Kabarett Dietrich Kittner
am 26. April, Hörsaal 17, Uni Linz
Motto: "Alle sollen sparen, sparen wir uns den Krieg" Als engagierter Kriegsgegner hat Kittner sein Programm bereits
dahingehend adaptiert.
Veranstalter: KV Willy, MitveranstalterInnen: VSStÖ und SJOÖ.
Vorverkaufskarten gibt´s beim
- KV Willy unter 605031
- bei der SJOÖ unter 772634 oder
- beim VSStÖ 243858 bzw. Email office@mir.at
um öS 100 bzw. 140. Abendkassapreise: 120/160.
Aus meinem Kriegstagebuch / II
Ein Beitrag von Dietrich Kittner in der Zeitschrift Cogito des
VSStÖ Linz
Es wird ein satirischer Text zum Balkankrieg verlangt. Dem nachzukommen
fällt mir als Deutschem schwer. Wie soll ich meiner Scham satirisch
Ausdruck geben? Stattdessen den noch unveröffentlichten 2. Teil
der ?Auszüge aus meinem Kriegstagebuch 99?
Drei Wochen geht der Krieg jetzt schon.
Eine der ersten Angriffswellen traf Kragujevac und die dortige
Autofabrik. So sah man es im Fernsehen. VW und Opel werden sich
freuen: Die Balkan-Billigkonkurrenz Yugo und Zastava ist weg.
Was das deutsche Fernsehen nicht zeigt: Die weit davon entfernte
Gedenkstätte für die Opfer eines der bekanntesten Massaker, das
die deutsche Wehrmacht im zweiten Weltkrieg auf dem Balkan angerichtet
hatte. Zwischen 2.300 und 7.000 (deutsche Historiker neigen verständlicherweise
der ?niedrigen? Zahl zu) wurden dort erschossen, darunter alle
Schüler des dortigen Gymnasiums, klassenweise samt ihren Lehrern.
- Zielgenau auf das an der Mordstätte errichtete Mahnmal fielen
in Kragujevac jetzt die ersten Bomben. So kann man die deutsche
Schande auch bewältigen. Denn es wird sich doch wohl nicht um
die Fortsetzung traditioneller deutscher ?Balkan-Befriedungspolitik?
mit jetzt schwereren Waffen gehandelt haben? Oder doch? Einen
Kranz hat meines Wissens ein deutscher Politker dort noch nie
niedergelegt. Dafür jetzt Bomben.
Überhaupt: Vielleicht sollte man den deutschen Soldaten für ihren
Bodeneinsatz (Er kommt, denn er ist ja schon genügend dementiert
und vom SPD-Parteitag infolgedessen bereits beschlossen worden)
eine kleine Service-Leistung für die Bevölkerung mitgeben und
ihnen - meinetwegen geschmacklich neu stilisiert - den alten deutschen
Hoheitsadler wieder anheften. Das würde doch den Wiedererkennungswert
auf dem Balkan erhöhen.
Schließlich ist das Kosovo traditionelles deutsches Einflußgebiet.
Als die ersten deutschen Friedenstruppen 1941 dort einrückten,
gab es noch eine serbische Bevölkerungsmehrheit. Dann wurden die
Deutschen, von unter dem Hakenkreuz tätiger albanischer SS unterstützt,
per ethnischer Säuberung bevölkerungspolitisch aktiv, und als
sie dann später, weniger dem eigenen Willen gehorchend als dem
Zwang, wieder abzogen, gab es eine serbische Minderheit. Nicht
weil die Albaner dort bis dahin mehr geworden wären.
Dieser Tradition folgend hat die Regierung dann vor zwei Jahren
laut der seriösen ARD-Sendung monitor die ?UCK-Terroristen? (offizielle
US-Regierungsäußerung noch vor 6 Monaten) mit den modernsten deutschen
Panzerfäusten ausgerüstet und durch Ausbilder des Bundesnachrichtendienstes
(BND) und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in der Bedienung
der Waffen unterwiesen. (Treppenwitz: Der MAD darf laut deutschem
Gesetz nur im Inland tätig sein. Aber im Kosovo gelten die deutschen
Gesetze ja nicht - oder es wird wohl schon als Inland betrachtet).
Schießen mußte die UCK allerdings dann erstmal selber. Und zwar
im Bodeneinsatz. Ihre Luftwaffe - auch NATO genannt - erhielt
sie erst am 24. März 99.
Bekannt sind jene psychopatischen Feuerwehrmänner, die Feuer legen,
um dann als Helden den Brand bekämpfen zu können. Diesmal löschen
sie jedoch mit Benzin.
Mit der Zielgenauigkeit ?chirurgischer (Tötungs-)Eingriffe? scheint
es ja nun nicht soweit her zu sein, nachdem ?militärische Ziele?
wie Wohnblocks, Klöster, Flüchtlingstrecks, Haushaltsgerätefabriken,
Heizkraftwerke, einzelstehende Bauerngehöfte und bisher 14 Krankenhäuser
präzise getroffen und zerstört wurden Nicht weit von Belgrad befindet
sich (noch) ein atomarer Versuchsreaktor und ein Atommülllager.
Ein (wie beim Flüchtlingstreck ?versehentlicher??) Treffer, und
ganz Europa - nicht nur Jugoslawien - wäre endgültig befriedet.
