BONJOUR JUNI '96



... zusammen. Kann es sein, daß unsere Schreibe für BONJOUR! zu arg ist? Stimmen drangen an mein Ohr, die meinten: Sie trauten sich nicht ihr Produkt für ein Review herzugeben, weil sie Angst vor einer extremen Meinung des Besprechenden hätten. Aber, aber meine Damen und Herren, sind wir wirklich so schlimm? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Wir sagen nur, mit einer zugegebenen eigenen, sehr direkten Sprache, was wir von den verschiedene Produkten halten. Das ist - soviel ich weiß - legitim und die Sprache, die man verwendet, darf man bekanntlich auch selber wählen. Jeder steht auch für das, was er geschrieben hat, gerade das ist auch selbstverständlich. Nehmt´s nicht so schwer, freut euch, wenn´s gefallen hat und schickt euer Zeugs an:
KAPU, Kennwort BONJOUR!, Kapuzinerstr. 36, 4020 Linz. OK? OK! Huckey

P.S. Täterätätä!!! Erhältlich ist ab jetzt der vom KAPUBANDPOOL inszenierte Sampler "aufmachen!!". Wir reviewen ihn hier nicht. Es wird aber einen Artikel im hillinger geben, der euch über Entstehung und Ziele dieses Projekts informiert. Und: Kaufen natürlich!!!

KANDLHEIMSAMPLER

CD, Kandlheim, Edlbacherstr. 1, Linz
Das beinahe legendäre Kandlheim ist also renoviert und neu eröffnet worden. Dieser Anlaß wurde - man staune - dazu benützt, um diesen Sampler mit 10 jungen Bands zu produzieren, und ausnahmsweise nicht, um das größtmögliche politische Kapital herauszuschlagen. Man hätte ja auch den Ostbahnkurti zur Eröffnung spielen lassen können, oder weiß ich wem das Geld in den Rachen stopfen können, wie das bei von Partei oder Gewerkschaft geförderten Aktionen allzu oft passiert. Aber: "Jugendliche brauchen Platz, um jugendlich zu leben" meint die Gewerkschaft und bezahlt ganz solidarisch diese Produktion. Von einem Pferdefuß ist mir nichts bekannt, und dann finde ich das auch gut und richtig. "Dieses Jugendhaus bietet allen Jugendlichen, die aktiv was unternehmen wollen, den nötigen Raum", heißt es im Inlet, also nichts wie hin dort und genommen, was uns gehört, sage ich da. Den "Ich bin ein Volkshaus und keiner braucht mich"-Mief könnte das Kandlheim somit loswerden. Nie wieder qualvolle Nachmittage der miesen Bandwettbewerbe oder dubiose Konzerte mit komischen Bands.
Zur Musik: Ich weiß nicht, wo diese 10 Bands gefunden wurden. Bis auf Heiligenblut und Absurd habe ich noch von keiner der Bands ein Lebenszeichen wahrgenommen. Insgesamt kann man bei gutem Willen seinen Frieden mit diesem Teil schließen. Alleine weil man erfährt, was diese Bands so machen, und das reicht von Indie über Hip Hop und Protestrock (sehr altbacken) zur Metallballade und Deathmetallähnlichem. Ich bin schwer verblüfft, was da so auf einen zukommt; aber am besten, ihr hört selber mal rein. Mein Sympathiebonus geht an Elfriedes Knie mit "You can run" und Senseless Seduction für den Slogan "Schließ die Schlucht oder bau eine Brücke, komm schließ die Lücke". Der Information halber seien hier noch einmal alle vertretenen Bands aufgezählt: Heiligenblut, Elfriedes Knie, Ssenkrad, Grooving Arts, Senseless Seduction, Toys alive, BWN, Toys in the Attic, Absurd, Defaulig. Huckey

