PJOTR ALEKSEJEWITSCH KROPOTKIN

Kropotkin wurde 1842 als Fürst in Moskau geboren. Anfangs schlug er die Offizierslaufbahn ein, studierte dann allerdings Mathematik und arbeitete als wissenschaftlicher Geograph. In seiner Studienzeit kam er auch mit den Schriften Proudhons in Berührung. Auf einer Auslandsreise im Jahre 1872 beeindruckten ihn die anarchistischen Uhrmacher aus dem schweizer Jura so sehr, daß er schließlich selbst Anarchist wurde. Nach seiner Rückkehr nach Rußland wurde er, aufgrund agitatorischer Tätigkeit verhaftet. Nach vier Jahren Kerker gelang ihm die Flucht nach Frankreich bzw. England.

Kropotkin war Vertreter des "kommunistischen Anarchismus", der, neben der Abschaffung des Geldes, auch die Beseitigung jeglichen Tauschhandels forderte und eine "Bedürfnisgesellschaft" anstrebte. Er war der Ansicht, daß vom Zwang befreite Arbeit den Menschen Spaß machen würde, wobei gesagt werden muß, daß die Gesamtarbeitsleistung, die von einer solchen Gesellschaft geleistet werden müßte, wesentlich geringer wäre als jetzt. Verwaltungstätigkeiten, Bankwesen, Dienstleistungen im Handel, Versicherungen (und nicht zu vergessen die im militärischen Bereich anfallende Arbeit) etc., würden als überflüßig wegfallen. Weiters vertraute Kropotkin auf den technischen Fortschritt, der die von den Menschen zu leistende Arbeit weiter verringern würde. Seine Ansichten führten teilweise zu Richtungsstreitigkeiten zwischen seinem Anhang und den "kollektivistischen Anarchisten" Proudhon, Bakunin; für Privatbesitz). In der realen Umsetzung des Anarchismus (Spanien, Ukraine) spielten diese Differenzen dann aber kaum eine Rolle, da Mischformen zwischen beiden Theorieansätzen gefunden wurden.

Interessant sind auch noch seine Stellungnahmen zur Gewaltfrage. Seine Schaffenszeit fiel teilweise mit der Phase der "Propaganda durch die Tat" im Anarchismus zusammen (Einzelne bzw. Kleingruppen von AnarchistInnen versuchten gegen Ende des 19. Jh.ihrer Empörung über die krassen sozialen Ungleichheiten durch Attentate Luft zu machen und dadurch die Revolution auszulösen. Mit der Zeit uferten die Gewalttätigkeiten jedoch aus, und vermischten sich mit "normalen" Verbrechen und Provokationen der Polizei, sowie den AnarchistInnen in die Schuhe geschobenen Anschlägen. Diese Phase versaute den, ursprünglich gar nicht so schlechten, Ruf des Anarchismus bis heute.) Kropotkin lehnte zwar nicht, wie der mit ihm in vielen Ideen übereistimmende Tolstoi, Gewalt völlig ab, er ließ sie allerdings nur in äußersten Notsituationen gelten. Er war der Ansicht, daß der Revolution mit dem gedruckten Wort mehr gedient sei als mit jedem Mordwerkzeug, und daß Terror immer eine Herrschaftsform sei. Kropotkin starb, entäuscht von der russischen Revolution, 1921 in der UdSSR.

Dank an die anarchistische Buchhandlung "Monte Verita" (Hahng. 5 1090 Wien) für die Hilfe bei der Bildbeschaffung!

Daniel Steiner