Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Michael Spindelegger

Die aktuelle globale Verschlechterung der Wirtschaftsdaten und die militärische Zuspitzung des Konflikts im Nahen Osten haben die humanitäre Katastrophe in Simbabwe aus den Schlaglichtern der Medienaufmerksamkeit verdrängt. Bei einem Projektbesuch anfangs Jänner im Südwesten des Landes konnten wir uns davon überzeugen, daß die Lage dort, insbesondere für die ländliche Bevölkerung nichts an Dramatik verloren hat, im Gegenteil: den schleichenden Kollaps des Landes haben bereits mehrere tausend Menschen mit dem Leben bezahlt, während zehntausende weitere von Seuchen und Hungertod bedroht sind.

Die offiziell bereits über 2000 Choleratoten sind ein Symptom nicht nur für den Bankrott des Gesundheitswesens Simbabwes, sondern auch für das völlige Versagen bzw. die Ignoranz seines Regierungssystems, den Grundbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Schulen und Universitäten, aber auch die meisten Betriebe sind geschlossen. Hunger und Mangelernährung nehmen dramatische Ausmaße an und bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung braucht Nahrungsmittelhilfe zum Überleben. Die "Dollarisierung" der Wirtschaft ist nicht nur ein implizites Eingeständis des Staatsbankrotts, sondern verschärft auch noch die Diskrepanz zwischen der notleidenden Bevölkerungsmehrheit und der herrschenden Elite bzw. einer Minderheit, die Zugang zu Devisen hat. Besonders schlimm ist die Lage für die Bevölkerung in den städtischen Ballungsgebieten mit ihrer rasch kollabierenden Infrastruktur und für die Menschen in den ländlichen Gebieten, deren karge Reserven wie ihre Viehherden durch skandalös unfairen Tauschhandel noch zusätzlich geplündert werden.

Das resourcenreiche Simbabwe mit seinem einst ausgezeichnteen Bildungs- und Gesundheitswesen hat nicht zuletzt aufgrund einer verfehlten (weil politisch mißbrauchten) Landreform seine Rolle als Brotkorb des südlichen Afrika eingebüßt und ist direkt und im übertragenen Sinn zum Krankheitsherd für die SADC Region geworden.

Denoch sind nach wie vor auch Zeichen der Hoffnung unübersehbar, wie das erstaunliche Durchhaltevermögen und die kreative gegenseitige Nothilfe der Menschen, deren ungebrochene Zuversicht und die – entgegen allen Fabrikationen der Regierung – betont gewaltfreie Opposition. Das Land und seine Menschen verdienen gerade jetzt verstärkte internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das offizielle Österreich und österreichische Firmen und NGOs haben eine lange Tradition guter Beziehungen zu Simbabwe und zu seiner Zivilgesellschaft. Unser Aufruf an die Adresse Ihrer Amtsvorgängerin Dr. Plassnik nach den Parlamentswahlen im März vergangenen Jahres hat nicht von ungefähr breite Unterstützung quer durch Österreich gefunden.

Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Lage in Simbabwe und der fortgesetzten Weigerung seiner abgewählten Regierung dem Votum der WählerInnen Rechnung zu tragen bzw. den ausgehandelten Kompromiß für eine Übergangsregierung zu implementieren, appellieren wir erneut an die österreichische Bundesregierung, sich im eigenen Wirkungsbereich und gerade auch durch den Sitz im Weltsicherheitsrat für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

1) Simbabwe gehört – angesichts der Fruchtlosigkeit der Bemühungen von SADC und AU - auf die Agenda des UN Sicherheitrates! Damit soll der diplomatische Druck in Richtung auf eine politische Lösung des Konflikts im Sinne des Votums der Bevölkerungsmehrheit und eines friedlichen Machtwechsels erhöht werden. Die Staatengemeinschaft muß aber auch dringend ihre humanitäre Hilfe für Simbabwe (insbesondere über WFP und UNICEF, eventuell sogar durch Krisenintervention im Gesundheitswesen) aufstocken. Schließlich ist die Dokumentation der fortgesetzten, massiven Menschenrechtsverletzungen durch das Regime Mugabe nicht nur hinsichtlich des Zugangs zu Gesundheit, Nahrung, Wasser und Arbeit, sondern auch der fortgesetzten Repression mittels Einschüchterung und Gewalt, sowie durch Entführung, Folter und Mord dringlich geboten.

2) Wir appellieren an die österreichische Bundesregierung beispielgebend ihren Beitrag zu humanitärer Hilfe im Rahmen der Staatengemeinschaft zu erhöhen und das Engagement österreichischer NGOs (wie des Roten Kreuzes und von Ärzte ohne Grenzen) im Bereich der Seuchenbekämpfung zu verstärken.

3) Wir appellieren schließlich auch an die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (im BmeiA, ADA und NGOs) ihren strategischen Rückzug aus Simbabwe nochmals zu überdenken und insbesondere das mutige Engagement der simbabweschen Zivilgesellschaft weiterhin und verstärkt zu unterstützen. (Dies gilt gerade auch für das erprobte und trotz schwierigster Bedingungen erfolgreiche Programm zur Förderung lokaler Regierungsführung und Entwicklung, das die ADA erst vor drei Jahren gestartet hat und jetzt auslaufen lassen will.) Das offensichtliche Scheitern der SADC zu einer nachhaltigen Lösung des Konflikts beizutragen zeigt doch, daß die Staatengemeinschaft im Südlichen Afrika dazu dringend verstärkten Druck von Seiten der Zivilgesellschaften braucht.

Schließlich möchten wir darauf hinweisen, daß auch der Kulturaustausch zwischen Österreich und Simbabwe, wie mit dem Südlichen Afrika insgesamt eine lebendige Tradition und große Bedeutung für die Förderung von wechselseitiger Aufmerksamkeit, von Verständnis, Weltoffenheit und Solidarität hat. Gerade Linz als europäische Kulturhauptstadt 2009 spielt dabei als Gastgeber einer Reihe von KünsterInnen und Ensembles aus der Region eine besondere Rolle. Wir danken Ihrem Ressort für die dazu (u.a. durch den Erlaß von Visagebühren) gewährte Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Kuthan

Obmann ARGE Zimbabwe Freundschaft

Kontakt: ARGEZIM, Mag. Peter Kuthan, 4040 Linz, Tel. 0732-700327
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