Kulturstadt Linz: Notwendige Maßnahmen aus Sicht der Freien Szene [Kulturstadt_Linz.pdf] [Kulturstadt_Linz.odt](Open Office) [Kulturstadt_Linz.rtf] |
Kulturstadt
Linz:
Notwendige Maßnahmen aus Sicht der Freien Szene
Seit über einem halben Jahr ist Linz Europäische Kulturhauptstadt. Eine Reihe von mehr oder weniger spektakulären Kunst- und Kulturprojekten konnte bislang erlebt werden. Auch wenn einige Initiativen der Freien Szene die Möglichkeit hatten, ihre eingebrachten Ideen zu realisieren, kann dies nicht über den bereits im Vorfeld der Kulturhauptstadt geäußerten Unmut von weiten Teilen der Freien Szene über eine Nichtberücksichtigung bei diesem Großereignis hinwegtäuschen. Linz09 wäre eine Chance für viele dieser Initiativen gewesen, sich zu präsentieren, zu positionieren und zu wachsen, um die Stadt auch nach dem Kulturhauptstadtjahr auf einer qualitativ höherwertigen Ebene mitzugestalten.
Die Freie Szene mit ihrem offenen Ansatz zwischen partizipativer Kulturarbeit und experimenteller Kunst sah und sieht sich als ein Motor einer permanenten Stadtentwicklung. Durch die kontinuierliche kulturelle und künstlerische Arbeit in den letzten Jahrzehnten hat sie wichtige Impulse für die Entwicklung der Stadt Linz geleistet, die weit über bloß oberflächliche Repräsentanz und Imageeffekte hinausgehen. Die Freie Szene ist dabei kein fix abgegrenzter, ausdefinierter Block, sondern eine Menge an Initiativen, Gruppen und Personen, die sozial, künstlerisch, kulturell, politisch, stadtgestaltend, zukunftsorientiert, gesellschaftspolitisch antirassistisch, antidiskriminierend, egalitätsbezogen und aktiv Zukunft ändern wollend in der Stadt agiert.
Aus gegebenem Anlass haben zahlreiche VertreterInnen der Freien Szene in mehreren Treffen über die aktuelle Situation reflektiert. Basierend auf der kontinuierlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, u. a. aufgrund des Kulturentwicklungsplans der Stadt Linz, sieht sich die Freie Szene in der Verantwortung, ihren substanziellen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Stadt Linz hin zu einer Kulturstadt zu leisten. Die Freie Szene ist in diesem Zusammenhang überzeugt davon, dass eine Stadt nur dann langfristig entwicklungsfähig ist, wenn möglichst Viele an der Entwicklung teilhaben.
In 10 Kapiteln wird festgehalten, welche Maßnahmen in den nächsten Jahren notwendig sind, um die Entfaltung der Freien Szene und somit die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt zu fördern. Exemplarisch werden einleitend folgende besonders wichtige Maßnahmen hervorgehoben:
Kunst- und Kulturarbeit, die zu einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung beitragen soll, benötigt mehr mittel- und langfristige Perspektiven. Ein Turn-Around in der Kulturpolitik in Richtung Basisfinanzierung und Strukturförderung ist notwendig.
Um die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt voranzutreiben, ist eine Gesamterhöhung des Budgets für die Freie Szene entsprechend der Wichtigkeit dieser Säule im Kulturentwicklungsplan anzustreben. Als eine erste Maßnahme sollen bis 2015 mindestens 10 Prozent des gesamten Kulturbudgets an die Freie Szene fließen, was in etwa eine Verdoppelung des aktuellen Budgets bedeutet. Als langfristiges Ziel ist eine finanzielle Dotierung der Freien Szene anzustreben, die sich der finanziellen Dotierung aller öffentlichen Einrichtungen annähert.
Um eine konstruktive Dynamik zu erzeugen, müssen Förderprogramme gezielt ausbaut werden. Bis 2015 würde dies bedeuten: LINZimPULS auf 150.000 Euro, LinzEXPOrt auf 150.000 Euro, LinzIMpORT auf 75.000 Euro, Stadt der Kulturen auf mindestens 75.000 Euro, LinzKultur/4 auf 75.000 Euro erhöhen.
