Festival der Regionen 1995

Stand: 05.12.2017

 

Oiwei super
 Tanztheater

    

Second Nature ist ein Begriff in zwei Richtungen: Einerseits soll eine Einheit von Tanzen und Reden auf der Bühne erreicht werden, die in der Performance so selbstverständlich funktioniert wie eine zweite Natur, andererseits muss das zur zweiten Natur gewordene Tanztraining durchbrochen werden, um eine individuelle Tanzsprache zu ermöglichen. Die Verbindung von Reden und Tanzen beschäftigt mich auf verschiedenen Ebenen: Forschung, um gespeichert Klänge und Rhythmen zu finden; Kommunikationspotenzial, um sich anders als über konkrete Informationen zu verständigen; als Lernmethode; als artifizielle Überhöhung. Die Diskussion im Tanz um die Erhaltung und Pflege des klassischen Vokabulars versus zeitgenössische Vorgangsweise, für jeden Zusammenhang Bewegung neu zu erfinden, ähnelt dem Disput von Rückbesinnung auf Migration. Die Verbindung von Reden und Tanzen ist für mich nicht nur choreografische Methode, sondern auch Metapher für konkrete Beobachtungen. Oiwei super erzählt die Biographien der TänzerInnen aus Oberösterreich, Kroatien und Großbritannien vor dem Hintergrund meiner eigenen Herkunft. Für einen Tänzer ist der eigene Körper die einzige Heimat, die ihm bleibt. Der Körper als Träger des Gedächtnisses wie der neuesten Entwicklungen. Tänzer kommen herum in der Welt, lernen ihren Körper flexibel einzusetzen und beherrschen universale Sprachen - ganz ohne Internet. Auch wenn diese Arbeitsweise verschiedener Sprachen und Stile nicht als postmodernes Zusammenwürfeln angelegt war, muss ich mich jetzt, auch wenn oder gerade, weil der Begriff zu einem Schimpfwort geworden ist, als postmodern deklarieren: Das Miteinander gewachsener Formen und damit der kreative Austausch sind für mich die einzige kulturelle Chance. Das Theater ist im Moment der Ort, wo dieser kulturelle Austausch zumindest weniger imperialistisch gepflegt wird. Die besondere Musikalität von Dialekten und oralen Traditionen sichtbar zu machen durch entsprechend dynamische Bewegung, ist ein Anliegen der Second Nature Dance Group. Das Publikum soll in einen Zustand entführt werden, der es offen macht für Sehen und Hören und eine sensiblere Art der Kommunikation. Fremde Ghettokulturen, in diesem Stück Elemente von Rap und Hip Hop, bieten einen Verständnishintergrund für die eigene Ghettoherkunft und bilden so, musikalisch, tänzerisch und sprachlich, einen strukturellen Raster für die alpenländische Tradition.

Beteiligte:
Licht Dulci Jan
Musik Max Nagl
Projektverantwortliche(r) Second Nature Dance Group - Christine Gaigg
TänzerIn Senka Baruska
TänzerIn Geoff Hopson
TänzerIn Ingrid Reisetbauer
TänzerIn Daniel Renner
Technik Tilo Räthner
Text Walter Pilar

Orte:
A-4100 Ottensheim
A-4673 Gaspoltshofen
A-4802 Ebensee
A-4810 Gmunden
A-4982 Obernberg am Inn


  
  
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