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der entsprechenden Sitzung des Europäischen Parlaments vom 27.5.98
gibts es als .pdf-Datei unter http://www.europarl.eu.int/dg7/cre/pdf/27-05-98.pdf
Rolle der Union in der Welt:
Durchführung der GASP im Jahre 1997
Entschließung zur Rolle der Union in der Welt: Durchführung der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Jahre 1997
Das Europäische Parlament,
- unter Hinweis auf Artikel J.7 des Vertrags über die Europäische
Union,
- unter Hinweis auf Artikel 92 Absatz 4 und Artikel 148 seiner
Geschäftsordnung,
- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juni 1997 zu
den Fortschritten bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen-
und Sicherheitspolitik (Januar bis Dezember 1996)(1),
- unter Hinweis auf den Vertrag von Amsterdam und seine Entschließung
vom 19. November 1997 zum Vertrag von Amsterdam (CONF 4007/97
- C4-0538/97)(2),
- unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über
Vorschriften zur Finanzierung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik(3),
- vom Rat am 30. März 1998 zum Ratsdokument über die Hauptaspekte
und die grundlegenden Optionen der GASP einschließlich der Auswirkungen
für den Gemeinschaftshaushalt konsultiert (7087/98 - C4-0216/98),
- unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige
Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik und die
Stellungnahme des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit
(A4-0169/98),
A. in der Erwägung, daß das Parlament gemäß Artikel J.7 Absatz
2 EUV dazu aufgerufen ist, einmal jährlich eine Aussprache über
die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik abzuhalten,
B. unter Hinweis auf die Ziele dieser Politik gemäß Artikel J.1
EUV sowie gemäß den Bestimmungen von Artikel C betreffend die
Kohärenz aller außenpolitischen Maßnahmen der Union und die diesbezügliche
Verantwortung von Rat und Kommission,
C. angesichts der Art und Weise, wie der Europäische Rat und
der Rat von den im EUV vorgesehenen Instrumenten, insbesondere
von den gemeinsamen Aktionen und Standpunkten, Gebrauch gemacht
haben, sowie unter Hinweis auf die Bestimmungen von Artikel J.4
Absatz 1 betreffend die Festlegung einer gemeinsamen Sicherheitspolitik,
D. mit der Feststellung, daß von den bestehenden Instrumenten
der GASP, gemeinsamen Aktionen und gemeinsamen Standpunkten, noch
nicht sehr häufig Gebrauch gemacht wird, obwohl dies notwendig
ist, um den zahlreichen Erklärungen des Rates Nachdruck zu verleihen,
E. in der Erwägung, daß bedeutende Herausforderungen aufgetaucht
und neue Konflikte entstanden sind, die durchgreifendere und effizientere
Maßnahmen der Europäischen Union bei der Konfliktverhütung und
der friedlichen Beilegung von Konflikten erfordern,
F. unter Hinweis darauf, daß neue Anstrengungen unternommen werden
sollten, damit die Aktionen der Europäischen Union im auswärtigen
Bereich besser wahrgenommen werden,
G. unter Hinweis darauf, daß die auswärtigen Beziehungen der
Europäischen Union mit den Werten übereinstimmen sollten, auf
welche die Europäische Union mit dem Ziel der Festigung der Demokratie,
der verstärkten Achtung der Menschen- und Minderheitenrechte und
der Förderung des Rechtsstaats gegründet wurde,
H. in der Erwägung, daß mittlerweile eine Interinstitutionelle
Vereinbarung über die Finanzierung der GASP erreicht wurde, daß
jedoch eine derartige Vereinbarung über das Recht des Parlaments
auf Unterrichtung und Konsultation noch immer aussteht; dies ist
besonders bedenklich im Hinblick auf die internationalen Verhandlungen,
einschließlich der Verhandlungen über bi- und multilaterale Handelsabkommen,
I. in der Erwägung, daß es selbst seine eigene Rolle und seine
Haltung im Hinblick auf die GASP ständig überprüfen muß, um möglichst
großen Einfluß zu nehmen und die demokratische Kontrolle der GASP
zu verstärken,
1. ist der Auffassung, daß bei der Entwicklung der GASP zwar
