Gerhard
Dirmoser – Linz 12.2004 gerhard.dirmoser@energieag.at
Dank an:
Josef Nemeth (+), Boris Nieslony, Astrit Schmidt-Burkhardt, Kristóf Nyíri, Bruno Latour,
Peter Weibel, TransPublic, Walter Pamminger, Sabine Zimmermann, Tim Otto Roth,
Walter Ebenhofer, Franz Reitinger, Steffen Bogen, Mathias Vogel, Alois Pichler,
Lydia Haustein, Josef Lehner, Bernhard Cella
1. ANLAUF
Ausgehend vom Buch „Der Schacht von Babel“ von Boris Buden
stellte sich die Frage, ob der Begriff der Übersetzung auch für
Bilder/Diagramme eine Verfeinerung der relationalen Sicht ermöglichen könnte.
Übersetzung und Bezugnahme (als
Ausgangsfrage)
Wie kann
man nonverbal sprechen?
Wie kann
man nonverbal Bildmaterial besprechen?
Relationalität als Übersetzung /
Übersetzung als Relationalität
Nicht
jede Form der relationalen Bezugnahme ist eine Übersetzung.
Nicht
jede Form der Übersetzung ist relationale Bezugnahme.
Definitionsversuche zum Begriff „übersetzen“
übersetzen
= (auf)zeigendes Bezugnehmen
übersetzen
= zeigendes Bezugnehmen
übersetzen
= bedeutendes Nebeneinanderstellen
übersetzen
= absetzendes Verlassen
Es geht also darum alle visuellen (performativen)
Techniken der Bezugnahme aufzuschlüsseln.
Jedes Lernen einer Sprache
benötigt die (gestisch) zeigende Bezugnahme, wobei der Handlungskontext (die
Situation) bzw. die Atmosphäre in die Kodierung/Verankerung mit
einfließen.
In der Bild/Diagramm-Diskussion wurde die Bedeutung der
Relationalität schon mehrfach angesprochen. Man könnte also die These
formulieren, daß Diagramme relevante Mittel für Bezugnahmen bieten können. In
der Folge soll es daher um diagrammatische Techniken der
Bezugnahmen gehen.
Über diagrammatische
Bezugnahmetechniken
Diagrammatik
als Bezugnahmetechnik
Jede Bezugnahme in der Realwelt und in mimetischen
Materialien (Bilder, Objekte) kann diagrammatisch gelesen werden. Wichtige Anmerkung:
Die diagrammatische Leseart ist nicht auf die Fläche beschränkt (Siehe
Diagrammatik in der Architektur).
Jede explizit repräsentierte Bezugnahme ist der
diagrammatische Anteil des Bild/Objektes.
Übersetzung als Spiegelung
Betonung/Hinweisung als
Verdoppelung
Was heißt es innerhalb einer Sprache zu übersetzen ?
Gerade
bei komplexen graphischen/schematischen Konstellationen ist es für das
tiefe
Verstehen wichtig, das Grundschema ab- bzw. nachzuzeichnen, also in den eigene
Dialekt
zu übersetzen. Das Selbstverständliche wird reduziert oder gar weggelassen; das
Neue und
Wichtige wird forciert.
Den Sinn des Originals in einem Punkt berühren (wie die
Tangente einen Kreis berührt) (B. Buden mit W. Benjamin)
Kann diese
bedeutsame Berührungssituation auch Bild/Diagramm-Material formuliert oder
sogar
visuell umgesetzt werden? Welche Formen der Übersetzung werden durch „zeigende
Berührung“
repräsentiert?
Gibt es so etwas wie mehrsprachige Bilder ? .... also Bilder,
die die Übersetzung in sich tragen?