Einrichtung eines spezifischen Förderprogramms LinzNachSchub für junge, neu entstandene/neu entstehende Initiativen, dotiert mit mindestens 50.000 Euro.
Bei der Gestaltung von Räumen, die vorrangig einer kulturellen Nutzung dienen, ist die Freie Szene in die Gestaltungsplanung einzubinden (z. B. bei der Tabakfabrik).
Leerstände sind möglichst weitreichend und kostengünstig für temporäre künstlerisch-kulturelle Zwischennutzungen zur Verfügung zu stellen, insbesondere für die Freie Szene.
Bei allen Vorhaben, welche die Kulturentwicklung der Stadt betreffen, ist die Freie Szene mit einzubeziehen. Die Stadt hat in diesem Zusammenhang auch zu gewährleisten, dass die Freie Szene in den für Kulturarbeit relevanten Gremien vertreten ist. Die Arbeit in diesen Gremien und Beiräten muss finanziell abgegolten werden.
Verstärkte Förderung von Gruppen und Personen, die aufgrund von Geschlecht, Herkunft, physischer oder psychischer Beeinträchtigungen oder sexueller Präferenzen diskriminiert werden. Keine Förderung von traditionalistischen Ansätzen in diesem Zusammenhang.
Regeln für Struktur- und Projektförderungen müssen einfach, klar, transparent und nachvollziehbar abgefasst sein. Zusätzliche Barrieren und aufwändige Einreichkriterien sind abzubauen. Die einzelnen Förderkriterien sollen im Dialog mit einem Förderbeirat erarbeitet und einer laufenden, gemeinsamen Adaptierung unterzogen werden.
Ausschreibungen, Förderrichtlinien und Antragsformulare müssen in verschiedenen Sprachen verfügbar sein, insbesondere in jenen der zahlenmäßig größten migrantischen Communities in Linz. Unterschiedliche Fristen bei der Einreichung von Förderansuchen, etwa aufgrund der Abfassung in einer anderen Sprache, sind zu vermeiden.
Basis sichern!
Für die Freie Szene ist Strukturförderung wichtiger als Projektförderung, denn es geht in erster Linie darum, eine vitale, aktive Kulturlandschaft zu schaffen, zu erhalten und weiter zu entwickeln. Eine gesicherte Basis ermöglicht erst, sich mit Projektentwicklung, Perspektiven und Zukunftsfähigkeit auseinander zu setzen, weil erst auf Basis einer funktionierenden Struktur Prozesse entstehen und aufrecht erhalten werden können. Projektförderung als brauchbares Mittel kulturpolitischer Steuerung funktioniert nur dann, wenn Projekte in funktionierenden Strukturen umgesetzt werden können, ohne dabei die Mitfinanzierung der unzureichend geförderten Struktur als Nebenziel ins Auge fassen zu müssen.
Notwendige Maßnahmen:
Kunst- und Kulturarbeit, die zu einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung beitragen soll, benötigt mehr mittel- und langfristige Perspektiven. Ein Turn-Around in der Kulturpolitik in Richtung Basisfinanzierung und Strukturförderung ist notwendig.
Projektförderungen sollten verstärkt als Werkzeuge gesehen werden, um Impulse zu setzen. Es wäre aus Sicht der Freien Szene hier auch wichtig, Impulse in eigene, dauernde Förderprogramme zu überführen, bestehende Förderprogramme zu adaptieren und immer wieder neue zu schaffen, um die kulturelle Entwicklung vielfältig zu stimulieren.
Um die Qualität der Arbeit der Freien Szene nachhaltig zu gewährleisten, ist eine Technikoffensive notwendig, d. h. es ist in den Ausbau der technischen Infrastruktur bei den Initiativen zu investieren.
