Lukratives für Buben und Mädels vom Linzer Arbeitsmarkt

berichtet Eugenie Kain , Jan.95
Die Stahlstadt heißt jetzt Designstadt, das Arbeitsamt Berufsinformationszentrum , zu Arbeitslosen darf man längst Sozialschmarotzer sagen. Was gibts sonst Neues am Linzer Arbeitsmarkt, gibts was Neues?

Der Konjunkturaufschwung findet woanders statt. Nicht am Arbeitsamt. Oder ist das ein Aufschwung, wenn auf den Computerauszügen am Arbeitsamt meterlang Haushaltshilfen, Kassierinnen, Personal fürs Gastgewerbe und eine Marktfahrerin gesucht werden? Wer gerne sehr mobil ist, der kann sich mittels "Sensomat" auch Stellenangebote von ganz Europa anschauen. Schließlich ist Gelsenkirchen auch nicht viel anders als Linz.

Wer weiblichen Geschlechts ist und eine Arbeit in Linz sucht, der soll sich auch das Faltblatt des Frauenbüros durchlesen: "Nach wie vor gibt es Firmen, die bei Bewerbungen und Vertragsverlängerungen von der Bewerberin einen Schwangerschaftstest, Angaben über eine bestehende oder geplante Schwangerschaft, über das Intimleben oder die Zusicherung, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht schwanger zu werden, verlangen". Derlei ist ungesetzlich und das Linzer Frauenbüro bittet um zweckdienliche Hinweise.

Anna Berner (der Name wurde von der Redaktion geändert) gehört zu jenen rund 8800 Arbeitssuchenden, die in Linz arbeiten wollen. Sie sucht nicht irgendeine Arbeit. Als knapp Dreißigjährige mit Matura weiß sie ganz genau, daß sie nicht auf Versicherungskeilerin umsatteln möchte. In einer Buchhandlung würde sie gerne arbeiten. 25 Buchhandlungen im Raum Linz hat sie angeschrieben, neun haben zurückgeschrieben - mit abschlägigem Bescheid.

Als Notstandshilfebezieherin darf sie aber ohnehin nicht mehr nach einer bestimmten Arbeit suchen. Ihr muß jede Arbeit recht sein.

" Der Betreuer hat mich zu einer Firma ins Mühlviertel geschickt, für eine Arbeit, wo ein eigener PKW Voraussetzung war, ich hab aber nicht einmal einen Führerschein. Geh ich nicht hin, werden mir die Bezüge gestrichen, geh ich hin , muß ich mich fragen lassen, was ich da eigentlich such. Das Arbeitsamt ist aber der letzte Ort, wo ich mich verarschen lassen will."

STOP. Hier geht es nicht um einen Bericht gegen das Linzer Arbeitsamt. Wenn die Sparpakete tief fliegen, haben halt nur ganz bestimmte Leute die Hackeln im Kreuz. Und die haben alle entweder aktiv oder passiv mit dem Sozialbereich zu tun. Und daß einer, der arbeitslos ist, gar nicht arbeiten will, steht ja auch in der Zeitung.

Wer öffentliche Verkehrsmittel benützt, bekommt viel von dem Stumpfsinn zu hören, der in Bürgersköpfen gärt. Unlängst im 26er: Ein älteres feines Ehepaar auf dem Heimweg vom "Wienerwald" am Freinberg zum Problem der schwervermittelbaren älteren Arbeitslosen .
Sie: " Für die müßte man halt Arbeitsplätze schaffen. Die könnten doch Schnee schaufeln oder Parkanlagen betreuen.Dann sitzen sie nicht daheim herum und machen etwas Sinnvolles." Er: "Geh, das machen doch auch schon alles die Ausländer." Sie: " Naja, da muß man halt ein Gesetz machen, daß das die Ausländer nimmer tun dürfen, da hat dann keiner mehr eine Ausrede."
Also, hier geht es nicht gegen das Arbeitsamt. Aber samma si ehrlich. Den BetreuerInnen vom Arbeitsamt braucht man nicht mit dem persönlichen Biorhythmus zu kommen. Umgekehrt kann es dann aber auch nicht sein, daß das Sternzeichen ausschlagebend ist, ob man ein Arschloch als Betreuer hat oder einen Betreuer, der Service tatsächlich mit Dienst am Kunden übersetzt.

Arbeitsplätze werden ja nicht nur über das Arbeitsamt angeboten sondern auch in den Kleinanzeigen verschiedener Linzer Zeitungen. Für den Raum Haid etwa sucht ein Wachdienst einen Einkaufswagenordner. Anna Berner machte via Kleininserat Bekanntschaft mit dem Linzer Platzhirschen für frischgepreßte Fruchtsäfte in Einkaufszentren. Hier arbeiten vor allem Dazuverdienerinnen. Anna wurde mehrmals versichert, daß sie angemeldet sei. Nach einigen Wochen war für sie kein Bedarf mehr und es stellte sich heraus, daß sie nicht angemeldet war. Den Lohn bekam sie in die Hand bezahlt und den Chef nie zu Gesicht, weil der "mit seinen Angestellten nicht verhandelt".

Aufschlußreich sind auch die Kleinanzeigen in den Oberösterreichischen Nachrichten. In Zeiten, da "Prolet" auch bei Kulturredakteuren wieder als Schimpfwort verwendet wird (Reinhard Tauber in einer Abrechnung mit Alfred Hrdlicka am 10 . Dezember), verändert sich auch der Arbeitsbegriff. Bei den Stellenangeboten gab es jedenfalls im Dezember Lukratives für Buben und Mädels: "Renommierte Filmagentur sucht für erotische Filmproduktion junge hübsche reiselustige Mädchen..." ( OÖN - Karriere, 10.12.94) und " Vergebe lukrativen Nebenjob! Haupt -od. Nebenberuflich. Attraktive, sportlich gut - ausschauende Boys für diverse Freizeitgestaltungen gesucht..."(OÖN, Stellenangebote-Teilzeitjobs,14.12.1994).

Eugenie Kain



Vorsicht! Arbeitslose queren die Straße!