Übernahme und Adaptierung als Übersetzung
Die treue
Übersetzung /vs/ die bildstürmerische untreue Übersetzung
2. ANLAUF (Berlin 27.11.2004) Entstanden am Rande der Konferenz
„Linien – ästhetische und epistemische Dimensionen der
Zeichnung“
01 |
situative Lagebeziehung |
02 |
Ähnlichkeitsbeziehung, Verwandtschaftsbeziehung, Analogiebeziehung |
03 |
Körperbeziehung, Referenzbeziehung |
04 |
Selektion, Zusammengehörigkeit, Bestandsrelation |
05 |
Genealogische Beziehung, Verwandtschaftsbeziehung, Relationen in der Zeit |
06 |
Begriffsbeziehung, Gegensatzbeziehung, Bedeutungszusammenhang, argumentative Beziehungen, signifikante Relationen |
07 |
Systemische Beziehung, Prozesszusammenhang, logischer Zusammenhang, logische Relationen (Peirce), Relationen in der Zeit |
08 |
Idealbeziehung, Idealkonstellation, geometrische Relation Topologische Relation (außen vs. innen) |
09 |
Topologische Beziehung |
10 |
Konfigurationsbeziehung, struktureller Aufbau, statische Zusammenhänge |
11 |
Funktionale Beziehung, Stücklistenbeziehung, technische Relationen |
In der Betrachtung „Vom Nutzen schematischer Zeichnungen“
wurden die hier angeführten Beziehungsqualitäten als Vorstellungshilfe
aufgelistet. Hier soll mit weiteren Überlegungen angeknüpft werden.
In den Bild- und Diagramm-Studien und -Ausstellungen, auf die ich mich beziehe,
geht es um analytische Bildzusammenstellungen. Um das ... :
Analytisches Zusammenbringen und Zusammenstellen von Bildern (Vergleiche A. Warburg)
Das analytische Zusammenbringen von diskreten Einheiten.
Das Inbezugsetzen diskreter Einheiten.
Der Begriff
„diskrete Einheit“ hilft die semiotisch überfrachteten Zeichen- und Symbol-
begriffe
vorerst herauszuhalten und Phasen der leiblich bestimmten Wahrnehmung
asemiotisch
(bzw. vorsemiotisch) zu besprechen.
Als diskrete Einheiten können Bilder, Bildstellen (Markierungen), definierte Begriffe,
Umrisse, Sektionen, Bildelemente, Zeichen, .... „eingesetzt“ werden.
Diagrammatische Techniken der Bezugnahme / Diagrammatische Bezugnahmetechnik
Techniken der Inbezugsetzung (als Methoden der AuseinanderSetzung)
Was kann durch Gegenüberstellung aufgezeigt werden?
Ähnlichkeit, partielle Übernahme, Weiterentwicklungen, ...
Die Qualität der Beziehung ist schwer explizit zu repräsentieren.
So erkennen wir die Ähnlichkeitsbeziehung durch die Wahrnehmung der Ähnlichkeit (der diskreten
Elemente). Die Nebeneinanderstellung kann nur den Anstoß zu dieser Wahrnehmung geben.
Die diagrammatische Reihung kann die Wahrnehmung bestimmte Beziehungsqualitäten nahelegen. Grundlage ist aber der geschulte Blick.
Geht es dabei nicht („nur“) um die Diskussion der Ähnlichkeit, dann ist es in vielen Konstellationen notwendig, den relevanten Aspekt herauszustreichen bzw. zu markieren.
Stellvertretend kann ein besonders signifikantes Exemplar herausgehoben (zB. vergrößert oder zentral positioniert) werden. Durch diese Heraushebung wird dann auch die Lesart der anderen Exemplare nahegelegt.
Die Markierung kann auch auf alle präsentierten/aufgelegten Exemplare angewendet werden. So wird (nonverbal) zeigend klar, was hier in den Blick kommen soll.
Entlang der Markierungen können die Exemplare ausgerichtet werden; die Markierungen können aber auch als Knoten eines Beziehungsnetzes fungieren. Man hat damit ein semantisches Netz mit impliziter Semantik realisiert.
Die Techniken der Bezugnahme sind also semantisch sehr offen bzw. abstrakt. Das hat den Vorteil, daß die diagrammatischen Techniken der Inbezugsetzung sehr vielseitig einsetzbar sind. Dieser Vorteil ist aber auch ihr Nachteil: Visuell wenig geschulte Betrachter können auch analytisch konzipierte Bildtableaus solange nicht „lesen“, solange sie die semantische Perspektive nicht
(verbalsprachlich) nachgereicht bekommen.
