Diskussionsveranstaltung von Offensiv Grün OÖ

Grüne und Krieg. Sonnenblumen zu Stahlhelmen?

Mit Klaudia Haydt (Informationsstelle Militarisierung Tübingen, Ex-Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen) und Hannes Hofbauer (Osteuropaexperte, Journalist). Samstag, 24. 4. 1999, 15.00 Uhr, Linz, Cafe Kontor, Hauptplatz 21

Grüne und Krieg
Sonnenblumen zu Stahlhelmen?

Frage: "Sollen NATO-Flugzeuge auch Österreich überfliegen dürfen?" Van der Bellen: "Na ja, sicher." (Interview, Falter 44/98)

1941 bombardierte Hitlers Wehrmacht Belgrad. 1999 gibt eine rot-grüne Regierung in Deutschland wieder den Befehl für deutsche Kampfflugzeuge zur Bombardierung jugoslawischer Städte.

Dieser Krieg ist ein verbrecherischer Krieg:

  • es ist ein Krieg, der sich gegen die Zivilbevölkerung richtet. Seit Ausbruch des Krieges ist das humanitäre Elend im Kosovo eskaliert. Die zivilen Hilfsorganisationen und OSZE-Beobachter mussten sich aus dem Kosovo zurückziehen. Die angeblich "punktgenauen" NATO-Rakteten schlagen mittlerweile in Schulen, Krankenhäusern, Wohnvierteln und Fabriken ein. Die Behauptung der NATO, diesen Krieg zum Schutz des Zivilbevölkerung zu führen, ist blanker Zynismus.
  • Dieser Krieg richtet sich gegen das Völkerrecht. Es gibt kein UNO-Mandat für diesen Krieg. Jede Bombe trifft auch die UNO. Mit diesem Krieg bombt sich die NATO den Weg dafür frei, in Zukunft selbst darüber zu entscheiden, wo und wann militärisch interveniert wird. Russland hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. Eine nicht abschätzbare Eskalation und eine Spirale der Gewalt werden in Gang gesetzt.
  • Dieser Krieg ist ein Krieg für die Rüstungsindustrie. Der Krieg kostet - laut Kurier vom 3. 4. 99 - 3,5 Milliarden Schilling täglich. Die Aktienkurse der Rüstungskonzerne boomen. Wäre dasselbe Geld in die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Region - der Kosovo ist das Armenhaus am Balkan - und die Unterstützung der demokratischen Opposition gegangen, hätte wahrscheinlich ein Fundament für eine friedliche Lösung aufgebaut werden können.
  • Dieser Krieg ist ein Krieg gegen zivile Konfliktlösungen. Die BR Jugoslawien war bereit, einer Autonomie des Kosovo unter OSZE-Aufsicht zuzustimmen. Jetzt stellt sich jedoch heraus, dass die NATO-Seite im Rambouillet-Vertrag die volle Bewegungsfreiheit für NATO-Truppen im gesamten (!) Staatsgebiet der BR Jugoslawien verlangt hat. Erst dieses Beharren auf die defacto Okkupation Jugoslawiens brachte die Verhandlungen zum Scheitern und gab der NATO den Vorwand für ihren Angriffskrieg. Auch jetzt werden alle Waffenstillstandsangebote der jugoslawischen Regierung umgehend abgelehnt. Appelle des Vatikans zum Stopp der Bombardements wurden zurückgewiesen.
  • Dieser Krieg ist ein Krieg für die militärische Enthemmung Deutschlands. Die deutsche Außenpolitik hat wesentlich dazu beigetragen, Öl ins Feuer der Konflikte am Balkan zu gießen, um alle politischen Schranken für weltweite Einsätze der Bundeswehr niederzureißen.
  • Dieser Krieg ist ein Krieg der Heuchler. Dieselben NATO-Staaten, die die Menschenrechtssituation im Kosovo zum Anlaß für Bombardements nehmen, unterstützen etwa das türkische Regime bei der Unterdrückung und Vertreibung des kurdischen Volkes.