EXTENDED VERSIONS

Maxi
CD, Familienalbum
Manche österreichischen Musiker haben es geschafft, sich eine Nische irgendwo weit vom Mainstream, aber auch außerhalb der abgeschlossenen Spezialistenkreise (Hardcore, Punk, Hip Hop ...) einzurichten. Die großen Namen der österreichischen "Alternativmusik", daß ich dieses Scheißwort auch einmal gebrauche, wie Wipe Out, Play The tracks of, Attwenger, etc., haben alle ihren eigenen Sound und ihre eigene Methodik gefunden und ziehen ihr Ding durch. Gut so. Geschickt zieht man seine Kreise und macht seinen Weg, ohne Zugeständnisse in irgendeine Richtung machen zu müssen oder sonstwo zugeordnet werden zu können. EXTENDED VERSIONS z.B. muß man mögen. Musikalisch immer mit dem "Achtung interessant!"-Sticker versehen und politisch mit dem "korrekt"-Status im Einklang, ist man ja beinahe ein Arsch, sie nicht zu mögen. Beruhigt kann auch ich diesmal wieder sagen: Gute Jungs sind das. "Maxi" bietet 2 neue Stücke plus ein aufgemotztes "in this town 96", das ja bekannt ist. Mit "Orgelhit" und "Friends" präsentieren sich die EV als gewiefte Songschreiber. Das hat sich für mich schon abgezeichnet. Schöne Melodien plus gute Ideen betreffend Instrumentierung und Arrangement. Den Gesang von Christof Kurzmann muß man halt mögen. Beide Songs werden von Mathias Arfmann (Kastrierte Philosophen) remixt, was nicht so den großen Unterschied macht, aber Ok geht. Von "Friends" gibt´s auch einen "Jetlag Remix" von Fennesz zu hören, mit einem seltsam anmutenden Beat gegen Schluß (sollte das ein bißchen Jungle sein?). Das alles geht in Ordnung mit mir, alleine der Sinn eines Radio Edits (von "Orgelhit") ist mir schleierhaft.
Grundsätzlich ist "Maxi" ein kräftiges Lebenszeichen von Heiland/Kurzmann und macht Lust, auch ein neues Album zu hören. Erschienen übrigens auf "Familienalbum", dem Label unseres Vertrauens. Schön. Huckey

Kauf Mich #3

FC Linz Fanzine
Gindelhumer Christian,
Weidfeldstr. 150, 4050 Traun
Die Blattlinie: "KAUF MICH ist unser kleines ultimatives Aufsteigerfanzine für alle FC Linz Fans und all die anderen korrekten Typen am Fußballplatz, wo immer sie auch beheimatet sind." Gebracht werden einerseits Berichte über die aktuelle Lage des Vereins, in dem gegen Großklubambitionen - auch im Hinblick auf die immer neu entstehenden Fusionspläne - polemisiert wird. Ein Beitrag ist über eine Interrailreise der Zinemacher, die sie von Deutschland über Frankreich nach England führte und ihnen einige gute Spiele bescherte. Neben Fußball wird der KAPU-BANDPOOL-Sampler vorab vorgestellt, britische Fanzines reviewed und Konzertberichte: Snuff, Bad Religion (Snuff gefielen, die Amis werden als Kommerz entarnt), But Alive, Propagandhi, Ugly Kid Joe (muß spaßig gewesen sein...), Worlds Apart (in der Plus City !!!) usw. abgegeben. Dies alles aus der sehr persönlichen Sicht zweier Punk-Rocker (sag ich halt mal). Gefällt mir sehr gut, und die 10 Öschis, die sie dafür wollen, könnt ihr ruhig berappen! daniel

FURTHER KIND

Open
CD, Familienalbum
Neulerchenfelderstr. 11/5, 1160 Wien
Die wunderschöne Aufmachung dieser vom FAMILIENALBUM - einer TROST-Abspaltung - herausgebrachten Mini-CD, läßt einiges hoffen. Das melancholische Artwork wird sofort vom Instrumentalopener "Opening" in Musik umgesetzt, direkt übergeleitet geht es in den ersten Song "Open" über: Ein sanftes, jedoch spannungsgeladenes Stück. Jazzcore, hab ich gedacht. "Meaning is Birth", die 2. Nummer kommt dieser Schublade, in die FURTHER KIND des öfteren gesteckt werden, schon näher. Die 3 Herren finden sich darin allerdings sehr gut zurecht, verzichten auf Überflüßiges und kreieren ihren eigenen Stil. Die Songs verschwimmen ineinander, liefern jedoch - auch einzeln gehört - ein abgerundetes Bild. Ich halte Open für äußerst gelungen.
daniel