Diese Schwierigkeit markiert auch den Übergang von „impliziten“ semantischen Netzen zu
semantischen Netzen mit explizit definierter und explizit repräsentierter Semantik. Das kann durch graphisch unterschiedlich ausgeführte (kodierte) Kantentypen inklusive erklärende Legende geschehen, oder durch (verbale) Beziehungsbegriffe, die graphisch direkt auf die Beziehungskanten plaziert werden.
Techniken der Ordnung sind immer (auch) Techniken der Zu-Ordnung
oder Auseinanderhaltung (s.u.)
Diese ZuOrdnung führt zur AnOrdnung und AusRichtung
Praktisch alle 11 Schematypen ermöglichen das Inbezugsetzen diskreter Einheiten bzw.
das analytische Zusammenbringen/Zusammenstellen von diskreten Einheiten.
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
räumliche/örtliche (topographische) Zuordnung (situative Lagebeziehung) |
02 |
vergleichende Zuordnung (Ähnlichkeitsbeziehung, Verwandtschaftsbeziehung, Analogiebeziehung) |
03 |
analogische Zuordnung (Körperbeziehung, Referenzbeziehung) |
04 |
versammelnde Zuordnung (Selektion. Bestandsrelation) |
05 |
reihende Anordnung (Genealogische Beziehung, Verwandtschaftsbeziehung, Relationen in der Zeit) |
06 |
definierende & differenzierende Zuordnung (Begriffsbeziehung, Gegensatzbeziehung, Bedeutungszusammenhang, argumentative Beziehungen, signifikante Relationen) |
07 |
systemische, prozeßorientierte Zuordnung (Systemische Beziehung, Prozesszusammenhang, logischer Zusammenhang, logische Relationen (Peirce), komplexe Relationen in der Zeit) |
08 |
idealkategorische und geometrische Zuordnung (Idealbeziehung, Idealkonstellation, geometrische Relation, Topologische Relation (außen vs. innen)) |
09 |
überlagernde, überlappende, collagierende, verknotende Zuordnung (Topologische Beziehung) |
10 |
aufbauorientierte Zuordnung (Konfigurationsbeziehung, struktureller Aufbau, statische Zusammenhänge) |
11 |
konstruktive, stücklistenorientierte Zuordnung (Funktionale Beziehung, Stücklistenbeziehung, technische Relationen) |
Die Diagrammatik richtet ihren Blick auf das Dazwischen (das „in between“) bzw. auf das unsichtbar Dazwischen-Liegende. Es geht also im hohen Maße um Techniken das Unsichtbare, Dazwischenliegende zu repräsentieren bzw. zu visualisieren.
Natürlich sind dabei auch Begriffe wie Intertextualität, Binnenkontext, Kontextualtität, Rahmung,
Horizont, Perspektive ... etc. von Bedeutung. Hier in dieser Betrachtung soll es aber primär um den diagrammatischen Blick auf die Fragestellung gehen.
Techniken der Ordnung & ZuOrdnung sind immer auch für Repräsentationsfragen nutzbar.
(Siehe dazu: Semantische Netze). Siehe auch unter: Bedeutung einschreiben
Wie kann also das InBetween diagrammatisch in den Blick kommen:
Durch die Techniken der Zuordnung
Durch die Techniken der vernetzenden Zuordnung (Siehe: Lanuage of networks)
Durch die Techniken der Auseinanderhaltung (der gestalteten Distanzierung)
Durch die Abbildung von Kräfteverhältnissen (Siehe: Bezugnahme & Einwirkung -
Diagrammatik als Visualisierung von Kräfteverhältnissen)
Mit Petra Gehring: Diagramme sind Dazwischenschreibungen
Das Dazwischenschreiben, diagrammein, Diagrammfindung
Besser als von Einschreibung (Derrida) .... sollte man von „Dazwischenschreibung“ sprechen und statt von „grammein“ von „diagrammein“ .... (Petra Gehring)
Siehe dazu auch: Bedeutung „einschreiben“ oder „zuschreiben“ (s.u.)