Da könnte man dann nur für Südost-Wind dankbar sein, der das Sterben
für Österreicher, Ungarn, Tschechen und Deutsche ein wenig humaner,
weil schneller machte. (Vorläufig schießen die A-10-Flugzeuge
der USA auf dem Balkan nur mit Munition, die pro Granate 272 Gramm
schwach-radioaktives Uran enthält und beim Treffer freisetzt -
also noch nicht unbedingt flächendeckend. Nach dem Golfkrieg gab
es in der US-Armee infolgedessen 4.000 ungeklärte Todesfälle des
sog. ?Golfkrieg-Syndroms). Vielleicht sehen die deutschen Olivgrünen
hier einen positiven Nebeneffekt des Krieges: Wenigstens ein Reaktor
weniger in Europa! Und die restlichen AKW´s würden den Menschen
dann auch nicht mehr so gefährlich werden - weil letztere danach
in größerer Anzahl einfach nicht mehr vorhanden wären. Als ich
einen Presseoffizier des Bonner Kriegsministeriums am Telefon
auf die Reaktorgefahr hinwies, sagte er mir: ?Das habe ich nicht
gewußt. Da machen Sie mich aber betroffen.? Und auf die Frage,
ob er als Regierungssprecher offiziell die Gefahr ausschließen
könne: ?Natürlich, das ist ja nicht mehr wie im zweiten Weltkrieg.
Wir machen chirurgische Eingriffe. - Allerdings 100%ig ist natürlich
nie etwas. Sie wissen ja, wie das manchmal so geht...?
?Wenn nun schon feststeht, daß die Bombardierung der UNO-Charta
und damit dem Völkerrecht widerspricht, gibt es denn wenigstens
einen Artikel des NATO-Vertrages, auf den sich der Krieg stützt?
Im Vertrag ist verbindlich doch nur die Rede von der Verteidigung
gegen einen Angriff auf das Staatsgebiet eines der Bündnispartner!
- Das habe ich drei Pressesprecher des deutschen Kriegsministeriums,
des Außenministers und der NATO nacheinander gefragt. Einer meinte:
?Das ist gut. Das hat bisher noch keiner gefragt.? Ein anderer:
?Dafür haben wir leider noch keine Sprachregelung.? Einen Vertragsartikel
konnte mir keiner nennen. Der römische Natoratsbeschluß vom November
1991 besagt u.a.: ?Es (das Bündnis D.K.) bietet eines der unverzichtbaren
Fundamente für ein stabiles sicherheitspolitisches Umfeld in Europa,
gegründet auf ... dem Bekenntnis zur friedlichen Beilegung von
Streitigkeiten, ein Europa, in dem kein Staat in der Lage ist,
eine europäische Nation einzuschüchtern oder einem Zwang auszusetzen
oder sich durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt die Vorherrschaft
zu sichern.? Eigentlich müßte sich die NATO nun selbst bombardieren.
Es sei denn, es gäbe einen geheimen Zusatzartikel mit den Worten,
die Frau Albright letzthin benutzte, um das Kriegsziel zu präzisieren:
Es gehe darum, ?den amerikanischen Werten zum Durchbruch zu verhelfen.?
Hauptsächlich wohl den Rüstungswerten.
Um auf die ?humanitären Gründe?, die zur Kriegserzwingung vorgeschoben
oder selbst konstruiert wurden, einzugehen, fehlt hier der Platz.
Seit dem Golfkrieg, der belegbar zwei Jahre vor der letztendlich
kriegsauslösenden, längst entlarvten kuweitischen Baby-Brutkasten-Lüge
als exaktes amerikanisches Kriegsszenario amtlich vorlag, sollte
man wissen, daß sich Kriegspropaganda am besten mit humanitärer
Bemäntelung betreiben läßt. Nachdem zunächst die deutsche taz
voriges Jahr mit einer Horrormeldung über das ?serbische Massaker
an 400 Kosovaren? (es handelte sich dann um 14 ordentlich gestaltete
Kriegsgräber gefallener UCK-Leute) blamabel baden gegangen war,
folgten dann mit schöner Regelmäßigkeit Greuelmeldungen über das
von seriösen OSZE-Beobachtern angezweifelte ?Massaker von Racak?
bis zu dem ?hingerichteten?, jedoch pünktlich zu Ostern wiederauferstandenen
Albaner-Führer Rugova. Das Flüchtlingstreck-Massaker der NATO
hätte man ja fast auch noch mit Erfolg ?den Serben? in die Schuhe
geschoben. In den meisten Fällen wage ich zu sagen: Lügen, daß
sich der Balkan biegt. Nichts Neues in der psychologischen Kriegsführung.
Ich schreibe dies in der Südsteiermark, direkt an der slowenischen
Grenze. Die österreichische Regierung hat - anders als die deutsche,
ihrer Verfassung gehorchend - der NATO wegen fehlendem UNO-Mandat
Überflugverbot erteilt. Aber über Slowenien dürfen sie. Täglich
3 - 4 mal - so wie auch in dieser Minute - dröhnen die Kampfverbände
fast über unser Dach. Ich kenne das dumpfe, furchteinflößende
Geräusch noch aus meiner Kindheit. Weiß, was es bedeutet, was
die Maschinen tragen: Den Tod. Die Zerstörung. - Es ist Ernst.
Sollte ich meine Gefühle dabei schildern, so wäre dreimal täglich
ohnmächtige Empörung weit untertrieben.
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