Im Sinne einer initiativen, offenen und zukunftsorientierten Kulturförderungspolitik braucht es ausreichend dotierte Startförderungen für neu gegründete Initiativen, damit neue Strukturen geschaffen werden können. Kulturelle Aktivitäten von neuen Initiativen, die zu einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung beitragen, werden erst dann ermöglicht, wenn ein Basislager für kulturelle Erstbegehungen aufgebaut werden kann.
Verstärkung von Kooperationsförderungen anstelle von konkurrenzorientierten Wettbewerben. Die Initiativen der Freien Szene sind ohnehin kooperationsorientiert, würden dies allerdings bei konsequenter Förderung häufiger tun. Somit würde auch allgemein Kooperation als demokratische Handlungspraxis gefördert. Die Basis würde sich durch verstärkte Kooperationen festigen und für ein vielfältiges Kunst- und Kulturangebot sorgen.
Fördern, fördern, fördern!
Die kulturelle Weiterentwicklung einer Stadt verlangt die ständige Bereitschaft zu einer geeigneten Förderung der Rahmenbedingungen. Diese soll sich aus konkreten Bedürfnissen und partizipativ entworfenen Zielen speisen und nicht verkürzten Begriffen (Effizienz, Innovation, Kreativität, …) zum Opfer fallen. Kulturarbeit stadtstrukturell zu denken, heißt demnach mehr als kurzfristige Effekthascherei. Die Freie Szene hat vielfach bewiesen, dass ihre Arbeit einen langfristigen Nutzen für die Stadt mit sich bringt. Die Linzer Kulturpolitik hat hier die Aufgabe, sich für ein ausgewogenes Verhältnis von Basis- und Projektförderung einzusetzen, über dauerhaft arbeitsstruktursichernde Maßnahmen die Handlungsfähigkeit der Initiativen zu gewährleisten und gleichzeitig mittels inventiver Förderprogramme mehr Dynamik in die Entwicklung einzubringen.
Notwendige Maßnahmen:
Um die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt voranzutreiben, ist eine Gesamterhöhung des Budgets für die Freie Szene entsprechend der Wichtigkeit dieser Säule im Kulturentwicklungsplan anzustreben. Als eine erste Maßnahme sollen bis 2015 mindestens 10 Prozent des gesamten Kulturbudgets an die Freie Szene fließen, was in etwa eine Verdoppelung des aktuellen Budgets bedeutet. Als langfristiges Ziel ist eine finanzielle Dotierung der Freien Szene anzustreben, die sich der finanziellen Dotierung aller öffentlichen Einrichtungen annähert.
Um eine konstruktive Dynamik zu erzeugen, müssen Förderprogramme gezielt ausbaut werden. Bis 2015 würde dies bedeuten: LINZimPULS auf 150.000 Euro, LinzEXPOrt auf 150.000 Euro, LinzIMpORT auf 75.000 Euro, Stadt der Kulturen auf mindestens 75.000 Euro, LinzKultur/4 auf 75.000 Euro erhöhen.
Einrichtung eines spezifischen Förderprogramms LinzNachSchub für junge, neu entstandene/neu entstehende Initiativen, dotiert mit mindestens 50.000 Euro. Ziel: Mehr Initiativen der Freien Szene! Bis 2030 soll Linz über 100 Initiativen der Freien Szene aus den verschiedensten Bereichen zählen.
Evaluierung des LINZimPULS-Programms und Überführung in Regelprogramme, wo dies sinnvoll erscheint. LINZimPULS wurde eingerichtet, um Mängel aufzuzeigen und auszugleichen. Die Lerneffekte sollen in die alltägliche Praxis integriert und verankert werden.
Mehr Überblick und Klarheit bei Preisen und Förderungen verschaffen. Es ist wichtig nach dem ersten gelungenen Schritt - die Broschüre der Förderprogramme - auch weiter zu gehen und zum Beispiel Verbesserungen bei den Einreichfristen durchzuführen. Einzelne Kriterien sind zu überdenken, etwa dass bereits begonnene Projekte nicht eingereicht werden dürfen. Die Ergebnisse der Programme sollen außerdem dokumentiert und öffentlich sichtbar gemacht werden.
