Günther "Brandzinken" Hochegger
DER SCHWIMMT IN FRIEDEN.
5. 4. 96
Wann mán von Linz zwoá Kilometer donauaufwärts foáht,
kumt má zur Gartenstadt Puchenau.
Gartenstadt hoáßt de Ortschaft deshalb, weil statt richtige
Häuser á großá Haufm Betonkistn dort steht. Dázwischn
sánd á poá Sträucher und Staudn zum seng. Mir
gfallt der Ort übáhaupt net und dáß sich de Leut
in de Betonkistn wohl fühln, kann i á net vástehn.
Dafür woá der Mann, der de Betonsiedlung geplánt hat,
á recht prominenter Architekt.
Dábei wá ja de landschaftliche Umgebung von dem Ort ausgsprochn
schön. Auf dá linkn Seitn siágtmá den Kürnberger
Wald und die Donau. Rechts sánd de erstn Mühlviertler Berg.
Á Besonderheit is abá dá Friedhof in Puchenau.
Dá Eingang is beim altn Friedhof. In dem steht á de alte Pfoarrkirchá.
Glei dánem is dá neuche Friedhof.
De Behörde möcht i kenná, de des Areal als Friedhof genehmigt
hat. Weil der liegt direkt nebm dá Donau und aussádem an Meter
tiáfá als dá alte. Wann de Donau Hochwassá hat,
kann des Grundwassá net abfließn und speichert sich im Bodn.
Es woá á totál várengtá Sommá
und de Donau is widá ámal übá de Ufer gstieng.
In der Zeit hamá á Leich in Puchenau
ghabt. I woá zur Wach einteilt und woá seit achte Vormittag
am Friedhof. De Aufbahrung woá in dá altn Kirchá, á
erste Kláss. Dá Vástorbene, á pensioniertá
Offizier.
Auf dem Soág woá á rot - weiß - rote Fahne mitn
Bundesadler. Auf der Fahne is á Stahlhelm gleng. Vor dem Soág,
rechts woá auf án Stockerl á rotá Polster. Auf
dem woán einige Medäulln zum seng. Auf dá linkn Seitn
is á Schreibpult gstandn. Auf dem is á Kondulenzbuch gleng.
I hab mein Tálár anzong und den Huát aufgsezt. Da hör
i, wiá draußn á Auto steh bleibtund i denkmá:
"Des wird sichá dá erste Gärtná sein."
I schau aussi und siág án grauen VW-Bus aus dem einige Offiziere
aussteing. I wundát mi: "De kumán abá á
schao bald dáher."
Oáná von de Manná kumt zu mir und fragt mi: "Ist
hier die Beerdigung des Herrn Major Rausch?" I sag eám: "Ja,
der is in dá Kirchn aufbahrt." Dann erklärt er mir: "Wissen
sie, wir sind zur Ehrenwache abkommandiert." Und fragt weiter: "Die
Beerdigung beginnt um elf Uhr. Ist das richtig?" "Ná, die
ist erst um vierzehn Uhr." sag i eám "Um vierzehn Uhr?"
fragtá widá "da sind wir ja viel zu früh hier."
Dann redtá mit seine Kollegn. Er kumt widá zu mir und fragt:
"Bitte gibt es hier in der Nähe ein Gasthaus? Wissen sie, wir
kommen aus Salzburg, da können wir nicht einmal zurück fahren."
Isag eám: "Ja glei da vorn, links nebm dá Kreuzung is
á Wirtshaus. Dort kináns á guát essn."
Der Offizier bedankt sich, de Manná steing widá in den Bus
ein und foáhn zum Wirtn.
Kurz drauf kumán zwoá Gärtná. De ham eáná
Auto voll Kränz und Bukett ghabt. Da woán etliche große,
teuerne Gebinde mit rot - weiße Schleifm dábei. De zwoá
ham ihre Kränz auf de Ständer ghänkt. I hab de Kranzlistn
auspackt und des Greázeug aufgschriebm.
Wiá i dámit fertig woá, bin i zum Grab gangá,
des woá im neuchn Friedhof. Nemán Grab hab i á langs
Kábel und án Schlauch gseng aus dem á dreckigs Wassá
grunná is. Kurz drauf kräult dá Totngrabá aus
dá Gruám. I frag eám: "Gibts leicht Probleme?"
