HILLINGERS EU - Tagebuch

geführt von Eugenie Kain

1. Oktober

Pünktlich mit dem Urfahraner Markt schleicht sich die Herbst-Depression ins Gemüt. Hinlegen möchte man sich, Rollos herunter und nicht mehr aufstehen, bis die Frühlingsblumen sprießen. Was sieht das geschundene Auge, was hört das gequälte Ohr? Nur Schund, Häßlichkeit und absolut blödsinnigen Kommerzscheiß. Und die Larven dazu! Anscheinend haben in Depressionszeiten Solarien Hochsaison. Die Gesundheit ist jedermanns Privatsache, aber die Leute werden schiach vom künstlichen Sonnengrill und sehen es nicht,weil jedes ästhetische Empfinden abhanden gekommen ist. Man hält sich für voll guat he und ist doch nur ein armes Würschtel, dem man so ziemlich alles einreden kann. Etwa, daß ein Beitritt zur EU ein aufgeschlosseneres, weltoffenes Klima im Lande erzeugen wird. Ja, ja, ich weiß, es geht nicht so schnell.

2. Oktober.

Einmal in der Depression, gehts auch nicht so schnell. Man muß dagegen ankämpfen. Ab heute wird nicht mehr nach dem Haar in der Suppe gesucht, sondern nach der Nadel im Heuhaufen: Positives Denken ist angesagt!

12. Oktober

Juhu, wir dürfen wieder wählen! Die Schüssel - ÖVP kann beim besten Willen nicht mehr mit der Vranz - SPÖ, weil die keine rechte Spargesinnung zeigen will. Juhu, ein ehrlicher Wahlkampf soll es werden mit vielen ehrlichen Begriffen: Sparwillen, ordentliches Haushalten, Absage von Wohltaten...., also aus dem Blut- Schweiß und-Tränenfundus wird sich die ÖVP bedienen, die SPÖ aus einem anderen. Sie wird schauen, daß sie das Wort Solidarität nicht mehr wie ein Fremdwort ausspricht, Gerechtigkeit wird auch hervorgekramt und Sicherheit, aber oho, nicht die Sicherheit ist gemeint, für die Haider das Innenministerium und das Verteidigungsministerium zusammenlegen will, nein soziale Sicherheit. Wenn das keine ehrlicher Wahlkampf wird.

15. Oktober

Gitti Ederers EU-Staatsekretariat zieht Bilanz: Das erste Jahr Österreichs in der EU kostet fast das Doppelte der Summe, die offiziell an die EU überwiesen werden muß. Die Belastungen betragen 50 Milliarden Schilling. Die Beitragszahlungen betragen 28 Milliarden plus 8 Milliarden an Übergangszahlungen für die Bauern, 14 Milliarden sind "sonstige Kosten" wie Zahlungen an die europäische Investitionsbank und die Umstellung der Mehrwertsteuer. Das Positive? Aus der EU fließen nach Österreich 14 Milliarden zurück!

17. Oktober

Der Europäische Gerichtshof verwirft die Quotenregelung für Frauen. Frauen dürfen bei einer Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber nicht mehr bevorzugt werden. Unsere liebe Frau Frauenminister Konrad protestiert gegen dieses Urteil und redet etwas von in eigener Verfassung festschreiben. Das geht aber nicht, weil EU - Recht über dem nationalen Recht steht. Positiv gesehen hört sich die Diskriminierung von Frauen als Quotenfrauen mit diesem Urteil des auch ohne Quotenfrau auskommenden Europäischen Gerichtshofes auf.

18. Oktober

Die EU Forschung beschäftigt sich mit Nüssen, um europäische gegen amerikanische wettbewerbsfit zu halten. Erstere hat eine unregelmäßige Schale. Sortiert wird aufgrund der Forschungen jetzt mit optischen Bildgeräten, die 98 Prozent der fehlerhaften Kerne entdecken. Zum Öffnen kommt die Nuß mit Hilfe eines Trichters in die vertikale Achse und wird längs geknackt.

19. Oktober

Seit Herbst gibt es in der Altstadt einen EURO-Info-Point. Die Frage, ob die EU den Strauß als Ziervogel oder als Nutzvogel sieht, wurde schon erörtert.
Ein Büro für Jobsuchende, die sich für einen Arbeitsplatz in Frankreich interessieren, hat der Französische Honorarkonsul in Linz eingerichtet. Unter der Telefonnummer 0732/ 23 92 09 können in der Zeit von 8 bis 12 Uhr Wünsche angemeldet werden.

20 Oktober

Der positive Spruch des Tages stammt vom Finanzlandesreferent Christoph Leitl: "Auch die EU ist kein Land, wo die Tauben zufliegen."

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