einige Fortschritte im Vergleich zu den Vorjahren zu verbuchen
sind, daß jedoch die in seiner oben genannten Entschließung vom
12. Juni 1997 geäußerte Kritik nach wie vor weitgehend aktuell
ist; registriert jedoch Fortschritte im weitergefaßten Bereich
der Außenpolitik, wie die Festigung der Demokratie in Mittel-
und Osteuropa oder das Partnerschaftsabkommen mit Rußland zeigen;
2. weist darauf hin, daß
a) der Öffentlichkeit nicht der Eindruck von Fortschritten bei
der Entwicklung einer europäischen Außenpolitik vermittelt werden
konnte;
b) keine interinstitutionelle Vereinbarung über das Recht des
Parlaments auf Unterrichtung und Konsultation erzielt wurde;
c) die Kommission noch immer nicht umfassend von ihrem Recht
Gebrauch gemacht hat, dem Rat Vorschläge vorzulegen;
d) kaum Fortschritte im Hinblick auf die Entwicklung einer gemeinsamen
Sicherheitspolitik, die Koordinierung der Verteidigungspolitik,
die Entwicklung einer wirklichen gemeinsamen Politik auf dem Gebiet
der Rüstungsbeschaffung und die Eingliederung der WEU in die Europäische
Union erzielt wurden;
e) weiterhin ein Mißverhältnis zwischen der Außenpolitik der
Europäischen Union und ihren handelspolitischen Aktivitäten bestehen
bleibt;
3. erinnert daran, daß gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung
über Vorschriften zur Finanzierung der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik der Vorsitz des Rates verpflichtet ist, das
Europäische Parlament jährlich zu einem vom Rat erstellten Dokument
über die Hauptaspekte und die grundlegenden Optionen der GASP,
einschließlich der finanziellen Auswirkungen für den Gemeinschaftshaushalt,
zu hören;
4. bedauert, daß sich der Vorsitz des Rates in dem von ihm erstmalig
vorgelegten Bericht dieser Art im Grunde auf ein rückblickendes
und berichtendes Konzept beschränkt und weder eine Analyse der
Wirksamkeit der GASP im vergangenen Jahr noch einen echten Hinweis
auf die künftig zu wählenden grundlegenden Optionen gibt, und
fordert den Rat auf, dafür Sorge zu tragen, daß der Inhaltsbereich
des Berichts im nächsten Jahr erweitert wird, um vollständig auf
diese Punkte einzugehen;
5. beschließt, die finanziellen Auswirkungen der Hauptaspekte
und grundlegenden Optionen der GASP im Rahmen des Ad-hoc-Konzertierungsverfahrens
gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung vollständig zu behandeln;
6. ist der Auffassung, daß geeignete Verfahren zur Behandlung
- unter anderen - folgender Punkte festgelegt und in die neue
Geschäftsordnung des Parlaments, die gegenwärtig überarbeitet
wird, aufgenommen werden müssen, um den sich aus dem Inkrafttreten
des Vertrags von Amsterdam ergebenden Anforderungen gerecht zu
werden:
a) die Verpflichtung des amtierenden Ratsvorsitzes(4), im Namen
des Rates das Parlament über die wichtigsten Aspekte und Entwicklungen
bezüglich der mit den Kandidaten für den EU-Beitritt eingegangenen
Beitrittspartnerschaften und die Beitrittsverhandlungen selbst
zu informieren (sowohl seitens des Rates als auch seitens der
Kommission), das Parlament zu jeglichen Änderungen der Partnerschaften
anzuhören und die Stellungnahmen des Parlaments beiihren Beschlüssen
zu berücksichtigen,
b) die weitergehende und flexiblere Anwendung des Konzertierungsverfahrens
gemäß der Gemeinsamen Erklärung vom 4. März 1975, die für allgemein
anwendbare Rechtsakte der Gemeinschaft mit spürbaren finanziellen
Auswirkungen gilt,
c) eine Interinstitutionelle Vereinbarung, die noch zu treffen
ist, nach der das Parlament zu allen internationalen Abkommen
und anderen auf dem Euratom-Vertrag beruhenden allgemeinen Rechtsakten
anzuhören ist,
d) die Beteiligung des Parlaments an den Beschlüssen über zu
treffende Sanktionen bei Menschenrechtsverletzungen in Drittländern;
7. vertritt die Auffassung, daß im Zuge der vollen Umsetzung
des Vertrags von Amsterdam einige dieser Kritikpunkte aufgegriffen
werden sollten, indem eine Planungs- und Frühwarneinheit (UPP)