Grüne Beteiligung am Kriegsverbrechen

Dieser Krieg ist ein verbrecherischer Krieg. Und die, die für ihn Verantwortung tragen, sind Kriegsverbrecher. Dazu gehört nicht zuletzt der grüne Außenminister Joschka Fischer. Die deutschen Grünen sind groß geworden in der Friedensbewegung der 80´er Jahre als eine pazifistische Partei. Mittlerweile ist der überwiegende Teil der Führung dieser Partei offen ins Lager der Kriegstreiber übergewechselt. In der Endphase der Kohl-Regierung war die
Vorstellung einer Beteilung deutscher Truppen an einem NATO-Angriffskrieg ohne UNO-Mandat auf ein Land, wo bereits die Nazi-Wehrmacht gewütet hat, eine Minderheitenposition am rechten Rand von CDU/CSU. Unter einem grünen Außenminister ist diese Position rot-grüne Regierungslinie geworden. Dabei sind die Grünen keineswegs getriebene. Sie sind Antreiber und Türöffner der Militarisierung. Gemeinsam mit NATO-General Klaus Naumann erklärt Joschka Fischer dieser Tage, dass nun der Bodenkrieg im Kosovo "unausweichlich" werden könnte. Diese Politik hat die Grüne Bewegung in die tiefste moralische und politische Krise seit ihrem Entstehen hineingetrieben.

Van der Bellen für NATO-Überflüge

Die österreichischen Grünen sind vor allem eines - leise. Erst am sechsten Kriegstag wird eine Erklärung gegen den Krieg abgegeben. Es bleibt bei einzelnen Erklärungen, von einer entschiedenen Anti-Kriegspolitik ist wenig zu spüren. Es entsteht der Eindruck, dass diese Stellungnahmen eher zur Beruhigung des Parteivolkes dienen. Denn offensichtlich ist auch in der Führung der Grünen die Gegnerschaft zu diesem Krieg keinesweg eindeutig. Bundessprecher Van der Bellen hat mit NATO-Kritik nie besonders viel im Sinn gehabt. Im Frühjahr 1998 beteuert er in einem Profil-Interview "noch nie ein schlechtes Wort über die NATO verloren zu haben." Im Herbst 1998 stellt der Grüne Bundessprecher in einem Falter-Interview klar, dass er sich ein militärisches Eingreifen der NATO im Kosovo auch ohne UNO-Mandat durchaus vorstellen kann. Auf die Frage, ob Österreich den Überflug von NATO-Flugzeugen genehmigen soll, antwortete Van der Bellen lapidar: "Na ja, sicher." Selbst Fasslabend und Schüssel haben jetzt - wenn auch wider Willen - neutralitätspolitisch ein höheres Verantwortungsbewusstsein gezeigt. Unter diesem Blickwinkel ist es nicht mehr verwunderlich, dass die Anti-NATO-Kampagne Anfang dieses Jahres von der Tagesordnung der grünen Politik abgesetzt wurde.

Grüne für Demontage der UNO

Bereits in der ersten Kriegswoche forderten rund 50 Parteimitglieder den grünen Bundesvorstand in einem offenen Brief auf, eine klare Anti-Kriegspolitik zu initiieren, die Politik der deutschen Grünen massiv zu verurteilen und - falls diese zu keinem Kurswechsel bereit sind - den Antrag auf Ausschluss der deutschen Grünen aus der Föderation der europäischen Grünen zu stellen. Die Reaktion des Bundesvorstandes darauf ist erschütternd: gefordert wird nicht einmal das sofortige Stopp der Bombardements, sondern bloß ein mehrtägiges Moratorium. Vor allem beteiligen sich nun auch die österreichischen Grünen an der offenen Demontage der UNO. Der grüne Bundesvorstand fordert die Aufhebung des Vetorechts im UNO-Sicherheitsrat. Damit würde die UNO endgültig zum verlängerten Arm der NATO degradiert werden, weil die NATO-Staaten mit ihrer Mehrheit im Sicherheitsrat dann jeden Krieg mit einem UNO-Mandat versehen könnten.

Mit Kriegstreibern kann es keine gemeinsame Föderation und Fraktion auf europäischer Ebene geben.

Für uns ist es unvorstellbar,

  • mit jenen Grünen, die für diesen verbrecherischen Krieg Mitverantwortung tragen, in einer gemeinsamen europäischen Föderation weiterzuarbeiten,
  • sich mit diesen Kräften weiterhin in einer grünen Fraktion im Europäischen Parlament zusammenzuschließen.

Die österreichischen Grünen müssen sich dazu endlich klar äußern. Das derzeitige Schweigen der österreichischen Grünen unterstützt die Fraktion der Kriegstreiber in der eigenen Bewegung und setzt damit Glaubwürdigkeit und Existenzberechtigung der Grünen aufs Spiel.

Boris Lechthaler (NRW-Kandidat Grüne OÖ),
Mag. Gabriele Wagner (Bezirksvorstand Grüne Linz),
Gerald Oberansmayr (Grüne Linz),
Tommy Zuljevic-Salamon (NRW-Kandidat Grüne OÖ)
Andrea Mayer-Edoloeyi (Grüne Linz)
Mag. Harald Schmutzhard (Gemeinderat Grüne Linz)