Offen sein - Offenhausen
(Aus einer Infobroschüre der Pfarre Offenhausen)
Ludwig Reinthaler Junior
Am
3. Mai veranstaltete die Förderation autonomer Antifagruppen OÖ
zwei Demonstrationen: am frühen Nachmittag gegen die diesjährigen
"Offenhausener Begegnungstage" des rechtsextremen Vereins Dichterstein
und am Abend in Wels gegen" Braune Flecken und Stammtischrunden".
Zu diesem Anlaß ging der hillinger aunahmsweise nicht aus, sondern
marschierte mit.
Schon im Vorfeld kam es zu einer massiven Hetze gegen die Demo: "
Wels fürchtet Krawalle" meldeten die OÖN am 14.4. und BM
Bregartner ließ verlauten, daß ihm "ins stadteigene Kulturzentrum
diese Antifademonstranten" nicht hinein kommen werden. Gemeint war
der Alte Schlachthof, der ursprünglich als Sammelpunkt für die
Demo hätte dienen sollen. Die FP forderte daraufhin die Aussperrung
aus dem Schlachthofgelände, die VP fürchtete sich vor "linksradikalem
Gesindel" und davor, daß ebendieses "von rechten Skinheads
abgeklatscht" werden könnte (Ob es sich bei dieser Meldung um
eine Drohung oder eine Befürchtung handelte, war bisher nicht in Erfahrung
zu bringen). Der einzige Welser gegen Faschismus, Robert Eiter, distanzierte
sich wie auch schon in den letzten 2 Jahren von der Demo und bezeichnete
diese als "so nötig wie einen Kropf". Weniger drastisch
fielen die Begründungen von SJ Wels, SJ OÖ und den Grünen
für ihr Fernbleiben aus: Die regionalen Initiativen der Offenhausener
würden zu wenig in die Vorbereitung der Kundgebung einbezogen, weshalb
der Unmut in der Gemeinde Jahr für Jahr wachse und die ganze Geschichte
kontraproduktiv sei
3.Mai: 200 Polizisten aus Wels, Linz und Steyr sind aufgeboten, um vor'm
alten Schlachthof die brandgefährliche Demonstrantenmeute zu empfangen.
Am Versammlungsort werden die Antifas ausgiebig gefilmt und fotografiert,
ansonsten aber noch nicht weiter belästigt. Lediglich einige Autos
verfangen sich im Netz der Polizeisperren, Insassen und Wagen werden ausgiebig
gefilzt. Um 14 Uhr setzt sich der Autobuskonvoi unter starkem "Geleitschutz"
in Richtung Offenhausen in Bewegung, wo heuer erstmals ein Hubschrauber
des Innenministeriums zur Überwachung eingesetzt ist. Einige Kilometer
vor Offenhausen heißt es für die hinteren 3 Reisebusse erst
einmal warten: Auf Anweisung der Gendarmerie müssen die Busse über
eine halbe Stunde in der prallen Hitze (27°) stehen bleiben, das Verlassen
der Busse ist ebenfalls untersagt. Einigen Demonstranten platzt allerdings
der Kragen, sie setzen sich zu Fuß in Bewegung. Auf dem Weg werden
sie von den Bussen eingeholt und auf den Parkplatz des Sportvereins Offenhausen
geleitet (Wo gerade die lokalen Miniknaben gegen Gallspach kicken: 3:1
übrigens). Am Parkplatz wird gerade die Durchsuchung sämtlicher
Insassen der ersten beiden Busse abgeschlossen. Beim Parkplatz hat sich
schon eine größere Menschenmenge versammelt, von der Familie
mit Kindern über dezent getarnte Rechtsextreme bis zum "Pornojäger"
Martin Humer ergötzt sich jeder an den schikanösen Durchsuchungen.