"Ja freili" erzöidámá" Seit siebáne
in dá Fruáh pump i des Wassá aus der Gruám.
Abá es hülft nix. Kaum is des Grab leer und i schalt de Tauchpumpm
aus, is á poá Minutn drauf schao widá án halbm
Meta hoch drinn. Abpölzn habis á miássn, weil sonst wásmá
eh schao längst einbrochá, des Grab."
Während er mit mir redt fangts widá zum rengá an: "So
á Scheiß", schimpftá, " reichts net, dáß
des Wassá vo untn kumt. Iátzt muáß von obm á
nu abá rinná!" Isag eám: "Is eh Wurscht,
laßmán halt á weng schwimmá, den Mann."
"Du redts di ja leicht" moánt er drauf. "Was glaubst,
dáß mir de Angehörign erzöin, wans de Bescherung
seng." I bin widá zruck gangá in de Kirchá. Zu
Mittag hab i mi in oáne von de hintán Bänk gsizt. Mei
Jausn auspackt, in Ruhe gessn und á Fláschl Bier drungá.
Genau um oáns sand drei Lastwäng vom Bundesheer kumá.
De ham á Kompanie Soldatn bracht. De Manná ham sich vorm Friedhofseingang
vásammelt. Dá Kommandant kumt zu mir und stöllt sich
vor: " Gestatten, Hauptmann Spermer. Wir sind hier zur Konduktbegleitung.
Wissen sie, wo wir uns aufstellen müssen?" I sag eám: "Wartns
bitte noch oán Moment! Unsá Arrangeur muáß gleich
kumá. Der sagt ihnen de genaue Aufstellung." Kurz drauf kummt
á Reisebus, der hat de Militärmusik bracht.
Dann is dá Sepp mit sechs Kollegn kumá
und hintá eáná unsá Chef. Den Kommandantn sag
i: "Sie, in dem Auto kumt unsá Arrangeur, der woás genau
de Kondukteinteilung." Der Häuptling untáhalt si kurz mitn
Sepp und unsán Chef. Dann kumt dá Sepp zu mir und fragt ob
ois in Ordnung is. "Ja bei mir schao" sagi eám. "Abá
dá Totngrabá hat große Probleme. Der bringt des Wassá
ausm Grab nimmá aussá." "Des muáßámá
glei anschaun" sagtá drauf und geht zum Grab.
Da Chef fragt mi: "Ist ein Kondulenzbuch hier. Haben sie es auch geöffnet?"
"Ja sichá, Herr Chef! Á Schreibzeug hab i á dazuá
glegt." Dann gehtá in de Kirchá. Á poá
Minutn drauf kumtá widá zumir und i frag eám: "Páßt
was net, Herr Chef?" "Alles in Ordnung" moántá
"Nur diesen billigen Kugelschreiber hätten sie nicht dazu legen
müssen." "Was bessás habi leidá net" "Macht
nichts" sagtámá "ich habe meine Füllfeder dazu
gelegt." De Füllfeder hat er nach dá Leich nimmá
gfundn.
Inzwischn woán alle Angehörign da und recht vü ranghohe
Offiziere. De Militärmusik hatse rechts vorm Eingang aufgstöllt.
De Soldatn sánd auf dá linkn Seitn, entlang dá Straßn
gstandn.
Da Sepp is vom Grab widá zruck und teilt uns für den Kondukt
ein: "Leo, Alfred Stefan und Poldi ihr gehts zum Soag. Joáchim,
du nimmst des Kreuz. Wiggerl und Güntá ihr zwoá kumts
mit mir zum Auto."
Er gibt an jedn an großn Stoß Totnbüldá und rat
uns: "Fangts glei beim Kircheneingang zum váteiln an. Nachher
könnts de Kränz zum Grab bringá!" I sag eám:
"Du Sepp, laß dá nu Zeit mitn Betn. Da kummt nu á
Ehrenwache. De woán schao um neune da. Dann sánds zum Wirtn
gfoáhn." "Ach so; zu wöchán denn?" fragtá
mi. "Glei da vorn bei dá Kreuzung " sagi eám. "De
werdn uns doch net abgsoffm sein" moánt er drauf.
Pünktlich um dreiviertl zwoá woáns da. De Manná
von dá Ehrenwache. Tádllos adjustiert und halbwegs nüchtern.