Auf die finanzielle Situation der Vereine und Initiativen aus der Freien Szene ist besonders Bedacht zu nehmen. Förderungen sollen daher möglichst frühzeitig ausgezahlt werden, um zinsaufwändigen und existenzbedrohenden Vorfinanzierungen entgegenzusteuern.
Modell der Stadtteilkultur weiter entwickeln. Dafür sollen Anreizsystem geschaffen werden, um Potenziale zu locken und die Initiativen der Freien Szene in den Stadtteilen mit der Bevölkerung aktiv werden zu lassen.
Modellversuch einer bezahlten Vorarbeit bei bewilligten Projekten entwickeln und etablieren, ebenso für Konzeptpreise bei nicht bewilligten Projekten (Honorieren & Präsentieren von nicht realisierbaren Projektideen / best idea).
Rahmenbedingungen für kontinuierliches Arbeiten verbessern, d. h. verstärkte Basisförderung mit mehrjährigen Fördervereinbarungen. Das Modell der mehrjährigen Förderverträge ist weiter zu entwickeln.
Harmonisierung der Themen der einzelnen Programmförderungen durch Setzung von jährlichen thematischen Schwerpunkten, wobei Partizipation bei der Themenfindung gesichert werden muss.
Raum schaffen!
Kultur braucht Raum. Raum zum Experimentieren, Raum, um diesen zu gestalten, Raum, um zu arbeiten. Kulturarbeit braucht vor allem Raum, der abseits ökonomischer Verwertungskriterien genutzt werden kann. Der öffentliche Raum ist jener Ort, der Gestaltungsspielräume ermöglicht. Diese Spielräume müssen in partizipativen Prozessen gestaltet werden, egal ob nun neue Räume besetzt werden, ungenützte Häuser zur Verfügung stehen oder der Mut zur Brachfläche auf der Agenda steht. Aber auch die vorhandenen städtischen Räume für Kunst und Kultur müssen qualitativ erweitert werden. Es gilt dabei verstärkt in die kleineren Nischenräume der Freien Szene zu investieren.
Notwendige Maßnahmen:
Eine transparente und aktive Informationspolitik der Stadt soll gewährleisten, dass das Vorhandensein von Leerständen bekannt wird und die Verfügbarkeit ermöglicht bzw. forciert wird.
Leerstände sind möglichst weitreichend und kostengünstig für temporäre künstlerisch-kulturelle Zwischennutzungen zur Verfügung zu stellen, insbesondere für die Freie Szene.
Um verstärkte Impulse im öffentlichen Raum zu setzen, sollen bestehende Förderprogramme schwerpunktmäßig auf den öffentlichen Raum ausgerichtet bzw. neue Förderprogramme geschaffen werden. Projekte der Freien Szene, die im öffentlichen oder im halb-öffentlichen Raum statt finden, sollen aktiv von der Stadt gefördert werden.
Bei der Gestaltung von Räumen, die vorrangig einer kulturellen Nutzung dienen, ist die Freie Szene in die Gestaltungsplanung einzubinden. Dies betrifft etwa die inhaltliche Ausgestaltung der Tabakfabrik, bei der die Freie Szene auf Basis des Modells von KUQUA eingebunden werden soll.
Bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand sind unentgeltlich Plakatflächen für die Freie Szene zur Verfügung zu stellen. Bei privaten BauträgerInnen soll die Stadt Linz dies einfordern.
Unterführungen und ähnliche Flächen, die für Graffiti geeignet sind, sind für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Die Stadt muss bunter werden.
Bei der Erschließung neuer Räume sind die Stadtränder verstärkt zu berücksichtigen und dort Freiräume zu schaffen.
Bei der Auslegung und Exekutierung des Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetzes ist ein Entgegenkommen der städtischen Behörden notwendig, insbesondere bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum.
Leuchttürme öffnen!
