Das schwere Leben mit einem Geburtsfehler Wenn man die Entwicklung des KV KANAL nur einigermaßen verstehen will, und es nicht bei oberflächlichen Emotionsaufwallungen belassen will, muß man analytisch zuerst einmal zwischen den äußeren und inneren Konfliktkräften und -zonen unterscheiden; daß diese sich gegenseitig bedingten und miteinander korrespondierten macht die Einsicht umso schwieriger. Die schwache rechtliche Grundlage Ein Grundproblem, das den KANAL seit der Geburt bestimmte, über die Jahre hinweg einmal untergründiger und dann wieder offener beschäftigte und letztendlich zum Zusammenbruch führte, war die schwache rechtliche Grundlage, auf dem der ganze Prozess aufgebaut war. Da es von Anfang an nicht möglich war, daß der Mieter des Objekts im Josefstal 21 und der Betreiber des Kulturhauses, also der KANAL, ein und dieselbe juristische Person sind, mußte auf eine fragwürdige rechtliche Hilfskonstruktion zurückgegriffen werden, die dem KANAL letztendlich auch auf den Kopf fiel. Bekanntlich mußte ein Zwischenmieter, der aber zugleich rechtlich die Hauptmiete hatte, dazwischen geschoben werden, um das Objekt zu bekommen. Obwohl mit dem für den KANAL stellvertretenden Zwischenmieter vereinbart war, daß es keine Sonderechte außer ein Wohnrecht im 1. Stock für ihn gibt, wurde diese rechtliche Position über die Jahre hinweg immer wieder für persönliche Zwecke mißbraucht und außerhalb des kollektiven Entscheidungsprozesses gestellt. Dadurch konnte sich sowas wie ein informelles paralleles Machtzentrum etablieren, das je nach Interessenslage gegen den Verein gespielt werden konnte. Zugleich war es für diejenigen, die sich nicht den kollektiven Entscheidungsprozess des KANAL einbringen konnten oder wollten eine Ausweichmöglichkeit und Projektionsfläche, Sonderinteressen über diesen Weg gegen den Verein zu spielen; meist verbunden mit einer ungustiösen Opferhaltung. Der KANAL Vorstand bzw. die Verantwortlichen konnten damit in die Rolle des autoritär Uneinsichtigen gedrängt werden, der über die guten Basisleute drüberfährt. Mit diesem einmal angelegten zerstörerischen Machtmechanismuskonnte dann je nach Entwicklungsstand, Interessen und Zeitgeist ausgespielt werden: einmal die "Politischen" gegen die guten "Unpolitischen", anfangs sogar so primitiv wie die "PergerInnen" gegen die "SchwertbergerInnen", die "KommunistInnen" gegen die "NichtkommunistInnen", die "BürokratInnen" gegen die schöpferische "Basis", die "Subventionshaie" gegen die "freiwilligen ÄrmelaufkrämplerInnen", usw. Tatsache war, daß über den Verein KANAL die Ressourcen aufgebaut wurden, die Miete und Infrastruktur bezahlt wurde und der Großteils des Porgramms gestaltet wurde. Die objektiv schwache (miet)rechtliche Stellung des KANAL konnte aber damit letztendlich nicht kompernsiert werden; vielmehr war sie gerade bei Konfliktsituationen immer wieder ein Einfallstor für Partizipationsunfähige und Sonderinteressenslagen. Parallele Machtkonstellation Für Publikum und nicht direkt in den Betrieb Einbezogenen mag das nicht durchschaubar gewesen sein; oberflächlich wurde diese parellele Machtkonstellation als "Streiterei" zwischen Personen wahrgenommen, was ja für die Objektivierung der Verhältnisse nicht unbedingt förderlich ist; gerade Neueinsteigende hatten oft das mulmige Gefühl, "sie müßten sich auf irgendeine Seite schlagen". Daß dadurch der Gegenstand bzw. die Ziele, um die es ging, nämlich Kulturarbeit, darunter leiden mußte, muß leider eingestanden werden. Daß im KANAL trotz dieser Umstände auch hervorragende Kulturarbeit geleistet wurde und der KANAL als "kultureller Durchlauferhitzer" funktionierte, kann ohne falschen Stolz behauptet werden. Das endgültige Aus Wenn auch der interne Zersetzungsprozess schon weit fortgeschritten
war, der in der Zerstörung des KANAL - Büros anfang 1998 praktisch
und symbolisch seinen Höhepukt erreichte, war noch nicht beschlossene
Sache, das Haus im Josefstal kampflos aufzugeben. Denn parallel
zu den Schwierigkeiten, wäre es dem KANAL gelungen, die Veranstaltungsbewilligung
zu bekommen. Das entgültige Aus bescherte dem KANAL der OGH (oberste
Gerichtshof), indem er der Kündigungsklage des Eigentümers recht
gab. Rechtlich wurde vom OGH sogar die teilweise Weitergabe des
Hauses an den KANAL durch den Hauptmieter als Kündigungsgrund
angesehen und somit das erstinstanzliche Gerichtsurteil durch
das Bezirksgericht Mauthausen, das dem KANAL rechtgegeben hätte,
aufgehoben. Kurz gesagt, es wurde das "heilige Eigentum" gegenüber
den subalternen Mietrechten geschützt. Ein zweiter Kündigungsgrund
war die Abwesenheit des Hauptmieters und die auch dem Eigentümer
zu Ohren gekommene wohnliche und sonstige Nichtnutzung des Objekts
durch diesen. Andere Konfliktlinien Ohne der schwachen rechtlichen Stellung des KANAL und den damit
verbundenen Konsequenzen gegenüber Eigentümer und formalen Zwischenmieter,
wäre der KANAL ein schönes Kulturhaus im Unteren Mühlviertel geworden.
Diese These kann ohneweiteres gewagt werden, denn das Engagement
und Interesse war vorhanden und mit den anderen Schwierigkeiten,
die uns die Gemeinde, Behörden, usw, machten, sind wir und wären
wir fertig geworden. Auch die innerorganisatorischen Probleme
wären bei einem guten Mietvertrag weit besser bewältigbar gewesen. Was bleibt Ist ein laufender kultureller Schaden für die Region. Eine kulturell
und künstlerische Entwicklungschance wurde vertan und sich wahrscheinlich
nicht mehr so schnell ergeben. Der Ausbreitung der "Idiotie des
Landlebens" (K. Marx) und des Konsums, die man heute dazufügen
müßte ist damit eine Schranke weniger gesetzt.
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