Der Strand
(The Beach)
London/1996, Verlag: Goldmann
Bewertung: ****+1/2
Alex Garland wurde 1970 in London geboren. "Der Strand",
sein erster Roman, war in Garlands englischer Heimat ein aufsehenerregender
Erfolg und erntete international hymnisches Lob. Alex Garland lebt heute
in London.
HERR DER EIDECHSEN
Garlands Anti-Reiseführer in die junkigen Abgründe der touristischen
Seele.
Angeblich kann man auch heute noch kleine, vom Massentourismus abgelegene
Paradiese entdecken. Der Engländer Richard, dem noch jede Menge Spinat
hinter den Ohren wächst, ist auf der Suche nach solch einem Paradies.
Er streunt durch Thailand, Indonesien und stößt in einer abgefuckten
Kaschemme auf Duffy, der ihm kurz vor seinem ominösen Selbstmord den
Weg zu DER Lagune zukommen läßt. Richard schließt sich
mit einem französischen Pärchen zusammen und macht sich auf die
Suche.
Der
Garten Eden will aber hart erkämpft werden und die drei nehmen zermürbende
Strapazen auf sich. Endlich am Ziel der Tramper-Träume angelangt,
landen sie nicht nur an einem sagenhaften Strand, sondern auch in einer
Komune, die dort haust. Die buntgemischten Hippies lassen sich keineswegs
nur die Sonne auf den Bauch scheinen, ganz im Gegenteil: sie haben ein
System errichtet, in dem jeder seinen eigenen Rang und Arbeitsplatz hat.
Und weil es sich zwischen Wasserfall, Korallenbänken, Sandstrand und
tropischem Dschungel so fein leben läßt, verdrängt Richard
immer mehr seine ursprüngliche Existenz. Er ist auch viel zu sehr
damit beschäftigt, Rivalitäten auszutragen, der kleinen Französin
nachzuschmachten und aufkeimenden Wahnsinn innerhalb der Kommune zu bekämpfen.
Zu der nervenaufreibenden Situation kommen noch korrupte Thais, die auf
der Insel eine Haschplantage geheimhalten wollen. Wie die Insel, so ist
auch das Leben dort zweigeteilt. Der Garten Eden des Strandes und die Bedrohung
durch die Haschschmuggler.
Bis zu dem bevorstehenden Fest verdichten sich die Rasereien und eskalieren
dann Vietnamkrieg-ähnlich.
Endlich ist es einem blutjungen Schriftsteller gelungen, seine Generation
an den Mann zu bringen - und das noch dazu mit Spannung und Tiefgang. Alex
Garland knüpft an William Goldings "Herr der Fliegen" an,
nur in zeitgemäßer Sprache und Ausstrahlung. Die Situation ist
die gleiche und auch der Ausgang, aber Garland weitet den kriegerischen
Ursprung des Menschen vom Kind auf den Jugendlichen aus. Drogen spielen
eine äußerst wichtige Komponente und zwischen den Twens fällt
schon mal so manch gebräuchliches Schimpfwort.
Alex Garland hat aufs neue bewiesen, daß doch kein Paradies existieren
kann, wo mehr als ein Mensch sich niederläßt.
Astrid Bartsch