Linz zeichnet sich durch ein relativ gut funktionierendes Netzwerk an kulturellen AkteurInnen aus. Kooperationen über enge Grenzen hinweg sind nicht ungewöhnlich, manchmal auch zwischen öffentlichen Kunst- und Kultureinrichtungen und der Freien Szene. Trotzdem passieren diese Kooperationen oftmals nur über private Bekanntschaften oder auf zufälligem Weg. Dabei können gerade derartige Kooperationen einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Weiterentwicklung der Stadt leisten. Es braucht hier allerdings Freiräume und Zugänge, um ein öffnendes und aktives Eingreifen der Freien Szene möglich und wirksam zu machen. Dieses Hinterfragen bestehender Strukturen ist ein wichtiger Beitrag zur emanzipatorischen Entwicklung in Linz und ein Stück gelebter Demokratie, von denen auch die öffentlichen Kultureinrichtungen der Stadt profitieren könnten.
Notwendige Maßnahmen:
Öffnung der öffentlichen Einrichtungen für die freie Kunst- und Kulturarbeit. Die großen Häuser sollen aufgebrochen, Grenzen überschritten und Kooperationen und Synergien gezielt gefördert werden. Dabei sind die Möglichkeiten der beteiligten AkteurInnen kritisch zu reflektieren und gleiche Ebenen der Zusammenarbeit zu schaffen.
Ein jährlicher runder Tisch zwischen öffentlichen Kunst- und Kultureinrichtungen und der Freien Szene soll der Annäherung und dem Informationsaustausch dienen. Ein Einblick in die Jahresplanungen beider Seiten kann Synergien schaffen und Kooperationen ermöglichen.
Bei allen größeren öffentlichen Veranstaltungen (Ars Electronica, LinzFest, Klangwolke, ...) soll die Freie Szene stärker als bislang eingebunden werden.
Jährliche Schwerpunktsetzungen, die für die Freie Szene bei den Förderprogrammen entwickelt werden, könnten auch als Vorgabe für die "großen Häuser" gelten.
Langfristig denken!
Die kulturelle Entwicklung einer Stadt ist ein langfristiger Prozess. Spätestens mit dem einstimmigen Beschluss des Kulturentwicklungsplans im März 2000 im Linzer Gemeinderat wird auf eine langfristige und geplante Entwicklung von Kunst und Kultur in Linz besonderer Wert gelegt. Der Kulturentwicklungsplan versteht sich als "work in progress", im Frühjahr 2004 wurde eine überarbeitete Fassung mit bislang erfolgten Umsetzungsmaßnahmen präsentiert. Viele der Maßnahmen, welche die Freie Szene betreffen, harren nach wie vor ihrer Umsetzung, obwohl ihr Stellenwert zentral im Kulturentwicklungsplan verankert ist.
Notwendige Maßnahmen:
Einrichtung einer "Task Force", die für die Umsetzung von langfristigen Kulturkonzepten wie dem Kulturentwicklungsplan verantwortlich ist, eventuell angekoppelt an den Stadtkulturbeirat, allerdings mit weit reichenderen Vollmachten ausgestattet.
Neue Entwicklungskonzepte sollen nur dann erstellt werden, wenn die bereits bestehenden umfassend partizipativ evaluiert wurden.
In zukünftigen Stadt- und Kulturentwicklungskonzepten sollen durchaus auch Unterschiede und Widersprüche festgehalten werden. Konzepte mit Ecken und Kanten erzeugen oft eine größere Dynamik als glatt gebügelte.
Die Stadt sollte in zukünftigen Stadt- und Kulturentwicklungskonzepten der Freien Szene zusätzliche Freiräume im weitesten Sinn gewähren. Mehr Mut zum Experiment steht an, wobei über daraus resultierende Effekte gemeinsam diskutiert und allfällige Anpassungen vorgenommen werden sollten.
Die Vernetzung zwischen Kunst/Kultur und Stadtentwicklung/Stadtplanung soll verstärkt werden. Gezielte Förderung von Kooperationen, Vermischung der AkteurInnen durch gezielte Querbesetzungen, Berücksichtigung des Querschnitts bei Planungen u. ä. werden als zielführend erachtet.