eingerichtet und das Amt eines Hohen Vertreters geschaffen wird,
der die Wahrnehmbarkeit der GASP verbessern wird, und indem bei
einigen Beschlüssen auf dem Gebiet der Außenpolitik Mehrheitsabstimmungen
zugelassen werden;
8. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, hinsichtlich
der Verwirklichung einer echten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
den notwendigen politischen Willen für die Anwendung und Entwicklung
der sowohl im Vertrag von Maastricht als auch im Vertrag von Amsterdam
vorgesehenen Instrumente aufzubringen;
9. ist sich der Tatsache bewußt, daß die GASP in ihrer derzeitigen
Form die Fähigkeit Europas begrenzt, den Einfluß auszuüben, der
ihr aufgrund ihres politischen, wirtschaftlichen und kulturellen
Gewichts gebührt;
10. betrachtet es als notwendig und vordringlich, eine wirkliche
gemeinsame europäische Diplomatie zu schaffen und die Vertretungen
der Kommission in den Ländern, in denen die Mehrheit der Mitgliedstaaten
der Europäischen Union keine eigene Vertretung hat, in echte diplomatische
Vertretungen der Union umzuwandeln;
11. fordert den Rat und die Kommission auf, die Menschenrechte
als herausragenden Bestandteil der GASP beizubehalten;
12. betont, daß die Menschenrechts- und Demokratieklauseln in
alle Abkommen mit Drittstaaten einfließen sollten, um zur Erhaltung
der Demokratie und der Grundfreiheiten beizutragen;
13. weist darauf hin, daß die Aktionen im Rahmen der GASP in
der Regel einen sehr eng gefaßten Ansatz verfolgten und die Instrumente
der GASP offensichtlich nicht geeignet sind, eine umfassende Strategie
in Bereichen wie der Bekämpfung der Armut und dem Umweltschutz,
die für die ganze Menschheit von Belang sind, festzulegen;
14. beauftragt die Europäische Union, in Abstimmung mit der
WEU und der NATO alle erforderlichen praktischen Vereinbarungen
zu treffen, damit die vorhandenen Instrumente, einschließlich
der "combined joint task forces" (CJTF), in Zukunft schnell und
effektiv eingesetzt werden können;
15. betont, daß Rat und Kommission ihren vertraglichen Verpflichtungen
und ihren Pflichten gegenüber den Bürgern der Union in keiner
Weise nachkommen, wenn sie dem Parlament lediglich von Zeit zu
Zeit bestimmte Informationen über außenpolitische Themen zukommen
lassen, und fordert noch einmal, daß das Parlament formell zu
allen grundlegenden außenpolitischen Entscheidungen konsultiert
wird;
16. begrüßt es, daß sich der Rat auf einen Verhaltenskodex für
Waffenexporte geeinigt hat, hält es aber für wichtig, daß dieser
so bald wie möglich in eine Gemeinsame Maßnahme umgewandelt wird
und eine Möglichkeit der Prüfung durch das Europäische Parlament
auf der Grundlage eines konsolidierten Jahresberichts an den Rat
über die Durchführung des Kodex vorgesehen wird;
17. begrüßt die Tatsache, daß es angesichts der Verhandlungen
über das multilaterale Investitionsübereinkommen (MAI) die Initiative
ergriffen hat, sich vor Abschluß des Abkommens offiziell dazu
zu äußern; vertritt die Auffassung, daß es sich hier um einen
Präzedenzfall handelt, der zu verallgemeinern ist, und fordert
den Rat und die Kommission auf, seine Empfehlungen zu befolgen;
18. besteht auf seinem Recht, eine ausführliche Stellungnahme
zur Orientierung der Kommission bei der Aushandlung bi- und multilateraler
Abkommen gemäß Artikel 228 Absatz 2 letzter Unterabsatz in der
geänderten Fassung des Vertrags von Amsterdam abzugeben; weist
auf diesbezügliche Präzedenzfälle hin und fordert künftig eine
obligatorische diesbezügliche Beteiligung;
19. ist der Auffassung, daß das Parlament selbst die Vielfalt
der ihm zu Gebote stehenden Einflußmöglichkeiten ausschöpfen muß,
wie z.B. Empfehlungen, der kluge Einsatz von Anhörungen, die Verleihung
des Sacharow-Preises und Einladungen, vor dem Plenum das Wort
zu ergreifen; stellt fest, daß eine wirkliche Weiterentwicklung
der parlamentarischen Diplomatie - wie z.B. die jüngste Algerien-Mission