Techniken der Ordnung bieten immer Separationsmöglichkeiten
bzw. Möglichkeiten der Auseinanderhaltung.
Dabei kommt der (gezeichneten) Linie eine wichtige Rolle zu. War es bei der ZuOrdnung
die verbindende Linie (oder die zumindest gedachte „feldhaft“ sich aufspannende Linie), ist
es nun die trennende Linie, die Grenzziehung, die Rahmung, der Container.
to draw a distinction
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
geographisch räumliche Separation |
02 |
ballende, häufende/clusternde Separation |
03 |
figurativ/organische
Separation |
04 |
tabellarische Separation |
05 |
(verzweigend) gliedernde Separation |
06 |
differenzierende Separation |
07 |
prozeßgliedernde, systemisch differenzierende Separation |
08 |
sektorierende Separation |
09 |
schwache Separation
(Vermischung, Faltung) |
10 |
aufbauorientierte Separation |
11 |
komponentenorientierte Separation |
Die Separation, die Abgrenzung bringt topolgisch gesehen Zellen, Zonen, Maschen ..... also Container hervor, die es zu befüllen gilt. Die Befüllung kann mit Abbildungen (Objekte, Materialien,Bildmaterial), Symbolen, Zeichen, Begriffen, ... erfolgen,
Die Techniken der ZuOrdnung und der Separation können auch kombiniert (überlagert) eingesetzt
werden. In der Regel bieten dabei die Container eine gewisse Grundordnung an. Innerhalb dieser Grundordnung, aber auch zellenübergreifend sind dann als Überlagerung zusätzliche Verbindung
graphisch umsetzbar.
In den Mapping-Lectures (TransPublic) wurde folgende Frage aufgeworfen:
Kann die Diagrammatik als die Kunst des Schneidens aufgefaßt werden ?
Die Sicht der Schnitte (als Kontur) war auch in Berlin ein Thema.
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
Abhebende Schnitte (Landkarten
als schichtweise Abtragung) / Schnittlinie der Höhenschichtlinien |
02 |
Trennende Schnitte der Abgrenzung / abschneidende Umfasungslinien |
03 |
Sezierende Schnitte im Bereich body mapping – Freilegungen / Schnitt als Kontur |
04 |
... |
05 |
Schnitte entlange der Zeitachse- Schneidetechnik im Film. |
06 |
Trennende Schnitte der Differenzierung / Kategoriale schnitte / Diskrete Einheiten durch Schnitte bilden |
07 |
Schnitte der Gleichzeitigkeit (Synchronopse)
/ Sicht der Kommunikationsschnittstellen / Zeitliche Schnitte der Meilensteine in ablaufdiagrammen |
08 |
Schnitte als maximale
semantische Auffächerung (Die Welt analytisch „anschneiden“ / Sektorierende Schnitte |
09 |
Materielle Schnitte (tiefe
Schnitte und extreme Faltungen) / Schnittkonturen der Collageteile |
10 |
Plateaus als übergeordnete semantische Schnitte |
11 |
Visuell bestimmte Schnittführung (in techn. Zeichnungen) / Schnitte, Risse und Ansichten in technischen Zeichnungen |
Die bisherigen Betrachtungen galten den statischen Aspekten der 12 Schematypen.
Die Diagramme haben aber auch für dynamische Verhältnisse bzw. für die performative Sicht etwas zu bieten (Vergl. auch Betrachtungen von Steffen Bogen in Magdeburg 11.2004).
Bezugnahme & Einwirkung
Diagrammatik als Visualisierung von Kräfteverhältnissen
(Vergl. Text von Èric Alliez in der Übersetzung von Jean-Claude Bonne „Matisses Diagrammatismus zwischen Linie und Farbe“).