Der Freien Szene sollen vermehrte Beteiligungsmöglichkeiten an Stadtplanungs- und Stadtentwicklungsfragen zugestanden werden, insbesondere die Berücksichtigung in wichtigen Gremien und bei relevanten Verfahren.
Partizipation garantieren!
Die Freie Szene arbeitet seit Jahren in der Stadt und kennt diese genau. Sie hat ein Recht darauf, als Partnerin bei Entscheidungen mitzuwirken. Dafür müssen Modelle der Beteiligung gefunden werden, die über die bestehenden Modelle von Beiräten hinausgehen. Die Rede ist hier von echter Partizipation, die auf dem Recht von gleicher Teilhabe beruht, und gewährleistet, dass Prozesse und Projekte diskursiv verhandelt werden. Die Freie Szene muss Teil der Struktur werden, um diese neu zu definieren.
Notwendige Maßnahmen:
Bei allen Vorhaben, welche die Kulturentwicklung der Stadt betreffen, ist die Freie Szene mit einzubeziehen. Die Stadt hat in diesem Zusammenhang auch zu gewährleisten, dass die Freie Szene in den für Kulturarbeit relevanten Gremien vertreten ist. Die Arbeit in diesen Gremien und Beiräten muss finanziell abgegolten werden.
Der 2008 begonnene Umstrukturierungsprozess des Stadtkulturbeirates wird von der Freien Szene voll inhaltlich unterstützt. Dieser Prozess darf nicht gestoppt werden, sondern muss hinsichtlich einer Kompetenzerweiterung ergänzt werden. Bei der Bestellung des Stadtkulturbeirates ist der Freien Szene überdies ein Vorschlagsrecht einzuräumen.
Bei Großereignissen, die den öffentlichen Raum für sich beanspruchen, sind die Beteiligungsmöglichkeiten für die Freie Szene auszubauen.
Das Modell der Partizipation, welches sich beim Förderprogramm LINZimPULS bestens bewährt hat, soll auf andere Förderprogramme ausgedehnt werden.
Die Teilhabemöglichkeiten an Kunst und Kultur sind laufend für weitere, derzeit noch ausgeschlossene Gruppen wie beispielsweise migrantische Vereine und Initiativen zu erweitern.
Gerecht verteilen!
Eine demokratische Kulturpolitik muss Rahmenbedingungen schaffen, die es Menschen aus gesellschaftlich unterrepräsentierten und marginalisierten Gruppen möglich machen, ihre Rechte auf kulturelle Teilnahme einzutreten. Dies setzt einen kontinuierlichen Prozess voraus, der die Weiterentwicklung positiver Maßnahmen für die Beseitigung von Diskriminierungen zum Ziel hat. Die Kulturpolitik hat hierbei Sorge zu tragen, dass Rahmenbedingungen geschaffen und Schwerpunkte gesetzt werden, um eine geschlechtergerechte bzw. migrantInnengerechte Verteilung von Ressourcen zu garantieren. Die Verteilung der Mittel muss nachvollziehbar gemacht werden und die Debatte darüber öffentlich und partizipativ geführt werden. Eine Umverteilung innerhalb der Budgets ist notwendig.
Notwendige Maßnahmen:
Veröffentlichung der Förderberichte inkl. differenzierter Budgetanalysen mit besonderer Ausweisung von unterrepräsentierten und marginalisierten Gruppen sowie Hervorhebung nach jeweils gesetzten Förderschwerpunkten und Maßnahmen (Migration, Frauen, Freie Szene, ...).
Verstärkte Förderung von Gruppen und Personen, die aufgrund von Geschlecht, Herkunft, physischer oder psychischer Beeinträchtigungen oder sexueller Präferenzen diskriminiert werden. Keine Förderung von traditionalistischen Ansätzen in diesem Zusammenhang.
Öffnung der öffentlichen Verwaltung für MigrantInnen, Besetzung von Beiräten und Jurys durch Affirmative Action.
Verstärkte Förderung von Frauen in Kunst und Kultur.
Verstärkte Förderung von neuen Initiativen aus dem Bereich antirassistischer und antisexistischer Kulturarbeit.
