiden sich von Diagrammen durch die größere Zahl von konstituiven Zügen. ... Diagramme sind „verdünnt“; sie symbolisieren entlang relativ weniger Dimensionen. ....

Fülle ist eine Sache des Grades ... Das heißt aber, daß wir mit der Hilfe der Unterscheidung zwischen vollen und verdünnten Symbolen keine scharfe Trennlinie zwischen Bildern und Diagrammen ziehen können.

Vielmehr bildet der Bereich der syntaktisch Dichten Systeme ein Kontinuum, das von verschiedenen Arten von Diagrammen am dünnen Ende über Karten bis zu klaren Fällen von Bildern am dicken Ende reicht.

 

Immer wenn auf die syntaktische Dichte Bezug genommen wird, bleiben die Sätze wie eine Leerformel im Raum.

Diagramme sollten eine in sich homogene Syntax haben. In dieser Hinsicht sind sie syntaktisch „dichter“ als mimetische Bilder! Auf jeden Fall scheint es zB. bei unscharfen Photographien oder bei den meisten malerischen Werken wenig zielführend ganz allgemein von einer syntaktischen Dichte zu sprechen.

 

Martina Plümacher: .... Grammatikalitätsurteile sind stets Urteile in Bezug auf bestimmte natürliche Sprachen. So sollte analog ein Urteil über Wohlgeformtheitsbeschränkungen für Bilder nur zu fällen sein in Bezug auf bestimmte Bildtypen.

Was dafür spricht, ist die Möglichkeit, bestimmte pikturale Darstellungssysteme aufgrund rein struktureller Merkmale zu diskriminieren und zu beurteilen, ob ein Bild ein Exemplar eines dieser Typen ist. (Vergl. die 11 Diagrammtypen) Beispielsweise sind Bildtypen wie impressionistische, pointillistische oder kubistische Gemälde, realistische, auf Zentralperspektive beruhende Darstellungen, Diagramme, Typen von Landkarten und Stadtplänen, Architekturpläne etc. strukturell zu differenzieren. Wie die Struktureigenschaften zu formulieren und zu formalisieren sind, hätte eine empirische Analyse dieser Bildtypen zu beantworten.

 

Siehe im Detail: John Willats