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
Spuren von Kräfteverhältnissen |
02 |
Kräftespiel von verteilten Energiefeldern |
03 |
Körperliche Kräfteverhältnisse |
04 |
entropische Verteilungen |
05 |
Kräfte-Fluß der Abfolge |
06 |
kräftemäßige Entspanntheit komplexer Netzgebilde |
07 |
Kräftespiel in komplexen Systemen |
08 |
In der Regelmäßigkeit der Grundformen (und der Zentralität) gebändigte Kräfte |
09 |
Chaotisches Kräftespiel |
10 |
architektonische Kräfteableitungen (Stützungsverhältnisse) |
11 |
konstruktiver Umgang mit realen Kräfteverhältnissen |
Mit den „diskreter Einheiten“ wurde eine wichtige strukturelle Rahmenbedingung für diagrammatische Fragestellungen benannt.
Die Diskontinuität als wichtige Grundbedingung der ZuOrdnung kam damit in den Blick.
Mit der Sicht der Kräfteverhältnisse und der feldhaften Inbezugsetzung macht es nun auch Sinn
die Rolle der Kontinuität im Rahmen der diagrammatischen Grundtypen zu betrachten.
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
räumliche Kontinuität, Übergänge, Nachbarschaft (Vergleiche Schichtenlinien) |
02 |
Dichtezonen, trennende Bereiche
mit geringer Dichte, Kontinuität der Übergangszonen (eine Art Maschensicht) |
03 |
Kontinuität im Rahmen körperlicher Grundformen |
04 |
schwache Kontinuität
(Spaltenordnung) |
05 |
Kontinuität der Reihe, der Genealogie |
06 |
Kontinuität im Rahmen der Vernetzung |
07 |
Systemische Kontinuität, Ablaufkontinuität |
08 |
Kreislaufkontinuität, sektorale Kontinuität, Idealsemantik |
09 |
Komplexe Kontinuität der Faltungen
und Knotungen |
10 |
architektonische Kontinuität als Gesamtzusammenhang |
11 |
Kontinuität der Detailsichten und Schnitte |
Von Werner Busch wurde in Berlin der Begriff der Spur etwas ausführlicher besprochen.
Linie & Spur, Körperspur, kreuzende Spur, gelegte Spur, zerstörte Spur, Spuren künstlerischer Energie, Spuren die andeutungsweise auf etwas verweisen, Spur als Überbleibsel – als Rest,
Vor- und Nachläufigkeit, ....
Hier soll nun kurz überprüft werden, ob das Konzept der Spur auch für die diagrammatischen Fragestellungen fruchtbar gemacht werden kann.
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
Landschaft als Spur komplexer Faltungen und Verbringungen / Karten als Vermessungsspur |
02 |
Spuren, die Andeutungsweise auf etwas verweisen |
03 |
Körperspur (im Rahmen des body mapping) / Gestische Spur / Spurhafte Ähnlichkeit |
04 |
fragmentarische Spur /
Fragment |
05 |
Zeitliche Spur |
06 |
gelegte Spuren |
07 |
Ablaufspur, Prozeßspur |
08 |
Umlaufbahn als Spur |
09 |
Überlappungsspuren / Spuren
komplexer Faltungen und Überlagerungen
|
10 |
architektonische Spuren |
11 |
konstruierte Spuren |
Bedeutung „einschreiben“ oder „zuschreiben“
Das Befüllungsmotiv wurde an anderer Stelle bereits angesprochen. Wenn die Schemata im Grunde als semantikfreie Ordnungsgebilde aufgefaßt werden, stellt sich die Frage, wie Semantik in diese Gebilde (Trägerstrukturen) eingebettet gedacht werden kann. Da für die „Einnistung“ der Inhalte praktisch alle diagrammatischen Elemente ganz unmittelbar in Frage kommen, ist es auch sinnvoll von einer Einschreibung oder Zuschreibung zu sprechen. Diese Spur der Einschreibung und Geste der Zuschreibung soll nun etwas näher betrachtet werden.
Hilfreich ist es auch technische Diagramme oder Geschäftsdiagramme in die Überlegungen einzubeziehen. Über die Skalierung (die Semantik der Achsen), werden den Datenpunkten und Linienzügen quantitative und qualitative Wertigkeiten zugeordnet. Diese achsenparallele Zuschreibung kann auch für komplexe/mehrdimensionale Bezugnahmen gedacht werden.