Prekarität bekämpfen!
Die Situation in der Freien Szene ist eine ständig prekäre. Unsichere Arbeitsverhältnisse, niedrige Entlohnung, ungeregelte Arbeitszeiten, fehlende soziale Absicherung, ständiges Job-Hopping, Vermischung von Arbeitszeit und Freizeit oder Überschreiten von physischen und psychischen Belastbarkeitsgrenzen stehen auf der Tagesordnung. Ein Großteil der Arbeit, die passiert, findet zudem auf ehrenamtlicher Basis statt. Die Folgen sind bekannt: abwanderndes Potenzial an Kunst- und Kulturschaffenden, permanentes Armutsrisiko und damit verbundene soziale Konsequenzen, Burn-Out-Syndrome und vieles mehr. Freie Kunst- und Kulturarbeit benötigt daher eine strukturelle Unterstützung, die sich unter anderem in der Förderung von Personal niederschlagen muss, um qualifizierte Voraussetzungen für die Betätigung zu schaffen. Aufgabe der Kulturpolitik ist es hier, eine tatsächliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und -verhältnisse in diesem Bereich zu schaffen.
Notwendige Maßnahmen:
Unterstützung bei der Durchsetzung von Gehaltsschemata und/oder Kollektivverträgen für den Bereich der freien Kunst- und Kulturarbeit. Sobald derartige Regelungen existieren, sollen sie bei zukünftigen Förderansuchen und Großereignissen Geltung haben bzw. angewandt werden - was auch bedeutet, dass dies in die Bemessung der Fördermittel für die Freies Szene mit einbezogen werden muss.
Auch in den öffentlichen Kunst- und Kultureinrichtungen müssen klare und gerechte Arbeitsverhältnisse gelten und durch zuständige Kontrollorgane (AK, ÖGB, GKK, Rechnungshof, …) laufend kontrolliert werden.
Die Linzer Kulturpolitik soll sich zu einer zu erarbeitenden Anti-Prekaritäts-Charta im Kunst- und Kulturbereich bekennen und im Rahmen ihres Wirkungsbereiches umsetzen.
Entlastungsmöglichkeiten für Freie Kunst- und KulturarbeiterInnen müssen entwickelt werden. Die permanente Belastung benötigt entsprechenden Ausgleich, etwa durch Gesundheits- und Burn-Out-Präventionsprogramme.
Die Ausbeutung von billigem Know-How bei kulturellen Großereignissen (z. B. der Einsatz im Ausstellungsaufbau und -abbau zu Niedriglöhnen) muss gestoppt werden.
Regeln aushandeln!
Kulturpolitik braucht klare, deutliche, nachvollziehbare und für beide Seiten verbindliche Regeln für Förderungen, für deren Gebrauch, für die Abläufe und für angewandte Kriterien. Diese Regeln sind immer wieder neu auszuhandeln. Förderprogramme sind Mittel der kulturpolitischen Gestaltung und der Steuerung der Entwicklungen im kulturellen, alltäglichen Zusammenleben und keine Almosen. Kulturarbeit ist Arbeit, die Freie Szene ist aktive Mitgestalterin der städtischen Gesellschaft, des Jetzt und der Zukunft.
Notwendige Maßnahmen:
Regeln für Struktur- und Projektförderungen müssen einfach, klar, transparent und nachvollziehbar abgefasst sein. Zusätzliche Barrieren und aufwändige Einreichkriterien sind abzubauen. Die einzelnen Förderkriterien sollen im Dialog mit einem Förderbeirat erarbeitet und einer laufenden, gemeinsamen Adaptierung unterzogen werden.
Ausschreibungen, Förderrichtlinien und Antragsformulare müssen in verschiedenen Sprachen verfügbar sein, insbesondere in jenen der zahlenmäßig größten migrantischen Communities in Linz. Unterschiedliche Fristen bei der Einreichung von Förderansuchen, etwa aufgrund der Abfassung in einer anderen Sprache, sind zu vermeiden.
