Editorial

In einem Gespräch mit Ernst Bloch formulierte Theodor W. Adorno den Gedanken, dass die Vorstellung von der Abschaffung des Todes als Maßstab für die Fähigkeit gelten kann, überhaupt Utopien entwickeln zu können. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Paulette Gensler anhand der Elben mit (Un)Sterblichkeit im Werk J.R.R. Tolkiens, während Svenna Triebler technologische Versuche zur Erlangung ewigen Lebens beleuchtet. Das freiwillige Lebensende in Form des Suizid ist Thema des Beitrags von Melanie Letschnig, die Émile Durkheims »Der Selbstmord« mit »Hand an sich legen« von Jean Améry kontrastiert. Felix Riedel problematisiert die kollektive Verdrängung der Möglichkeit des globalen Atomtodes. Als Nachtrag zum Schwerpunkt der letzten Ausgabe kann der Text von Magnus Klaue gelten, der eine gewisse Form von älterem Pessimismus rehabilitiert und gegen dessen moderne Schwundformen verteidigt. Erwin Riess lässt Herrn Groll über diverse Kurzsichtigkeiten im Vorfeld der kommenden Nationalratswahl räsonnieren. Alex Feuerherdt schreibt über Antisemitismus bei Pax Christi und Anfeindungen gegenüber Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde bei einer »Diskussions«veranstaltung in Linz und Stephan Grigat über die Expansion des iranischen Regime im Zuge des Kampfes gegen den IS. Mladen Savić zeichnet die institutionelle Funktion der Polizei geschichtlich nach, während David Hellbrück in seinem zweiten Teil zu den »Staatsverweigerern« gleichsam die an sich selbst irre gewordene Reaktion auf das staatliche Gewaltmonopol untersucht. Er hat außerdem noch Zeit gefunden, für uns das neue Buch von Gerhard Scheit (»Im Ameisenstaat«) zu rezensieren. Bereits letztes Jahr ist der Roman »In die Transitzone« von Elena Messner erschienen – François Grosso hat die Autorin zu dessen Themen und Zustandekommen genauer befragt und Hannes Gießler analysiert die kommunistische Utopie Ernesto Che Guevaras, dessen Todestag sich am 9. Oktober zum 50sten Mal jährt. Etwa ein halbes Jahr ist es her, dass Armin Medosch von uns gegangen ist – da er uns leider keine kluge Kritik mehr zur »Ars Electronica« formulieren kann, haben wir ihm zumindest das Titelbild gewidmet. Auch wird ihm im Rahmen von STWST48x3 Tribut gezollt, das unter dem Motto »MIND LESS« steht. Dieses kann einerseits als Sinnfreiheit im emphatischen Sinn verstanden werden, zum anderen verweist es aber – wie auch einige Beiträge dieser Ausgabe – auf die Frage nach der qualitativen Beschaffenheit von Bewusstsein. Im Zusammenhang mit dem AI-Hype beschäftigt sich damit nicht zuletzt servus.at mit dem Jahresschwerpunkt »Meet the Bot. Feed the Bot!«

Ars brevis!
Die Redaktion

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