Einzelne Knoten können über mehrere Kanten mit anderen Stellen in Beziehung treten. Dies kann als ein „semantisches Eingespanntsein“ gelesen werden. Jeder Begriff wird durch diese Vernetzung semantisch definiert.
|
|
01 |
02 |
03 |
|
E1 |
|
04 |
05 |
06 |
07 |
08 |
E2 |
|
|
09 |
10 |
11 |
|
E3 |
01 |
Bedeutungszuschreibung durch abstrahierende Herauslösung und symbolische Markierung |
02 |
Bedeutungszuschreibung durch Nahestellung (feldhaft eingebettet sein) |
03 |
Bedeutungszuschreibung durch Bezugnahme auf konkrete Körper |
04 |
tabellarische Zuschreibung (Vergl. Francois Jullien / Die Kunst Listen zu erstellen) |
05 |
narrative Bedeutungseinschreibung (wie im Film) |
06 |
vernetzend definierende Bedeutungseinschreibung (wie bei semantischen Netzen) |
07 |
vernetzend definierende Bedeutungseinschreibung mit zeitlicher Zusatzbedeutung |
08 |
systematisierende
Bedeutungseinschreibung |
09 |
Bedeutungszuschreibung durch
vermischendes Nahebringen |
10 |
Bedeutungszuschreibung als
Grundmotiv und Grundordnung |
11 |
Funktionale
Bedeutungszuschreibung |
Die diagrammatische Struktur, kann also als abstrakte Trägerstruktur für inhaltliche Einschreibungen verstanden werden.
Anmerkung 1: Der Grad der Abstraktion darf nicht absolut gesehen werden, da praktische jede Ordnungsform in irgendeiner Weise der Natur entnommen wurde und nebenbei auch mit unterschiedlichen Blickrichtungen (Vogelperspektive, Froschperspektive/Rückenlage, ...) in Verbindung gebracht werden kann. Vergleiche dazu auch die Analysen von Manfred Sommer (suchen und finden).
Einige Anmerkungen zur Bedeutungszuschreibung:
01 |
Das Lesen von Karten ist eine
eigene aber sehr verbreitete Kulturtechnik. Die in Karten angewendeten Repräsentationstechniken
sind daher insgesamt für die Diagrammatik von Interesse. |
02 |
Attributive Präzisierung durch
Visualisierung anhand ähnlicher Exemplare |
03 |
Semantische Übertragung durch
gegenständliche Bezugnahmen |
04 |
Spaltensemantik in
Datenbanken |
05 |
Die Sequenz legt u.a. in
zeitlicher Hinsicht eine bestimmte Lesart nahe |
06 |
Das Eingespanntsein von
Verbalbegriffen in eine Netzstruktur kann als feldhafte Definition bzw. als
semantisches Netz gelesen werden. |
07 |
wie 06 |
08 |
In Idealsystemen (duale
Codierung; Fünfheit; Zwölfheit; etc.) wurde oft versucht, inhaltliche
Komplexe in lückenlose regelmäßige Aspektkreise zu vereinigen. In vielen
Fällen greift die Ordnungsidee zu dominierend in
das semantische Feld ein. |
09 |
An anderer Stelle wurde
gezeigt, daß die komplexe Überlappungsstruktur der Collage in Netzgebilde
übersetzt werden kann. Damit kann auch auf Collagen eine ähnliche Lesart
angewendet werden. Dabei ist natürlich spannend, daß zB. das verwendete Bildmaterial
selbst auch die Vernetzung realisiert (also keine weitere Trägerstruktur im
Spiel ist). |
10 |
Ähnlich wie in 08 werden in
der Architektonik oft (semantische) Idealstrukturen verhandelt. In das
tragende architektonische Grundgebäude werden div. Zusatzaspekte
eingeschrieben. |
11 |
Visualisierung funktionaler
Bedeutungen |
Die diagrammatische Struktur als abstrakte Trägerstruktur für inhaltliche Einschreibungen legt Sicht einer Grammatik nahe. Inwieweit in diesem Zusammenhang von einer Grammatik gesprochen kann, ist noch wenig geklärt. Dazu mehr in einer eigenen Betrachtung.