Nach mehreren recht unterschiedlichen Anläufen sucht das OK seit 1992
als Produktions- und Ausstellungszentrum für zeitgenössische Kunst
einen Platz an der Spitze österreichischer Kunstinstitutionen. Prima
vista könnte man annehmen, daß dieses Vorhaben eine Nummer zu
groß ist für ein Projekt abseits von Wien, mit vergleichsweise
recht begrenztem Budget und ganz ohne dem Rückenwind einer heroischen
Geschichte.
In unserem Land, in dem sich ungewürdigte Genies und "in ihrer
Bedeutung weit unterschätzten Institutionen" im Gedränge
zum vermeintlichen Zentrum täglich aufs Neue ihre getretenen Hühneraugen
zeigen, unterliegt jeder Frischling nur zu leicht der Versuchung sich ein
abseits gelegenes Nischlein zu finden, es als Nabel der Welt zu erkennen
und mit dem seeligen Hans Rosenthal lauthals zu murmeln "das ist Spitze!".
Das OK versucht durch reichlich portioniertes Ohrenschmalz diesen lockenden
Sirenengesängen zu entgehen und internationale Maßstäbe
für sein Programm anzuerkennen. Marxs "Hic Rhodus, hic salta!"
(MEW 23, S. 181, nach Äsop) ist allemal der zukunftsträchtigere
Leitspruch als die neue Unübersichtlichkeit unseres altvorderen Kanzlers.
Oberösterreichische KünstlerInnen mit ihren zukünftigen KonkurentInnen
bekanntzumachen und Aufstiegshilfen aufs glatte Parkett eines überregionalen
Kunstbetriebs zu bieten, ist die drängendste Bestimmung des OK. Die
Praxis macht deutlich, daß dieses abgefeimte Unterfangen am ehesten
dann gelingt, wenn sich lokale KünstlerInnen in einem gemeinsamen Programm
mit national und international erprobten messen. So besteht die Chance für
Kontakte zu erfolgreichen KollegInnen und die Rezeption durch für das
internationale Kunstgeschehen wichtige KuratorInnen und JournalistInnen.
Trotz mehrjähriger, nicht zuletzt durch wiederkehrende Wassereinbrüche
gebotener Um-Bauphase, konnte die Produktions- und Ausstellungstätigkeit
weiterentwickelt werden. Fünf sehr unterschiedliche Installationen
wurden im vergangenen Jahr im großen Saal des OK realisiert. Das gemeinsame
in all der Vielschichtigkeit der Ansätze ist einerseits darin zu finden,
daß die KünstlerInnen noch am Anfang einer Karriere stehen, andererseits
in der stabilen hohen Qualität der Arbeiten, die den alten Häuptling
der Kuratorenszene Harald Szeemann veranlaßte festzustellen, daß
das OK heute "das wohl interessanteste Programm österreichischer
Ausstellungshäuser macht".
Zum Schwerpunkt Rauminstallationen in den Bereichen bildende Kunst und Elektroakustik
gesellten sich im letzten Jahr zwei gewichtige und inhaltsreiche Internetprojekte
zur Kulturpolitik:
Bei Vera Frenkels "Missing Bodies" setzen sich im Rahmen der Konzeption
der kanadischen Documenta-Teilnehmerin zahlreiche KünstlerInnen mit
dem Kunstraub des Nationalsozialismus auseinander. Daß die in Linz
lebenden Künstlerinnen Anja Westerfrölke und Betty Spackman an
diesem Projekt beteiligt sind, zeigt daß hochfliegende Pläne
internationaler Vernetzung reale Früchte hervorbringen können.
Der Austrokanadier Robert Adrian X präsentiert anläßlich
der Ars ´96 im OK das Netzwerkprojekt "Musik und Politik".
Gemeinsam mit Sam Auinger erarbeitete Bob parallel dazu die Klang-Rauminstallation
"Deep Blue", in die Überlegungen der Gleichzeitigkeit von
Fragmentierung und Vernetzung in unserer mediatisierten Gesellschaft, vom
Verlust der Definition und Abgrenzung zwischen den Medien und zu unserer
Prägung als Medien-Kreaturen eingegangen sind.
Als Zwischenschnitt wird anschließend ein Blick auf die prozeßhafte
Arbeit des "Kunst und Bau"-Projekts, welches den Umbau begleitet,
gestattet. Sabine Bitter / Helmut Weber, Karl-Heinz Maier, Johann Moser
und Robert Schuster erarbeiten eine Austellung zu dieser Problematik. Unter
dem Titel "Die Wahren-Wunder wirkt die Kunst als Ware" wird zum
Jahresausklang eine Austellung von Bazon Brock, Herbert Fliedl und dem OK
konzipiert. Munchs "Schrei" als Sexpuppe, Malewitschs "Schwarzes
Quadrat" als Puzzle und Dalis "Fließen der Zeit" als
Kerze stellen die Frage nach Wert und Aura der Kunst in der Gegenwart anders,
aber vielleicht radikaler als gelehrte Aufsätze.
PS.: In der knapp vierjährigen Produktions- und Ausstellungstätigkeit
hat das OK, ohne darum viel Wind zu machen, gleich viele Künstlerinnen
wie Künstler präsentiert. Österreichische (und internationale)
Museen und Ausstellungshäuser für zeitgenössische Kunst grundeln
laut Statistik zwischen 8% und 30% Künstlerinnenanteil herum.
Elisabeth Schimana (Österreich): "Obduktion", Klanginstallation
mit Projektionen von Thomas Freiler
(Photo: Thomas Freiler)