Einzeln aussteigen, an den Bus lehnen, Beine breit, nach Waffen gefilzt,
Ausweis abgefilmt und Abgang zu den bereits perlustrierten. Eine Gruppe
versucht aus dem Bus "auszubrechen", es kommt zu Übergriffen
seitens der Beamten, ein Demonstrant wird von 5 Gendarmen hinter den Bus
gezerrt. Dort wird er mit Stiefeln im Genick und auf dem Kopf brutal ruhiggestellt
und erst nach heftigen Protesten der anderen Demonstranten freigelassen
(Eine Anzeige gegen die Beamten ist gerade am Laufen). Von der stundenlangen
Warterei in den überhitzten Reisebussen erschöpft, bricht ein
Antifa mit Kreislaufversagen zusammen und wird von der Rettung abtransportiert.
Mit
zweistündiger Verspätung beginnt der Demozug zum Hauptplatz,
wo im Gasthaus Lauber die Dichter gerade ihren völkischen Scheiß
rezitieren. Am Hauptplatz warten die Schaulustigen auf die Kundgebung,
zahllose Videokameras halten die Szenerie für private Feindlisten,
Stapoakten oder ähnliches fest. Verteilen von Infomaterial an die
Bevölkerung wird von der Exekutive verhindert, während der Pornojäger
seine wirren Pamphlete über bordellbetreibende Welser Neonazis(?)
ungehindert unters Volk bringt. Bei der Kundgebung spricht ein Vertreter
der autonomen Antifa-Gruppen OÖ über die Geschichte des Dichtersteins
und der alljährlichen Treffen. Ein "alternativer" Dichterstein
mit den Namen verfolgter und ermordeter Dichter wird vorm Lautsprecherwagen
aufgebaut. Nach etwas mehr als einer halben Stunde muß die Kundgebung
dann abgebrochen werden, da durch die stundenlange Durchsuchungsprozedur
der Zeitplan ziemlich eng geworden ist. Abgang zu den Bussen und im Konvoi
nach Wels.
Ankunft vor altem Schlachthof: Der ganze Parkplatz (mit Blick aufs Häf'n)
ist mit Seilen abgesperrt, Verlassen des Geländes wird von der Exekutive
untersagt. Während sich die Leute so gut'^s halt geht ausruhen, bilden
sich vor der einzigen zur Benützung freigegebenen Toilette lange Schlangen.
Die Organisatoren bauen provisorisch die Volksküche auf, Brot schneiden
muß aber wegen der Beschlagnahme des Brotmessers leider entfallen.
Die Zwischenkundgebung mit Texten von Ernst Jandl ebenfalls, weil die Staatspolizei
die Manuskripte nach der Durchsuchung "verloren" hat. Gegen 20
Uhr setzt sich der Demozug in Richtung Innenstadt in Bewegung, und nach
200 Metern wartet schon die erste Überraschung: Nicht nur der Pornojäger
und Ludwig Reinthaler nebst Gattin begleiten uns des Weges, auch BM Bregartner
gibt sich persönlich die Ehre (mußte wahrscheinlich sein Kulturzentrum
bewachen). Ein dichtes Polizeispalier schützt die Welser vor der Demo,
auch diejenigen, die mitgehen wollen. Trotzdem werden bei der Abschlußkundgebung
500 Teilnehmer gezählt.
Nachtrag: Die Welser Rundschau vom 8. 5. meldete die Festnahme von 30 Rieder
Skinheads, die "Autonome aufklatschen" wollten. Auf der nächsten
Seite wird dann die Rückkehr des Welser Stapozisten-Chefs und Stammtischbruders
Josef Matejka zur Staatspolizei gemeldet. Bregartners Begründung:
Matejka sei nach seiner Versetzung zur Fremdenpolizei "psychisch defekt"
gewesen (Asylanten abschieben muß ja auch wirklich verdammt nervenaufreibend
sein für einen aufrechten Sozi). Aber: "Als echter Freund stehe
ich auch in schlechten Zeiten zu ihm."
FREUNDSCHAFT!
Weitere Infos zur Demonstration gegen den Dichterstein Offenhausen und
die Welser Zustände gibt's bei:
Föderation autonomer Antifagruppen OÖ
Kapuzinerstr. 36, 4020 Linz, tel.:0732/77 91 394 (Fr. 18 - 20 Uhr)