CONTOWER

CD, Das Proton
Postfach 13, 3107 St. Pölten
Die jüngste Landeshauptstadt dieser Republik bietet neben sinnlosen Milleniumsfeiern für irgendeinen Acker auch eine interessante musikalische Formation, nämlich CONTOWER. Die Band versucht mit ihren ausschließlich instrumentalen Kompositionen ein Crossover von U- und E-Musik, wobei das Ergebnis eine Mischung aus Jazzcore und 12-Ton-Musik darstellt. Die 19-minütige CD bietet 3 Einstiegsmöglichkeiten (von Nummern zu sprechen ginge wohl am Kern der Sache vorbei), auf die ein immer ähnlicher Ablauf folgt: Rockriff, Improvisation bis hin ins fast Atonale. Von den im Beiheft versprochenen Brachialgewalten kann ich aber nicht viel entdecken, mitreißende Kraft, die etwa Bands wie HAPPY FLOWERS oder ULTRA BIDE entwickeln (welche ebenfalls den Weg der normalen Rockkompositioen verlassen), wird mensch auf dieser CD vergeblich suchen. Hier haben wohl weniger Leute ihren persönlichen Wahnsinn in Noiseattacken verpackt als vielmehr ihrem musikalischen Können freien Lauf gelassen. daniel

LITTERBOX

Flavour
Kopalg. 51/19, 1110 Wien
Da hab ich sie ja wieder, meine Lausbuben! Neue Single, Top Qualität, wie gewohnt. FLAVOR heißt das Teil, ein schmucker Popsong, der den feinen Gaumen der LITTERBOX-Maîtres wieder einmal unter Beweis stellt. Macht Gusto auf ein zweites Album! Die Flipside "Wildboars Party" scheint mir etwas gewagt, reicht aber nicht aus, um das Menu, das als Nr. 12 auf der BREAFKAS READY-Speisekarte aufscheint, als "simply delicious" zu bezeichnen. dieter

LIEBLINGE DER NATION

Promotape
Christian Candid,
Rizyg. 4a/13, 1120 Wien
Die L.D.N. ziehen aus, um die Welt zu erobern. Als Gewinner der Österreichausscheidung des FM4 Nachwuchswettbewerbes "SKYPE" erreichten sie Platz 7 in der Europawertung. Frau mag davon halten, was sie will, die Nation liebt diese Band... Sie sind lieb, nett und intelligent, doch nach eigener Definition immer cool. Gut so! Mit drei Chorden ausgestattet fegen sie durch die wunderbare Welt der Gitarrenpopmusik. Nettes Songwriting ergibt unter dem Strich zwei Hits -"Irgendetwas" und "Hart aber Herzlich" (Orgel macht sich ausgezeichnet). Wer diese "Hamburger-Schule"-Dinger noch nicht satt hat, ist mit diesem Tape - oder der im Herbst (?) erscheinenden CD - der österreichischen TOCOTRONIC sicherlich gut bedient.
PS.: L.D.N. sind auch auf dem KAPUBANDPOOL-Sampler "Aufmachen!!" vertreten. dieter

YIELD 7

Demotape, Eigenvertrieb
Michael Schweiger, Lessingstr. 9, 4020 Linz, tel.: 77 23 06
Spät, aber doch, findet nun auch der etwas länger im Umlauf befindliche "getapte" Zweitling unser aller Lieblinge seine gebührende Würdigung im Kapu-Zine. Bevor sich jetzt alle genervt auf den Kopf greifen und irgendetwas von Freunderlwirtschaft zu faseln beginnen, möchte ich hinzufügen, daß es mir beim Schreiben dieses Reviews ähnlich ergangen ist wie Kollege Huckey bei seiner STRAHLER-Kritik im letzten Zine und daß ich zu dem gleichen Schluß gekommen bin. Objektiver Journalismus fuck off!! Ist nicht mein Problem, daß ich die Kerls von YIELD 7 gut kenne, und diese zufällig den mitreißendsten, intensivsten, politisch korrekten Schweinerock'n'Punk-Roll fabrizieren, den dieses Land jemals zu Gehör bekommen hat.
Aber was erzähle ich euch eigentlich, da einem in letzter Zeit kaum die Gelegenheit genommen wurde, das energetische Dreiergespann und deren Live-Qualitäten, die von Gig zu Gig an Kompaktheit und Intensität zunehmen, zu bewundern und sich von deren hypnotischem, psychedelisch schwer angeschlagenem, austro-australischen Noise'n'räudiger Roll-Wahnsinn einfangen zu lassen.
Auch auf Tape - in bewährtem Kapu-Soundgewand - sehr eindringlich und uneingeschränkt an jene weiterzuempfehlen, die schon mal etwas von KILLDOZER gehört haben.
Vergeßt "Born to be wild", das ist der Stoff, mit dem ihr eure Autoradios füttern müßt. pezzy


JUNI 96

wir lesen hören schauen linz