Die Antwort ist schwierig, zu sehr unterscheiden sich diese Schulen voneinander. Ein gemeinsames Ziel aller Alternativschulen und Initiativen ist es Wissen anders ,teils auch anderes Wissen zu vermitteln als es in der Regelschule üblich ist, neue Wege des Lernes zu finden. Möglich ist das durch ein Gesetz aus Maria Theresias Zeiten. In Österreich besteht zwar Unterrichts- aber nicht Schulpflicht. Das heißt, Eltern müssen ihre Kinder zwar unterrichten, sie jedoch nicht in die Schule schicken. Wie zum Beispiel in Deutschland, wo Schulpflicht besteht, sodaß Alternativschulen nur mit Öffentlichkeitsrecht arbeiten können. Allerdings müssen in Österreich Kinder, die zu Hause oder in einer Alternativschule unterrichtet werden, jährlich eine Prüfung in einer Regelschule ablegen, außer die betreffende Schule hat das Öffentlichkeitsrecht, wozu diese aber beim zuständigen Landesschulrat um Errichtung einer Privatschule ansuchen muß. Erst dann kann sie einen Lehrplan einreichen und das Öffentlichkeitsrecht beantragen. Doch eine Privatschule unterliegt strengen baulichen Bestimmungen. Hat man auch den Status einer Privatschule so ist immer noch die Frage, ob der Lehrplan bewilligt wird. Trotz dieser und etlicher anderer Hindernisse gibt es Alternativschulen mit Öffentlichkeitsrecht, wie zum Beispiel das Schul Kollektiv oder die Schüler Schule in Wien, die Schmetterlingsschule in Ried im Innkreis, Lindenschule in Innsbruck, etc. Aber auch mit Öffentlichkeitsrecht werden Alternativschulen nicht gleich wie Regelschulen vom Staat subventioniert, sodaß die Eltern ein monatliches Schulgeld oft zwischen 2000 und 3500,-- Schillingen bezahlen müssen.
Die ersten Alternativschulen entstanden in Wien aus den Kindergruppen, die aus den Kinderläden der 68iger Studentenbewegung hervorgegangen waren. Eine der ersten Alternativschulen in Wien wurde 1978 im Amerlinghaus gegründet. In dieser Zeit fingen auch die ersten Eltern in Österreich an, ihre Kinder selbst zu unterrichten. Z. Bsp. die Hupfauer, damals in der Nähe von Wels. Egal wie und wann, die Eltern hatten immer mit den zuständigen Behörden zu kämpfen, die natürlich etwas dagegen hatten und teilweise immer noch haben, daß ihnen die Erziehung zukünftiger Mitbürger so einfach aus der Hand genommen wurde - wird. Doch es gibt auch oft gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Regel- und Alternativschulen. Oft genug sind es nicht die Regelschulen selbst und deren Lehrer, die etwas gegen den häuslichen Unterricht haben, sondern Behörden wie Bezirksschulrat und Landesschulrat. Viele Lehrer des öffentlichen Schulsystems sind selbst der Meinung, daß dieses nicht mehr lange, teilweise schon jetzt nicht mehr funktioniert. Mittlerweile gibt es österreichweit über 20 Initiativen und Alternativschulen sowie Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten, die allein im Netzwerk organisiert sind. Manche esotherisch angehaucht, manche mit politischem Hintergrund, mit dem Wunsch, Kindern nicht die üblichen Lehren eintrichtern zu lassen. Ist es wirklich so selbstverständlich, Kinder in eine Institution zu schicken, die ihnen unter anderem den Inhalt von Schulbüchern einpaukt, über die genug Eltern ärgerlich den Kopf schütteln. Eltern, die darauf verzichten, werden immer mehr. Nicht nur in Österreich! Alternativschulen oder demokratische Schulen, wie sie auch genannt werden, gibt es in den USA wie in Rußland, im ehemaligen Jugoslawien, in Kanada und England, Palästina, Israel oder Frankreich. Seit einigen Jahren finden jährlich Konferenzen statt, dort treffen sich die Vertreter verschiedener Schulen, um Erfahrungen auszutauschen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu finden. Eine internationale Vernetzung. Schüler aus Israel kommen nach Österreich, Schüler von hier fahren in die USA. Lehrer aus Frankreich halten Vorträge in der Schweiz und Pädagogen von dort kommen wiederum nach Österreich. Alternativschulen haben die verschiedensten Größen und Organisationsstrukturen. Viele haben eigene Schulgebäude, Lehrer und einen festen Unterrichtsplan. Bei vielen bestimmen die Jugendlichen selbst, wann sie was lernen möchten. Gleichberechtigung und miteinander/voneinander zu lernen sind die gemeinsamen Ziele der verschiedenen Schulen. Schwierig wird es, wenn die Kinder zwar jede Freiheit, aber für nichts die Verantwortung haben. Oder wenn Eltern ihre Kinder, da sie selbst zu beschäftigt sind, in eine dieser neuen Schulen abschieben. Mit beruhigtem Gewissen und im Bewußtsein, ihnen jetzt was Besseres geboten zu haben, wie auch dem Kind immer das teuerste Spielzeug gekauft wurde. Wenn Kinder zu Hause unterrichtet werden, besteht vielleicht auch die Gefahr, daß sie den Kontakt zu Gleichaltrigen verlieren, aber daß diese Probleme zu lösen sind, wurde schon mehr als einmal bewiesen. Eigentlich sonderbar, daß von dieser doch nicht so unbedeutenden Bewegung die wenigsten eine Ahnung haben. Viele Lehrer und Beamte der Schulbehörde wissen nicht einmal, daß es die Möglichkeit gibt Kinder zu Hause zu unterrichten.
Falls sich jemand für häuslichen Unterricht oder Alternativschulen interessiert, kann er sich an den Bundesdachverband für selbstbestimmtes Lernen wenden oder dort Informationsmaterial anfordern. Info: Netzwerk: Schweglerstraße 43/4, 1150 Wien- Tel.:0222-983 3440
Februar 97
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