Daniel Steiner
Das Ernst
Kirchweger Haus in 10. Bezirk in Wien, versteht sich selbst als autonomes
Zentrum, das einerseits Platz für Kulturveranstaltungen bietet, antifaschistische
und antirassistische Arbeit erleichtern soll und andererseits Menschen
aus verschiedensten Ländern Raum zum Wohnen bietet. Dieses Zentrum,
dessen Name an das erste Opfer von Neofaschisten in der zweiten Republik
erinnern soll, entstand 1990, indem die, der KPÖ
gehörende und faktisch leerstehende, Wielandschule besetzt wurde.
Schon damals überlegte die KP die Polizei gegen die links von ihnen
stehenden BesetzerInnen einzusetzen.
Am 21. 1997 Mai wurden von der ROSA ANTIFA WIEN gemeinsam mit einer
anderen Gruppe, Räumlichkeiten im ersten Stock des EKH besetzt, die
nach dem Auszug des Kulturvereins Romano Centro frei zu werden schienen.
In diesem Bereich wohnten allerdings weiterhin zwei Roma Familien. Im Gegensatz
zur KPÖ war für die späteren BesetzerInnen auch immer klar,
daß die Roma Familien ein Recht hätten im E.K.H. zu bleiben,
sofern sie dies wünschten. Dies wurde in einem Konzept zur Benutzung
der Räume berücksichtigt. In den fraglichen Räumlichkeiten
war ein Infoladenprojekt, ein Videoarchiv und eine Bibliothek geplant,
weiters sollte ein nichtkommerzieller Internetserver aufgestellt werden
und die Möglichkeit einer Rechtshilfe und einer kontinuierlichen Volxküche
angeboten werden.
Die Aktion wurde erst durchgeführt, nachdem die ROSA ANTIFA erfahren
hatte, daß die von ihnen mitbenutzten Räumlichkeiten in einem
KP-Kulturzentrum in einem anderen Wiener Bezirk umgebaut würden. Bereits
Monate vor dem 21. 5. gab es Verhandlungen zwischen den BesetzerInnen und
der KPÖ, die damals angeblich zu Gesprächen bereit war und eine
Mitbenutzung in Aussicht stellte. Diese Gespräche erwiesen sich jedoch
als Scheinverhandlungen, da sich später herausstellte, daß es
längst Vorverträge mit dem "Dachverband der jugoslawischen
Sport- und Kulturvereine", einer KP-nahen Gruppe, existierten. Außerdem
wurden Versuche gemacht, die an den Räumen interessierten Gruppen
gegeneinander auszuspielen, weiters wurden Räume angeboten, über
die die KPÖ keinerlei Verfügungsrechte hat. "Das E.K.H.
selbst erklärte sich in einer Aussendung an die KPÖ mit den BesetzerInnen
solidarisch" (1) und forderte die KP auf, eventuell für den Dachverband
eine Alternative zum Kirchweger Haus zu suchen.
Auch nach der Besetzung kam es zu Verhandlungen, in denen scheinbar
nach einer Lösung gesucht wurde. Der Unterhändler der KPÖ,
Günther Klodner stellte die Mitbenutzung des Saales in Aussicht, auf
ein Fax mit einem aufgesetzten Vorvertrags seitens der BesetzerInnen, gab
es allerdings nie eine Antwort der KPÖ. Sogar Vermittlungsversuche
des ehemaligen Museumsdirektors Dieter Schrage scheiterten letztlich am
KP-Finanzreferenten. Weiters erdreistete sich die KPÖ sogar, den sich
mit den BesetzerInnen solidarisch erklärenden Gruppen, mit Konsequenzen
zu drohen (von der PDS-Hanover über verschiedene Uni-Basisgruppen
bis hin zu uns Kulturvereinen zittern schon alle, womöglich dürfen
wir keine Unterstützungserklärungen mehr unterschreiben...).
"Am 29.5. um 5.15 Uhr rückte schließlich die Polizei mit
ca. 60 behelmten, beschildeten und teilweise vermummten Beamten, sowie
einem Kamerateam der STAPO an, und stürmte in einem Überraschungsangriff
den 1. Stock." (2) Mit von der Partie waren auch zwei Funktionäre
der KPÖ, die schließlich die Schlösser unter Polizeischutz
austauschten. Verhaftet wurde bei dieser Aktion niemand, die beiden Roma-Familien
verloren allerdings ihre Wohnung. Die KPÖ bot ihnen einen Campingwagen
(!) an, was von diesen abgelehnt wurde. Eine Familie kehrte inzwischen
freiwillig nach Bosnien zurück, die andere wohnt weiter im E.K.H.,
wo ihnen von anderen BewohnerInnen Räume überlassen worden sind.
Die KPÖ hat zugesichert, für diese Familie eine Wohnung zu suchen
und einen Wohnkostenbeitrag zu zahlen. Bislang wurden 2 Wohnungen besichtigt,
von denen die eine zu klein (3) und die andere zu teuer war.
Inzwischen herrscht wieder Ruhe im Haus (soweit dies im E.K.H.
möglich ist...), das Mißtrauen zwischen den Menschen aus dem
Ernst Kirchweger Haus und der KPÖ ist sicherlich gestiegen, es gibt
Stimmen die von einer versuchten schrittweisen Rückeroberung des gesamten
Hauses durch die KommunistInnen sprechen. Wahrscheinlich wäre es zu
keiner Besetzung, und damit auch zu keinem Polizeieinsatz gekommen, hätte
die KPÖ den Vorvertrag mit dem Dachverband nicht verschwiegen, bzw.
hätte sie sich selbst beim Wort genommen und tatsächlich Bereitschaft
gezeigt, "antifaschistische Jugendgruppen beim Aufbau von Infrastrukturen
zu unterstützen" (4)
(1) Tatblatt,
plus 78, S. 15
(2) aus einem Flugblatt
der ROSA ANTIFA, dokumentiert durch den ZA der ÖH
(3) 40 m2 für eine 5 Köpfige Familie, was nicht nur eng sondern
auch illegal wäre, da laut Fremdengesetzt mindestens 10 m2 pro Person
vorgeschrieben sind.
(4) VOLKSSTIMME 23, 5. Juni 1997, S. 2