Bei einzelnen Förderprogrammen sind mehrere Einreichfristen innerhalb eines Jahres anzudenken. Der Realisierungszeitraum für geförderte Projekte (z. B. bei LINZimPULS) sollte mindestens 12 Monate betragen.
Öffentliche Jurysitzungen und Hearings sind im Sinne von Transparenz einzuführen.
Für den Förderbereich sollen Selbstbindungsfristen von der Antragstellung bis zur Entscheidung festgesetzt werden, an die sich die Fördergeber halten.
Für kleinere Förderbeträge sollte im Sinne einer Verwaltungsökonomie eine Bagatellegrenze für die Abrechnung eingeführt werden.
Bei Förderungen sollte eine "Beweislastumkehr" gelten, d. h. schriftlich begründete Absagen samt inhaltlichem Nachweis der Nichtförderbarkeit einer Initiative oder eines Projektes sind auszufertigen.
Eine Überprüfung der Fördervergabe hat nach qualitativen und partizipativen Mechanismen zu erfolgen. Verkürzungen auf rein betriebswirtschaftliche, quantitative Evaluierungen werden von der Freien Szene als kontraproduktiv angesehen.
Linz09 verdauen!
Linz soll 2015 die interessanteste Stadt Österreichs werden, lautet ein oft zitierter Spruch der Intendanz von Linz09. Eine interessante Stadt lebt allerdings nicht nur von spektakulären Großprojekten, sondern vor allem durch eine Vielzahl an Menschen, die bereit sind, sich mit unkonventionellen und außergewöhnlichen Ideen in ihre Stadt einzumischen. Im Zuge von Linz09 wurde dieser Anspruch nur unzureichend verwirklicht. Viele spannende Initiativen und Projekte, insbesondere aus der Freien Szene, wurden von der Teilhabe ausgeschlossen. Intransparente Beurteilungskriterien (Standardformulierungen bei Absagen), nebulöse Qualitätsargumente (Fetisch der künstlerischen Qualität), der Vorwurf unprofessioneller Arbeitsweisen (bei gleichzeitigen eigenen organisatorischen Mängeln) und das Ignorieren vorangegangener Entwicklungen der Stadt (Kulturentwicklungsplan als lästige Altlast) haben vieles an Aufbauarbeit der letzten Jahre zunichte gemacht. Eine umfassende Stadtentwicklung lebt von einer anderen Qualität von Teilhabe und Identifikation. Dafür ist es notwendig, Lehren aus einem Großereignis wie Linz09 zu ziehen und sowohl die Vorgänge im Zuge der Kulturhauptstadtwerdung als auch das Großereignis und dessen kulturpolitische Wirkung kritisch zu reflektieren.
Notwendige Maßnahmen:
Bei zukünftigen (kulturellen) Großereignissen, die eine größere Anzahl von AkteurInnen der Stadt einbinden, sollte verstärkt auf das vorhandene Potenzial in der Stadt zurückgegriffen werden. Dies betrifft sowohl die projektive Umsetzung als auch die organisatorische Besetzung.
Die bereits erfolgte kulturelle Planung der Vorjahre muss als verbindliche Leitlinie für kulturelle Großereignisse bzw. -formate gelten. Langfristige Entwicklungslinien, die in kollektiven Aushandlungsprozessen festgeschrieben wurden (wie etwa im Kulturentwicklungsplan) haben Vorrang vor kurzfristigen Ansprüchen einzelner AkteurInnen.
Das Großereignis Linz09 ist einer umfassenden Evaluierung zu unterziehen, wobei dies neben quantitativen Dimensionen vor allem qualitative Dimensionen miteinbeziehen soll und unter Beteiligung möglichst vieler kultureller AkteurInnen der Stadt stattzufinden hat.
Für zukünftige (kulturelle) Großereignisse sind klarere, transparentere und wirksamere Kontrollmechanismen einzuführen. Bestehende Gremien in der Stadt wie etwa der Stadtkulturbeirat sind mit mehr Gewicht in Entscheidungszusammenhänge mit einzubeziehen.