von Vertretern ausseinen Reihen oder seine gemeinsame Mission
in Albanien mit Vertretern der parlamentarischen Versammlungen
der OECD und des Europarates im Januar 1998 - erheblich zur Wirksamkeit
der Außenpolitik der Union beitragen könnte, und fordert deshalb
eine bessere Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Rat, Kommission
und Parlament, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen;
20. bedauert den mangelnden Ehrgeiz bei der Festlegung einer
umfassenden Politik mit Hilfe eines gemeinsamen Standpunkts zum
Balkan, was bedeutet hat, daß der politische Einfluß der Europäischen
Union trotz ihres erheblichen finanziellen Beitrags zum Wiederaufbau
des kriegszerstörten Bosnien-Herzegowina im Vergleich zum Einfluß
der USA sehr begrenzt war; fordert die Stärkung des Vertretungsbüros
der Europäischen Kommission in Bosnien-Herzegowina;
21. bedauert das Ausbleiben von geeigneten Initiativen zu Kosovo
auf europäischer Ebene im Jahr 1997, wo es keine echten Bemühungen
zur Ausarbeitung von vertrauensbildenden Maßnahmen oder zur Eröffnung
von Verhandlungen zwischen den Parteien gab;
22. bedauert, daß weder die Europäische Union noch die WEU imstande
waren, den Beschluß über die Entsendung von EUROFOR und EUROMARFOR
nach Albanien zu fassen, und stellt fest, daß die Situation dank
der Intervention einiger Mitgliedstaaten mit Italien an der Spitze
entschärft wurde, das die Führung einer multinationalen Streitmacht
übernahm (Operation "Alba" );
23. bedauert, daß die bedeutenden Impulse, die der Mittelmeerpolitik
durch den Europäischen Rat in Cannes und die Konferenz in Barcelona
gegeben wurden, offenkundig durch die mangelnden Fortschritte
im Nahost-Friedensprozeß abgeschwächt werden, und fordert eine
energische Initiative des Rates zur Wiederbelebung des Barcelona-Prozesses;
24. unterstützt die Arbeit des EU-Sondergesandten im Nahen Osten
und ist der Auffassung, daß die politische Rolle der Europäischen
Union ihrem wirtschaftlichen Gewicht entsprechen muß; eine effektive
EU-Politik in der Region bedingt einen ernsthaften Dialog mit
den Vereinigten Staaten;
25. begrüßt die Annahme eines gemeinsamen Standpunkts zur Konfliktvorbeugung
und Konfliktbeilegung in Afrika; betont jedoch, daß dies lediglich
der erste Schritt auf dem Wege zu einer effektiven Zusammenarbeit
mit den afrikanischen Ländern selbst zur Lösung offener Probleme
wie beispielsweise im Gebiet der Großen Seen ist;
26. hält das Fortbestehen von Atomwaffen auf dem indischen Subkontinent,
das die internationale Stabilität bedroht, für äußerst bedrohlich
und bedauert, daß das Fehlen einer echten gemeinsamen Sicherheitspolitik
der Europäischen Union diese daran hindert, eine politische Rolle
bei der Einleitung eines Dialogs über das strategische Gleichgewicht
zwischen den Ländern dieser Region zu spielen;
27. bedauert das Fehlen einer gemeinsamen Menschenrechtspolitik
gegenüber China, wo keine nennenswerten Verbesserungen verbucht
wurden, was an dem Unvermögen der Europäischen Union deutlich
wird, sich auf eine gemeinsame Linie für die Tagung der EU-Menschenrechtskommission
in Genf zu einigen;
28. begrüßt die wichtige Rolle, die die Union auf Ministerebene
bei der Konferenz von San José und der Konferenz der Rio-Gruppe
gemeinsam mit verschiedenen Ländern Lateinamerikas gespielt hat,
und unterstützt vorbehaltlos die Organisation des Gipfels der
Staats- und Regierungschefs aus Europa und Lateinamerika im Jahr
1999; bekräftigt seinen Wunsch, entsprechend der wachsenden Bedeutung
und des zunehmenden Einflusses Lateinamerikas ein globales Aktionsprogram
mit dieser Region zu erstellen;
29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat
und der Kommission zu übermitteln.
(1)ABl. C 200 vom 30.06.1997, S. 148.
(2)ABl. C 371 vom 08.12.1997, S. 99.
(3)ABl. C 286 vom 22.09.1997, S. 80.
(4)PE 226.288 und Debatten des Europäischen Parlaments vom 11.03.1998. |