Dividuelle Dividende

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Time: 

Wednesday, April 20, 2016 -
19:00 to 21:00

Role: 

convenor

Author: 

Technopolitics

Institution: 

Kunsthalle Wien
Technopolitics

Place: 

Museumsquartier

In diesem Technopolitics Salon präsentierte Gerald Raunig in einem speziell für Technopolitics entwickeltem Vortrag Aspekte seines neuen Buchs Dividuum. Als Respondentin fungierteTechnik-Philosophin Mona Singer. Zahlreiche Besucherinnen beteiligten sich an einer angeregten Diskussion.

Dividuelle Dividenden

Wir leben in einem Zeitalter der maschinischen Dividualisierung. Die Realität heutiger dividueller Datensätze, riesiger Akkumulationen von Daten, die auf unendliche Arten geteilt, wieder zusammen- und inwertgesetzt werden können, ist eine der weltweiten Ströme, der Deterritorialisierung und der maschinischen Erweiterung. Wenn nicht mehr ManagerInnen, BankerInnen, BrokerInnen, sondern Programme Kalkulationen und Berechnungen durchführen und auf solche Kalkulationen und Berechnungen reagieren, dann scheint es, dass nicht mehr die Menschen mit den Programmen operieren, sondern umgekehrt die Programme mit den Menschen. Nicht nur, dass diese sich den Maschinen unterordneten, dass sie Teile der Maschine würden wie die Arbeiter in Marx’ Maschinenfragment, sie sollen gänzlich weggefegt werden von der selbsterweiternden Fantasie ihrer Bildschirme.

In der Fantasie der Logistik sprechen die Dinge direkt mit den Dingen. Reduktion aller maschinischen Verhältnisse auf Ding-Beziehungen, Invertierung des Anthropozentrismus: Anstelle des Menschen wird das Ding essenzialisiert. Doch nicht nur, dass diese Fantasie zu simpel ist, dass sie die Sozialität der Maschinen reduziert – genau auf dem Terrain des Maschinisch-Dividuellen wird auch eine neue Qualität von Widerstand möglich, als kritische Mannigfaltigkeit, molekulare Revolution und Con-division.

Gerald Raunig arbeitet als Philosoph an der Zürcher Hochschule der Künste und am eipcp (European Institute for Progressive Cultural Policies). Er ist Redaktionsmitglied der multilingualen Publikationsplattform transversal texts und der Zeitschrift Kamion. Seine Bücher sind ins Englische, Serbische, Spanische, Slowenische, Russische, Italienische und Türkische übersetzt. Neuere Buchveröffentlichungen in deutscher Sprache: Tausend Maschinen. Eine kleine Philosophie der Maschine als sozialer Bewegung, Wien: Turia+Kant 2008; Fabriken des Wissens. Streifen und Glätten 1, Zürich: diaphanes 2012; Industrien der Kreativität. Streifen und Glätten 2, Zürich: diaphanes 2012; DIVIDUUM. Maschinischer Kapitalismus und molekulare Revolution, Band 1, Wien: transversal texts 2015; Instituierende Praxen. Bruchlinien der Institutionskritik, Neuauflage Wien: transversal texts 2016 (gemeinsam mit Stefan Nowotny);.

Mona Singer, ao. Professorin am Institut für Philosophie der Universität Wien; Forschungsschwerpunkte: Technikphilosophie und Kulturphilosophie; zuletzt erschienen: Technik & Politik. Technikphilosophie von Benjamin und Deleuze bis Latour und Haraway (Hg., Löcker 2015); „Und was sagt Eva? Warum die Feministin keine Transhumanistin sein will, Posthumanistin dagegen schon“, Wespennest 169, 2015. Technopolitics ist eine transdisziplinäre Plattform bestehend aus Künstler_innen, Journalist_innen, Forscher_innen, Designer_innen und Entwickler_innen. Im Jahr 2009 gemeinsam von Armin Medosch und Brian Holmes als Online-Diskussionsgruppe ins Leben gerufen, hat sich seit 2011 daraus ein Kreis in Wien gebildet, der sich regelmäßig zu Vortrags- und Diskussionsabenden trifft, sowie Konferenzen und Kunstprojekte produziert. Eine wichtige gemeinsame Zielsetzung ist, die Bedeutung technologischer Entwicklungen, Perspektiven und Paradigmenwechsel aus einer kritischen, künstlerischen und offenen Perspektive sichtbar zu machen. Weitere Informationen zu Technopolitics: Kurze Geschichte (auf deutsch): http://www.thenextlayer.org/technopolitics Diskussionsgruppe (englisch): http://www.thenextlayer.org/technopolitics_group Newsletter (subscribe/unsubscribe): http://www.technopolitics.info/list/ Facebook: https://www.facebook.com/technopolitics/ Informationen zur Ausstellung „The Promise of Total Automation“: http://www.kunsthallewien.at/#/ausstellungen/promise-total-automation