Si sánd sofort zur Aufbahrung und hamse nemán Soág
gstöllt.
Dá Chef hatse in dá Kirchá um de Angehörign
und des Kondulenzbuách kümmert. Dá Sepp hat nu kurz mitn
Kommandantn gredt und dann sámá in de Kirchá. Während
miá mitn betn angfangt ham, hatmá schao de Glockn läutn
ghört. Kurz drauf is dá Pfoárrá mit de Ministrántn
kumá. De Ehrenwache is stocksteif nemán Soág gstandn.
Nur derjenige, der vorn links gstandn is, deáfát doch á
bißl zfü dáwischt ham.
Freilich, er is genauso grad wiá seine Kollegn nemán Soág
gstandn. Nur hat eám halt á ordentlicha Schnáckl beutlt.
Während miá alle nu laut bet ham, is ja des neámd aufgfalln.
Abá wiá dá Pfoárrá da woá, is
ruhig woán und dann hatmás deutlich ghört.
"Hup -- Hup" is gangá und des alle poá Sekundn.
Dá Pfoárrá sengtden Totn und dann fangtá zum
Betn an: "Der Vater des Erbarmens und der Gott - Hup - allen Trostes
sei mit euch." Miá ham den Kehrvers bet: "und mit deinem
- Hup - Geiste."
Der arme Mann woá scháo kásweiß im Gsicht, abá
er hat sich den Schnáckl net váhaltn kiná. Dá
Pfoárrá hat weidá bet und bei jedn fünftn, sechstn
Wort hatmá ganz deutlich des - Hupp - ghört.
I habmi zum Glück mit de Totnbüdl zum Eingang zruckziáng
kiná. Sonst wá i laut lachád woán.
Nach dá Aussegnung is dá Kondukt in de neue Pfarrkirchá
gangá. Dá Wiggerl und i ham zerst de Büldá vateilt.
Dann hamá de Kränz und Bukett zum Grab bracht.
Da is des Wassá schao widá án halbm Meter hoch gstieng
und i sag zum Wiggerl: "Da krieágtá á schöns
Bad, dá Herr Major."
Kurz drauf kumt dá Kondukt aus dá Kirchá. Vorn de Militärmusik,
dáhintá de Eherenkompanie, de Ministrántn und dá
Pfoárrá. Nach denendá Soagwagn mit de Tragá
und de Offiziere. De nächstn woán de Angehörign, de Offizierskollegen
und de Trauergäst.
Dá schnackláde Offizier hat sich widá erholt. Er hat
widá á gsunde Farb ghabt und vom Schnáckel hatmá
á nix mehr ghört.
I hob mi nur übá den Kompaniechef gwundát. Mit ganz kurze,
abghackte Schritt isá vorausmárschiert und i habmá
denkt: "Hat der Probleme mitn Stuhlgang?"
Meine Kollegn sánd mitn Soágwand nems Grab gfoahn.
De Ehrenwache
hatsxe dánem aufgstöllt. Dann hamá den Soág aufm
Grabhügel ghobm. Dá Sepp sagt uns leise: "Ganz langsam
und vorsichtig eini lassn!" Miá stölln uns aufs Grab, nemán
de Strick in de Händ. Dá Pfoárrá spricht: "Wir
übergeben den Leib der Erde--". A Trompeter spüit den Zapfmstreich
und miá vásenkn de Leich vorsichtig im Grab. Koá Plätschán,
nix woá zum hörn. Miá ham de Strick vorsichtig aufm Grabhügel
glegt. Dann sámá widá zur Kirchá zruck.
Es hat tatsächlich neámd gmerkt, daß de Leich im Wassá
liegt. De Musik, de Offiziere und Soldatn ham den Friedhof widá válassn.
Nur de Angehörign sánd nu länger dort bliebm.
Wiá dá Sepp widá zruck woá, frag i eám:
"Du ham de Leut wirklich net gmerkt, daß des Grab voll Wassá
is?"
"Abá wo denn", sagtá drauf, "der schwimmt in
Friedn, dá Herr Major!"
Ausprache:
a = dunkles ao
á = helles a
Brandzinken Günther liest am 22.5. auf d'Nacht im Café
SOFA in der KAPU z'Linz